Eine Legende geht zu Ende. Nach diversen Verschiebungen ist es nun endlich so weit: Uncharted 4: A Thief’s End erscheint für PlayStation 4. Damit erscheint nicht nur einer der wichtigsten Exklusivtitel für Sonys Konsole, sondern auch ein Titel von dem Fans und Presse gleichermaßen nicht weniger als einen Meilenstein erwarten. Doch kann Nathan Drakes letztes Abenteuer diesen Erwartungen gerecht werden?
Cleveres Storytelling
Uncharted 4 hat im Vorfeld einen gigantischen Hype generiert. Während dies gut für die Verkaufszahlen ist, bringt es für die Entwickler eines inzwischen fünften Ablegers der Reihe vor allem storytechnisch einige Komplikationen mit sich. Wie holt man erfolgreich all diejenigen ab, die mit „A Thief’s End“ ihren ersten Ausflug mit Nathan antreten? Naughty Dog haben mit ihrem Ansatz vielleicht nicht das Rad neu erfunden, clever ist die Geschichte von Uncharted 4 aber dennoch. Denn zu einem großen Teil dreht sich alles – natürlich neben Nathan selbst – um seinen Bruder Sam. Ein Charakter der bisher in keinem anderen Teil auftauchte. Ihr fragt euch jetzt sicherlich, wieso Nathan nun auf einmal einen Bruder haben soll und warum dieser nie Bestandteil der bisherigen Abenteuer war. Die Lösung ist so simpel, wie sie genial ist: In einer Rückblende zu Beginn des Spieles erfahren wir, dass Nathan zusammen mit Sam, wie sollte es anders sein, auf der Suche nach einem Schatz war. Um an ein wichtiges Artefakt zu kommen, mussten sie sich in ein Gefängnis einsperren lassen. Beim darauffolgenden Fluchtversuch wird Sam jedoch augenscheinlich erschossen.
15 Jahre vergehen. 15 Jahre in denen Nathan nach der legendären Stadt El Dorado sucht, dem geheimnissvollen Cintamani-Stein auf der Spur ist, Halluzinationen in der Wüstenstadt Iram durchlebt und das Massaker einer spanischen Expedition erforscht. Inzwischen hat Nathan sich jedoch zur Ruhe gesetzt, geht einem Job als Bergungstaucher nach und erledigt wie ein normaler, gesitteter Bürger seinen Papierkram. Doch bevor man auch nur im geringsten denken könnte, dass es langweilig wird, steht auch schon der totgeglaubte Sam vor Nathan und offenbart, dass er schwer verwundet von den Gefängniswärtern gerettet wurde, aber die letzten 15 Jahre hinter Gittern verbracht hat und keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen durfte. Als jedoch ein ebenfalls inhaftierter Mafiaboss ausbricht, kann Sam aus dem Gefängnis entkommen, nur um daraufhin von eben jenem Mafiaboss bedroht zu werden. Denn Sam ist der absolute Experte, wenn es um den Piraten Henry Avery geht. Dieser hat Legenden zufolge einen Schatz im Wert von über 400 Millionen Dollar in einer verschollenen Piratenstadt namens Libertalia versteckt und Sam soll diesen Schatz nun an den Mafiosi ausliefern oder sein Leben verlieren. Schweren Herzens entschließt sich Nathan ein letztes Mal aufzubrechen, bringt jedoch nicht den Mut auf, dies Elena zu beichten, welche er inzwischen geheiratet hat.
Da Sam im Zentrum der Geschichte steht, kommen auch Neueinsteiger bestens mit Uncharted 4: A Thief’s End zurecht. Gleichzeitig gibt es jedoch so viele Anspielungen, dass man als alter Fan der Reihe ununterbrochen immensen Glücksgefühlen ausgesetzt wird. Und natürlich gibt es auch ein Wiedersehen mit Victor „Sully“ Sullivan, der mit seinen markanten One-Linern wieder einmal für einige Lacher sorgt.
