John Niven hat mit „Kill Your Friends“ den Literaturbetrieb aufgemischt und sich den Status eines extrem coolen und unangepassten Autors verdient. Die Verfilmung seines Debüts ist in den Startlöchern und wird nächstes Jahr auch in Deutschland zu sehen sein. Da darf man sich definitiv drauf freuen, denn der Film ist ein toller Trip in die musikalische Welt der 90er mit wunderbaren und verstörenden Bildern. Kunststück, er hat ja auch das Drehbuch zu verantworten und wagemutige Produzenten gefunden. Ende März erscheint der Film hierzulande auf DVD.
Mit „Coma“ hat er danach nicht nur sein bestes Buch geschrieben, sondern einen wirklich schrägen Frontalangriff auf alle Sinne. Zutatenliste? Langweiler, Golfball an den Kopf, Tourette-Syndrom, fiese Gangster, verdorbene Frauen und einen High-Score an Schimpfwörtern… „Coma“ steht auf meiner Lieblingsbuch-Liste gaaanz weit oben.
Es folgte die amerikanische Phase, die ihn vielleicht noch erfolgreicher, aber auch langweiliger und behäbiger werden ließ. Mit „Straight White Male“ war zumindest eine halbe Rückkehr auf die Insel vollzogen, aber das Buch war auch nur halbgeil.
Nun steht sein neues Buch „Old School“ vor mir und schubst sich im Ranking sofort auf Platz zwei, meiner persönlichen John Niven Charts. Endlich ist er wieder so richtig hemmungslos und lässt es krachen. Die Geschichte handelt von älteren englischen Damen, die vom Leben nicht mehr viel zu erwarten haben, als Langeweile und Armut. Bis sie sich entschließen, eine Bank zu überfallen. Und sich plötzlich auf der Flucht befinden. Immer dicht hinter ihnen, ein rachsüchtiger Inspektor. Gut, man muss zugeben, der Plot ist nicht neu, und spätestens nach „Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg…“ auch eigentlich verbrannt, aber hey, das ist bei Liebesromanen auch nicht anders und John Niven wäre nicht ein Meister seines Fachs, wenn er aus einer alten Idee, nicht etwas völlig Verrücktes machen würde. Und so trifft der Leser hier nicht nur auf sechzig Zentimeter lange Analdildos, sondern auch auf Frauen, die es faustdick hinter den Ohren (und nicht nur da) haben und vor nichts zurückschrecken. Ein höllischer Roadtrip, der nichts Auslässt und die Lachmuskeln immer wieder herausfordert. Zumindest wenn man auf schrillen Humor steht. Ich sag mal so: eines der besten Bücher des Jahres kommt ganz zum Sch(l)uss!
Mikis Wesensbitter
Bildquelle(n): © Heyne Harcore / © Berlin Fotografin