…wenn der Winter sich endgültig verabschiedet und der Frühling die Macht übernimmt, erscheinen jede Menge tolle Bücher. Zwei Neuerscheinungen empfehle ich sehr gerne!
Haruki Murakami
Die Ermordung des Commendatore Teil 1
(Dumont)
Auch wenn es mit dem Literatur-Nobelpreis für Haruki Murakami wohl nie klappen wird, ist und bleibt er doch einer der besten Autoren der Gegenwart. Seine letzten Bücher konnten mich nur teilweise überzeugen, ihnen fehlte das magische Etwas. „Die Ermordung des Commendatore“ ist nun (endlich) wieder ein echter Murakami geworden, in dem der Leser nicht so recht weiß, wo eigentlich die Grenze zwischen Realität und der anderen Welt verläuft!
Der Ich-Erzähler ist ein Maler, der keine großen künstlerischen Ambitionen hat, sondern sich auf die Portraitmalerei spezialisiert hat. Er lebt das für Muralami-Helden typische Leben, ohne Höhen und Tiefen. Schlagartig ändert sich das, als seine Frau ihm erklärt, dass sie die Trennung will. Mit einigen wenigen Habseligkeiten verlässt der Maler die gemeinsame Wohnung, setzt sich ins Auto und fährt die nächsten Monate durch Japan, ohne Ziel und ohne Plan. Schließlich bietet ihm ein alter Studienfreund, das Haus seines Vaters als Quartier an und der Maler zieht in das einsame Domizil in den Bergen. Und dort fängt die Geschichte erst so richtig an. Denn obwohl der Maler beschlossen hat, keine Portraits mehr zu malen, lässt er sich auf das Angebot eines mysteriösen Nachbarn ein. Dieser Nachbar wird fortan eine wichtige, wenn auch undurchsichtige Rolle für den Maler spielen, genauso wie ein Bild, das er auf dem Dachboden findet. Mehr sei an dieser Stelle über die Handlung nicht verraten.
Murakami präsentiert sich in Höchstform und der Leser wird hineingezogen in eine Geschichte, in der es auch gar nicht verwundert, dass plötzlich eine Figur aus dem Bild lebendig und gesprächig wird. Ein tolles Buch. Der zweite Band ist gerade erschienen, die entsprechende Besprechung folgt in den nächsten Wochen.
Susanne Kaloff
NÜCHTERN BETRACHTET WAR’S BETRUNKEN NICHT SO BERAUSCHEND (Fischer Verlag)
Susanne Kaloff ist Journalistin und Kolumnistin diverser Magazine, so schreibt sie unter anderem für „Grazia“, „Myself“ und die „Welt am Sonntag“. Ihr großer Schwerpunkt liegt auf Livestyle und Stil. Weinverkostungen, Champagnerpräsentationen und andere Events waren eine zeitlang ihr Tummelplatz. Und dann beschließt sie, von einem Tag auf den anderen, keinen Alkohol mehr zu trinken. „Nüchtern betrachtet war’s betrunken nicht so berauschend“ handelt von ihrem Weg in ein Leben ohne Rausch.
Um ehrlich zu sein, war mir Frau Kaloff am Anfang eher unsympathisch, auch bedingt durch die vollkommen verschiedenen Lebenswelten. Im Laufe des Buches wandelte sich dieser erste Eindruck allerdings und ich mochte sie Stück für Stück mehr. Es ist ein einsamer Kampf den sie führt, denn erst wenn man bewusst auf Alkohol verzichtet, fällt einem auf, wie sehr er unser gesamtes Leben durchdringt und wie der Nichttrinker zum Außenseiter wird, bzw. sich als solcher fühlt. Denn die Askese weckt eher selten Bewunderung und Unterstützung bei Freunden und Bekannten, sondern vielmehr Verunsicherung. Wer nicht trinkt ist eine Spaßbremse und scheinbar auch ein Appell an das schlechte Gewissen der Anderen. Susanne Kaloff langweilt sich auf Parties, merkt das sie immer weniger eingeladen wird und findet trotzdem in ihrer Entsagung immer mehr Zufriedenheit, Selbstbewusstsein und sich selbst.
Das Buch ist kein Ratgeber und auch kein Bekehrungsversuch, vielmehr ist es ein Erlebnisbericht mit sehr persönlicher Note. Es liefert viele Denkanstöße und auch wer gar nicht vorhat, den Alkohol aus seinem Leben zu verbannen, wird sicherlich den einen oder anderen Mechanismus wiedererkennen.
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