Sonic hat es echt nicht leicht. Vom begnadeten Sega-Maskottchen wurde er zu einem weiteren von vielen Charaktern in Nintendos Game-Reihen, mit dem man in der heutigen Zeit eher negative Gedanken verknüpft. Vorbei sind die glorreichen Zeiten der Sega-Konsolen, auf denen der schnellste Igel der Welt mit „Blast Processing“ gezeigt hat, dass ein Mega Drive viel besser als ein Super Nintendo sein sollte.
Aktuell dümpelt ein mittelmäßiger Ableger nach dem anderen durch die Gaming-Welt. Aber abgesehen von Sonic Generations, gab es keine merklichen Highlights. Sonic Boom ist ein Reboot, der wieder frischen Wind in die Reihe bringen sollte – die ersten beiden Ableger brachten zwar Winde mit sich, aber von „frisch“ konnte wohl kaum die Rede sein. Mit Sonic Boom: Feuer & Eis kommt nun Spiel Nummer 3 auf den 3DS. Wo sich mancher fragen mag, wieso man überhaupt noch Fortsetzungen entwickelt, fragen wir uns, wie es das Spiel schafft, die niedrigen Erwartungen tatsächlich zu übertreffen.
…weil Wissenschaft
Dr. Robotnik (oder auch Dr. Eggman) hat einen neuen perfiden Plan entwickelt, Sonic und seine Crew, bestehend aus Tails, Amy, Knuckels und Sticks, zu besiegen. Er erntet ein neues Element, genannt Ragnium, um Roboter zu bauen, die Sonic im Wettrennen schlagen können. Daraufhin soll er sich in Grund und Boden schämen. Dadurch tun sich in der Welt Risse auf, aus denen die Kräfte von Feuer und Eis strömen. Die sind zwar schlecht für die Welt, aber gut für unsere Helden. Immerhin verleihen sie ihnen die Namensgebenden Fähigkeiten. Weil… Wissenschaft, wie Tails es treffend beschreibt. Ja. Ernsthaft, das ist die Story. Aber wer braucht schon eine Story? In Sonic geht es immerhin nur um eines: das Gameplay.
Hedgehog Kong Country
Auf ihrer Reise durch die insgesamt 6 Welten jagt die Crew einem kleinen Roboter nach: Knuffi-Bot, wie Sticks ihn betitelt. Dieser ist irgendwie in die Ereignisse verstrickt, dient aber nur als Grund, Sonic & Co in eine Neue Welt zu schicken. Hier haben wir insgesamt 6 unterschiedliche Arten von Levels. Den Löwenanteil übernehmen die normalen Missionen, wo wir wie gewohnt durch 2D-Landschaften laufen, springen und rennen, während wir Donkey Kong Country-mäßig Sammlerstücke finden können. Diese schalten dann neue Features frei, wie neue Rennstrecken für den (lokalen) Multiplayer oder auch neue Skins für Amys Hammer.
Für ein Sonic-Spiel eher untypisch, gestaltet sich die ganze Aktion durchaus spielbar, da unser Igel nicht permanent rennt und wir alle 5 Meter bremsen müssen, um nicht in der nächsten Falle zu landen. Gerannt wird hier nur mit einem Druck auf die Y-Taste, ansonsten kann man die Erkundungstouren relativ entspannt angehen. Für alle, die aber eher auf Geschwindigkeit aus sind, bietet jedes Level auch eine zu schlagende Bestzeit. Mit den Fähigkeiten der anderen Charaktere lassen sich zudem auch noch weitere Sammlerstücke finden.
Amy hat einen Hammer, der Hindernisse aus dem Weg räumt. Tails hat einen Blaster, der genau das gleiche macht. Knuckels kann an bestimmten Stellen graben und Sticks trifft entfernte Schalter mit ihrem Bumerang. Wiederspielwert ist also gegeben. Ob man die Motivation dafür hat, ist eine andere Sache. Die Level an sich unterscheiden sich nämlich quasi nicht voneinander. Jede Welt hat ihre eigene Thematik, doch hat man ein Level der Welt gesehen, hat man sie alle gesehen. Im Prinzip wirkt alles wie mit einem „Drag & Drop-Editor“ schnell zusammengeschustert. Ähnlich wie zum Beispiel der Stage-Editor von Super Smash Bros. Zwischendurch gibt es kleine Elemente, die die Sache etwas auflockern. So kann Sonic (oder auch jeder andere Charakter) im Feuermodus Lunten anzünden, die Sprengstoff explodieren lassen und den Weg frei räumen.
