In dieser Woche tut sich wieder einiges im Kino, wobei allerdings echte Highlights trotzdem rar sind. Frauen mit vegetarischer oder veganer Lebensweise, die schon lange nach einer Möglichkeit suchen, dem Freund den Appetit auf Steak und Grillwurst zu verleiden, finden eine solche jetzt mit „Hope for All“. In diesem Dokumentarfilm werden einem unter anderem so lange Bilder geschundener Hühner, Schweine und Kühe präsentiert, bis man innerlich Ja zur ebenfalls präsentierten Gegenwelt sagt: Wiesen mit Menschen, die glückliche Vierbeiner nicht schlachten, sondern streicheln, Klaviermusik. Außerdem erwähnenswert:
Angry Birds – Der Film
Regie: Fergal Reilly, Clay Kaytis, Verleih: Sony Pictures
Der rote Vogel Red macht seinem Namen alle Ehre, denn Rot ist die Farbe der Wut, und diese wiederum seine stärkste Eigenschaft. Unter den anderen Vögeln seiner Insel ist er sehr unbeliebt und wird zu einer Wuttherapie verdonnert. Aber die schlägt nicht so richtig an und so ist Red gar nicht fröhlich gestimmt, als auf der Insel ein Schiff anlegt und ein munteres grünes Schweinchen mit seinen Assistenten an Land geht. Alle anderen Vögel finden die Schweinchen so toll, es gibt Spaß und Partys und niemand will auf Red hören, der Böses ahnt.
Die beliebten Angry Birds schaffen den Sprung von den Videospielen auf die Kinoleinwand mit diesem quietschbunten, ausgeflippten Animationsabenteuer. Der Plot an sich ist recht konventionell, mit einem verkannten Außenseiter, der seine Rolle in der Gemeinschaft sucht. Nur dass es hier eben von Vorteil ist, nicht nett, sondern wütend zu sein. Die Kinderfilmoptik wird entsprechend mit Witzen kontrastiert, die sich drastisch und provokant gegen Heuchelei und Harmonie richten.
Junges Licht
Regie: Adolf Winkelmann, Verleih: Weltkino
Im Ruhrpott der 1960er Jahre: Der Vater (Charly Hübner) arbeitet im Bergwerk, die Mutter (Lina Beckmann) stellt das Essen auf den Tisch. Oder auch nicht, weil sie es bald nicht mehr schafft, ihren Ehe-Frust allein am 12-jährigen Sohn Julian (Oscar Brose) abzureagieren. Sie fährt an die See mit der kleinen Schwester, und der Junge bleibt daheim über diesen Sommer, der alles verändern wird.
Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Ralf Rothmann erzählt eine Coming-of-Age-Geschichte, die eine fast vergessene Ära mit sinnlicher Kraft wiederaufleben lässt. Mit der Unschuld des fragenden Kindes versucht sich Julian einen Reim auf die Konflikte zu machen, die sich da zusammenzubrauen, für die den Menschen aber die Worte fehlen. Dabei sieht er mehr mit dem Herzen, als mit den Augen, wie eng diese auf die Arbeit zentrierte Welt ist und wie wenig Spielraum sie dem einzelnen lässt. Ein wirklich schöner und bewegender, auch visuell beeindruckender Film von großer Authentizität, ein Kinoerlebnis, das im Gedächtnis bleibt.
Die Poesie des Unendlichen
Regie: Matthew Brown, Verleih: Wild Bunch
Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs kommt ein junger Inder (Dev Patel) auf Einladung des renommierten Mathematikers G.H. Hardy (Jeremy Irons) nach Cambridge. Srinivasa Ramanujan ist ein Buchhalter ohne akademische Ausbildung, aber er wird die Wissenschaftler mit seinen Formeln und Lösungen für mathematische Probleme in Erstaunen versetzen.
Das historische Drama basiert auf der Lebensgeschichte des südindischen Mathematikgenies, das nur 32 Jahre alt wurde. Ramanujan verschaffte sich schon zu Lebzeiten im elitären und damals auch rassistischen Universitätsbetrieb von Cambridge großes Ansehen. Der Film vertieft sich in dieses Milieu, das dem Inder lange die kalte Schulter zeigt, aber auch in die Faszination, die Mathematiker für ihr Fach empfinden. Hardy legt Wert auf streng rationale, wissenschaftliche Beweisführung, mit der Ramanujan nicht vertraut ist. Er kommt zu seinen Erkenntnissen auf anderem Weg, durch Intuition. Ein streckenweise berührender und interessanter Film mit Zeitkolorit, der sich aber keine Höhenflüge auf dem Gebiet von Spannung und Emotion leistet.
Victor Frankenstein – Genie und Wahnsinn
Regie: Paul McGuigan, Verleih: Twentieth Century Fox
Im Jahr 1860 lernen sich in London zwei unterschiedliche Männer kennen, die eine Leidenschaft für die Medizinforschung verbindet: der bucklige Zirkusclown (Daniel Radcliffe) ohne Namen und der Wissenschaftler Victor Frankenstein (James McAvoy), der ihn aufnimmt, ihn Igor nennt und zu seinem Assistenten macht. Die beiden versuchen, zusammengeflickte Tierkadaver mit Stromschlägen zum Leben zu erwecken. Ein Scotland-Yard-Inspektor wittert, dass sich in Frankensteins Labor teuflische Geheimnisse verbergen. Aber obwohl ihn auch der entsetzte Igor warnt, will sich der besessene Frankenstein nicht davon abhalten lassen, einen Menschen aus toten Gliedern zu erschaffen.
Mit der Figur des Underdogs Igor, der seinem Gönner und Freund Frankenstein helfen will, bekommt die schaurige Mär nach dem Klassiker von Mary Shelley eine neue Färbung. Das Drama kreist um die zwei Außenseiter im viktorianischen London, den Erniedrigten und den halb Wahnsinnigen, den ein Kindheitstrauma verfolgt. Das düstere Geschehen entwickelt eine beklemmende Atmosphäre, aber bei der Substanz hapert es. Statt auf vertiefende Charakterzeichnung setzt der Film dann eher auf Action und oberflächliches Spektakel und kommt sich so selbst in die Quere.
Happy Hour
Regie: Franz Müller, Verleih: Real Fiction
Drei Männer fahren für ein paar Tage nach Irland, um sich dort in dem Cottage, das einem von ihnen gehört, zu erholen. Vor allem soll der Trip den armen HC, der von seiner Frau verlassen wurde, auf andere Gedanken bringen. Aber anstatt Spaß und Fun zu haben, gehen sich die drei Jugendfreunde im Midlife-Crisis-Alter schnell mächtig auf den Geist.
Die Komödie von Franz Müller bereichert das beliebte, aber klischeehafte Genre des fidelen Männertrips mit Eigenwilligkeit und trockenem Humor. Vor allem sorgt sie für Ernüchterung: Wenn Männer in Outdoorbekleidung hinausziehen und die richtige Einstellung zum Leben erörtern, dann sieht das zumindest hier ganz schön verkrampft aus. Diese Realitätsnähe, die hinter die Fassade des Klischees schaut, zeichnet die von Grautönen durchzogene, aber unterhaltsame Geschichte aus.
Bianka Piringer
Bildnachweis: Sony Pictures, Weltkino, Wild Bunch, Real Fiction, Twentieth Century Fox