Als Star Ocean: Integrity and Faithlessness angekündigt wurde, konnten Fans ihren Ohren kaum trauen. Nachdem man sich damit abfand, dass tri-Aces Kult-Rollenspielreihe nach der missglückten vierten Episode keine weitere Fortsetzung erhält, kam alles anders. Was man damals aber noch nicht wusste: Die Sache hat einen bitteren Haken.
In den vergangenen Jahren veröffentlichte Square Enix nur sehr zögerlich neue Konsolen-RPGs aus Fernost, die nicht den Final Fantasy-Schriftzug trugen. Mit Blick auf das fertige Star Ocean 5 wird nun klar, was nötig war, um das Projekt Wirklichkeit werden zu lassen. Eine Minimierung des Budgets.
Und so präsentiert sich Star Ocean: Integrity and Faithlessness als Rollenspiel, das sein Herz am rechten Fleck trägt, dessen Ambitionen aber an jeder Ecke zurückgehalten werden.
Mehr Halbes als Ganzes
Das fängt bei der Story an, die mit Zwischensequenzen geizt und in den meisten Story-Szenen seine Helden steif auf der Weltkarte stehen lässt. Es setzt sich bei der überschaulichen Größe der Spielwelt fort: Wer eine Space-Opera erwartet, die sich über verschiedene Planeten hinweg ausbreitet, wird mit einem überschaubaren Bauernplaneten abgespeist. Nach wenigen Stunden hat man alle Orte gesehen, die die kleine Welt zu bieten hat. Obwohl Star Ocean 5 mit einem Umfang von knapp 20 bis 25 Stunden für ein RPG zudem recht kurz ausfällt, kann es seine Spielzeit nur füllen, indem es seine Spieler hin und wieder auf sinnlose Backtracking-Touren schickt, die den gesamten Planeten umfassen.
Die Story über eine fortschrittliche Alien-Zivilisation, die Interesse an einem zurückgebliebenen Planeten findet, ist Star Ocean-Standard. Sie bietet interessante Ansätze, erhält jedoch nie die Zeit, sich richtig zu entfalten. Sie verkommt somit zu einem ziemlichen Schnarchfest: Nicht wirklich schlecht, nicht wirklich gut, halt irgendwie existent. Die Charaktere sind – anders als im Vorgänger – nicht beleidigend dumm und oftmals gar gut unterhaltend. Ihre Persönlichkeiten und Hintergrundgeschichten fallen jedoch flacher als ein Blatt Papier aus.
Kämpfe: Flott aber hirnlos
Das Action-Kampfsystem – traditionell eine Stärke der Star Ocean-Reihe – bietet flotte Schlachten, in denen gleich 7 Charaktere auf einmal randürfen. Das sorgt für ein schönes Effektgewitter – und täuscht das ein oder andere mal über den fehlenden Tiefgang hinweg. Das Balancing ist nämlich leider gründlich misslungen. Protagonist Fidel beherrscht über die Hälfte des Spiels hinweg läppische zwei Skills, die man im Kampf endlos spammt. Ein Schere-Stein-Papier-Prinzip von Verteidigung, starken und schwachen Attacken ist auf dem ersten Blick interessant, aufgrund des niedrigen Schwierigkeitsgrads jedoch bedeutungslos. Bei starken Monstern und Endgegnern wird das System ohnehin gleich ganz aus dem Fenster geworfen. Da heißt es dann Button-Mashing bis der Sieges-Screen erscheint.
Wer abseits der Story auf Erkundungstour gehen möchte, findet in vielen Städten eine Pinwände, die mit unzähligen Sidequests gefüllt sind. Hierbei handelt es sich jedoch stets um belanglose Sammelquests, die weder die Welt interessant ausschmücken noch sonderlich viel Spaß bereiten. Star Ocean-typisch kann man zudem viele Fähigkeiten erlernen und so z.B. Angeln oder Items und Waffen craften. Leider mangelt es dem Spiel jedoch an Tiefgang, um diese Beschäftigungen sinnvoll erscheinen zu lassen.
Fazit: Star Ocean: Integrity and Faithlessness
Star Ocean: Integrity and Faithlessness verschreibt sich klassischen JRPG-Tugenden und verzichtet fast gänzlich darauf, sich an Otaku-Gelüsten anzubiedern, was im Genre heute leider eine Seltenheit ist. Wenngleich das fünfte Star Ocean sein Herz am rechten Fleck trägt und das Fundament für ein tolles Rollenspiel mit sich bringt, kann es jedoch nicht erfolgreich darauf aufbauen. Egal, ob die spartanische Präsentation, das unausgefeilte Gameplay, der geringe Umfang oder die halbgare Story: Jeder Aspekt des Spiels zeigt deutlich, dass hier mehr Zeit und Geld nötig gewesen wären, um ein wahrlich tolles Spiel zu verwirklichen. Was übrig bleibt, ist ein noch solides Rollenspiel, das so viel mehr hätte sein können.
Julian Krause
Bildquelle(n): Square Enix