Natürlich gibt es auch wieder die typischen automatischen Abschnitte, wo wir auf ein Wahnsinnstempo beschleunigt werden. Währenddessen kann man den 3DS übrigens wunderbar aus der Hand legen, denn Eingaben vom Spieler sind hier nicht vonnöten. Generell beschränkt es sich aber auf in den Arealen verteilte Eisblöcke. Manche versperren den Weg und müssen mit Feuer geschmolzen werden, andere müssen mit der Eisfähigkeit gefroren werden, um als Plattform zu dienen. Im Prinzip also eine Sorte Hindernis mehr, die wir mit einem simplen Tastendruck auf L oder R überwinden können. Nettes Gimmick, mehr aber auch nicht. Auch wenn der Anteil der Standardlevel auf das gesamte Spiel gesehen relativ gering ist, ist das bei dieser Monotonie gar nicht mal so verkehrt. Immerhin müssen auch die anderen 5 Arten in jeder Welt einen Platz finden.
Abwechslung ist da. Irgendwie.
Neben diesen Hauptleveln haben wir in Sonic Boom: Feuer & Eis zudem Bosskämpfe, die zwar recht gut in Szene gesetzt, aber auch sehr einfach sind. Höchstens die Herausforderung, sie mit einer Mindestanzahl an Ringen zu beenden, bringt etwas Schwierigkeit hinein. Dann gibt es noch die… nun, nennen wir es mal: Tunnel. Diese Areale bestehen aus einem langen geraden Pfad, der abwechselnd durch Feuer- und Eisbereiche führt, wo wir lediglich Hindernissen ausweichen und Ringe sammeln. Stoßen wir einmal mit einem Hindernis zusammen, startet der Abschnitt von vorne. Begrenzte Versuche gibt es im gesamten Spiel übrigens keine.
Weiterhin fordert uns Robotnik in jeder Welt zu einem Rennen gegen einen seiner Roboter heraus. Hier laufen wir, wie der Name schon sagt, in klassischer Sonic-Manier ein Rennen über 3 Runden gegen einen meschanischen Kontrahenten. Yeah. Zu guter Letzt haben wir dann noch 2 Arten von Minispielen: zum Einen fahren wir mit einem Luftkissenboot einen Fluss entlang und beseitigen Hindernisse bzw. weichen ihnen aus. Zum Anderen spielen wir eine Unterwasser-Version von „Der Heiße Draht“, indem wir mit einem U-Boot durch kleine Unterwasserlabyrinthe fahren. Beide Minigames bieten ein Sammlerstück am Ende, und beide haben ein Zeitlimit. Werden wir getroffen, verlieren wir Zeit. Sammeln wir kleine Uhren, gewinnen wir sie dazu. Eigentlich sind diese Abschnitte eher nervig, aber zum Glück überwiegend sehr einfach.
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Sonic Boom: Feuer & Eis – Besser als erwartet
Okay. Wirklich super ist Sonic Boom: Feuer & Eis jetzt nicht. Aber für die 5 Stunden, die man im Schnitt braucht, um zumindest mal jeden Level durchzuspielen, kann es durchaus Spaß machen. Abwechslung und Monotonie geben sich die Klinke in die Hand, und wirklich fordernd ist der Titel auch nicht. Aber zumindest ist alles frei von Bugs und recht gut spielbar. Kein Desaster, wie so mancher Vorgänger. „Gut“ sieht dennoch anders aus. Für kleines Geld einen Blick wert, aber für den Vollpreis ist Sonic Boom: Feuer & Eis eindeutig zu kurz, zu leicht und abwechslungsarm.
Stefan Scholz
Bildquelle(n): Nintendo