Noch cineastischer und weniger zäh
So großartig Uncharted als großes Ganzes auch ist, so sehr musste es sich immer wieder großer Kritik aussetzen. Vor allem die unnötig langen Level-Abschnitte in denen man gefühlt 1000 gegnerische Söldner erschießen mussten, störten den sonst so durchgestylten Spielablauf sehr. Mit dem großen Finale haben sich Naughty Dog endlich dieser Kritik angenommen und wohl auch viel durch „The Last of Us“ dazugelernt. Natürlich wird noch immer viel geklettert, viel geschossen und vor allem viel zerstört, doch in seinen schönsten Momenten ist Uncharted 4 vor allem eines: „Ruhig“. Ganz oft kann man einfach nur die wunderschöne Landschaft genießen, die grafisch aktuell das beste auf dem Markt sein dürfte sowie parallel dazu optionale Gespräche führen um mehr über die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Nathan, Elena, Sam und natürlich Sully zu erfahren. Insgesamt präsentieren sich die 22 Kapitel deutlich dynamischer, abwechslungsreicher und interessanter als je in einem Uncharted zuvor. Neben den reduzierten Schießereien, darf man außerdem tauchen, diverse Fahrzeuge fahren und natürlich klettern, klettern und noch mehr klettern. Tatsächlich wurde letzteres im Vergleich zu seinen Vorgängern nochmals verfeinert, so dass man nun sogar Nathans Hände im bestimmten Situationen einzeln steuern kann um einen von mehreren Felsvorsprüngen anzuwählen. Als große spielerische Neuerung kann Nathan nun zusätzlich auf einen Enterhaken zurückgreifen, welcher auch größere Schluchten mit Leichtigkeit überwinden lässt.
Außerdem weiß spätestens seit dem zweiten Teil „Among Thieves“ jeder, dass Uncharted die Art und Weise wie „Scripted Events“ (Also vorbestimmte Spielabläufe) in ein Spiel integriert sind neu definiert hat. Wer dachte, dass der Flugzeugabsturz und der anschließende Todeskampf in der Wüste aus Uncharted 3 hier die Messlatte bereits auf die maximale Höhe angehoben hat, wird in „A Thief’s End“ eines besseren belehrt.
Einstürzende Brücken, Dörfer die bis auf den letzten Zentimeter auseinandergenommen werden, spektakuläre Verfolgungsjagden, Explosionen und sogar Naturkatastrophen gehören in Uncharted 4 zur Tagesordnung und sorgen auf der einen Seite für ein interaktives Filmerlebnis, vernachlässigen dabei aber zu keiner Sekunde das tatsächliche Gameplay, so dass sich Uncharted 4 durchgehend trotzdem noch wie ein vollwertiges Spiel anfühlt.
Ergänzend dazu sei gesagt, das Uncharted 4 sowohl in der englischen (Man muss Nolan North einfach lieben), als auch der deutschen Synchronfassung absolut gelungen ist und die sowieso schon filmreife Inszenierung perfektioniert.
Uncharted 4: A Thief’s End – Fazit
Die Geschichte ist emotional, clever und spannend. Wenn die letzte Cutscene mit stolzen 25 Minuten Länge über den Bildschirm flimmert, fällt es schwer zu glauben, dass es nun wirklich vorbei sein soll. Uncharted 4 ist absolut gelungen. Auch das Gameplay wurde nochmals ordentlich geschliffen und erweitert. Die Grafik besitzt PlayStation 4 Referenzwert und auch wenn die Framerate „nur“ 30FPS hat, so sind diese wenigstens durchgehend stabil. Die Inszenierung ist wieder einmal ein Genuß und mit rund 14-18 Stunden Spielzeit sowie dem Multiplayer und einer Reihe von kostenlosen DLCs die noch kommen werden, kann man sich sicher sein, genug Spiel für sein Geld zu bekommen. Unsere Geldbeutel werden uns zwar dafür hassen, dass nach Dark Souls 3 mit Uncharted 4: A Thief’s End direkt das nächste Must-Have für jeden Gamer erscheint. Es ist jedoch ein Fakt, dass Uncharted 4 ein würdiger Abschied von Nathan Drake, ein Fest für jeden Fan von Tomb Raider und Indiana Jones und ganz nebenbei noch ein verdammt gutes Spiel ist.
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Kevin Kunze
Bildquelle(n): Sony