Size matters. Zumindest scheint es so, wenn man in der Gaming Branche unterwegs ist. Denn nicht selten prahlen Spieleentwickler mit der enormen Größe der von ihnen erschaffen Spielewelt. »GTA V ist so groß wie London«, »The Witcher 3 ist dreiandhalb Mal größer als Skyrim«, – doch diese Aussagen sollen in naher Zukunft ihren Meister finden. Noch dieses Jahr soll No Mans Sky neue Maßstäbe setzen.
Nachdem bereits Ende 2013 ein Teaser-Trailer die Runde machte, erregte No Mans Sky auf der Electronic Entertainment Expo 2014 erstmals wirklich Aufmerksamkeit. Es wurde während der Sony Pressekonferenz offiziell präsentiert und war das erste unabhängig entwickelte Videospiel, das im Rahmen der E3-Riesen ins Rampenlicht treten durfte. No Mans Sky wird von dem britischen Spieleentwickler Hello Games entwickelt und herausgegeben.
Das Spielprinzip von No Mans Sky ist an sich relativ simpel: Mit eurem Raumschiff reist ihr durch entlegene Sonnensysteme, besucht unentdeckte Planeten, erforscht neue Flora und Fauna, handelt mit Raumstationen und so weiter. Für manche mag das wie eine Kombination aus EVE Online, Spore und Elite: Dangerous klingen und ihr liegt in euer Vermutung gar nicht so falsch. Warum No Mans Sky aber so viel mehr ist, versuche ich euch im folgenden zu erläutern.
Die Tiefen des Alls erkunden
Für viele (mich inbegriffen) ist es schier unmöglich sich den Umfang, die scheinbar unendliche Anzahl an Planeten und die astronomischen Entfernungen einer ganzen Galaxie vorzustellen. Doch genau das ist es, was die Entwickler von No Man’s Sky – zu einem bestimmten Grad – versuchen umzusetzen: Eine Galaxie bestehend aus sage und schreibe 18 Trillionen (Das muss man einfach mal ausgeschrieben sehen: 18.000.000.000.000.000.000) unterschiedlichen Planeten. Jeder hat seine eigenen Pflanzen sowie seine eigenen Lebewesen, die ihn bevölkern. Jeder ist besuchbar. Jeder ist einzigartig. Auf dem einen findet ihr fremdes Leben und Meere, der andere ist ein ausgetrocknetes Ödland und wieder ein anderer besteht aus toxischen Gasen, denen ihr nicht für längere Zeit ausgesetzt sein dürft.
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Das mag unmöglich klingen, ist es aber nicht: Durch verschiedenste Algorithmen wird jeder Planet anders berechnet. So könnt ihr Tausend Jahre lang von Planet zu Planet cruisen und immernoch neue Tierarten und Materialien finden. Die Planeten selbst sind so groß, dass man laut Co-Director Sean Murray Wochen um Wochen in eine Richtung gehen kann, nur um irgendwann den Planeten umrundet zu haben. Außerdem sei er sich nicht sicher, ob man es je schaffen würde einen Planeten komplett zu erkunden.
»Math.«
Diese immense Größe ist nur einer Sache zu verdanken, so Sean: »Math.« Der Grund warum No Man’s Sky nicht die Speicherkapazitäten unserer Konsolen um Lichtjahre übersteigt, ist, dass sich alles was man auf seinem Bildschirm sieht aus sehr komplexen, mathematischen Formeln zusammensetzt. Die Konsole berechnet durchgehend die Umgebung in unserem Sichtfeld und hat deswegen keine bzw. kaum Ladezeiten. Alles wird durch bestimmte Algorithmen definiert und die Konsole setzt nur – sehr vereinfacht ausgedrückt – die richtigen Formen, Farben und Beschaffenheit an bestimmte Stellen auf dem Planeten bzw. in dem Sonnensystem oder der Galaxie.
Da bestimmte Parameter der Gleichungen von Planet zu Planet, Sonnensystem zu Sonnensystem, Raumschiff zu Raumschiff variieren, erschafft Hello Games ein Spiel mit scheinbar unendlicher Vielfalt. So können Spieler durchgehend neue Tierarten entdecken und diese dann nach Belieben benennen. Besucht dann ein anderer Spieler den von euch erkundeten Planeten, werden ihm die Namen der Flora und Fauna angezeigt, die ihr zuvor vergeben habt. Es entsteht nach und nach ein – Wortlaut Co-Director Sean Murray – »Pokédex« der gesamten Galaxie.
Spielerentwicklung
Das Spiel ist aber keinesfalls auf die Entdeckung beschränkt. Es gibt sowohl Raumschlachten, als auch Waffengefechte auf Planeten. Wer es lieber ruhiger angehen will, kann auch einfach mit Materialien der Planeten handeln und so Units für neue Schiffe und Upgrades verdienen. Laut Murray könnte man das inoffizielle Ziel des Spiels erreichen, ohne einmal einen Planeten zu besuchen, etwa durch Piraterie oder eben Handel. Inoffizielles Ziel wird es deshalb genannt, da es keine vorgegebene Story-Line gibt. Ihr werdet keine NPCs haben, die euch sagen, was ihr zu tun oder zu lassen habt. Einzig und allein der Gedanke, dass im Mittelpunkt der Galaxie etwas liegt, das »erstebenswert« ist, so Murray, treibt den Spieler voran.
Doch da ihr in einem eigenen Sonnensystem am Rande der Galaxie startet und ihr euch die Materialien für Antriebe und bessere Schiffe erwirtschaften müsst, wird das einige Zeit in Anspruch nehmen. Was euch genau im Inneren der Galaxie erwartet, verrät der Entwickler bislang nicht. In einem Interview wurde betont, dass Hello Games will, dass Spieler die Welt selbst entdecken, selbst herausfinden wie sie am schnellsten Fortschritte machen und selbst erforschen, was es mit der Alienartigen-Roboter-Rasse den »Sentinels« auf sich hat.
Intelligentes Leben
Überraschung – Ihr seid nicht alleine im All. Abgesehen von den Lebewesen, denen ihr auf verschiedensten Planeten über den Weg lauft, gibt es mindestens zwei weitere intelligente Formen von Leben im All:
Die Sentinels
Eine Art Roboter Polizei, die euch zur Rechenschaft zieht, wenn ihr anderes Leben auslöscht oder ihr einen Planeten zu sehr verunstaltet, also beispielsweise zu viele Materialien von ihm abbaut. Sie sind omnipräsent in allen Sonnensystemen vertreten – wenn auch nicht auf allen Planeten – und ihre Abstammung ist bisher noch unbekannt. Ähnlich wie in GTA werdet ihr einen sogenannten »Wanted-Level« haben, je nachdem wie schwer euer Vergehen war. Je höher euer Wanted-Level, desto drastischer werden die sonst friedlich gesinnten Roboter gegen euch vorgehen. Ob zu Land oder im All.
NPCs aka außerirdische Rassen
Auf eurer Reise durch das Universum werdet ihr außerdem auf verschiedenste andere Rassen treffen. Problem ist nur: Zu Beginn des Spieles werdet ihr kaum etwas von dem verstehen, was sie euch erzählen. Klar, wie denn auch, wenn ihr nie zuvor deren Sprache gehört habt. So ist die Interaktion mit den Außerirdischen vorerst… Schwierig. Denn seid ihr nicht vorsichtig, könnt ihr sie versehentlich beleidigen und euer Stand mit ihnen sinkt. Ihr könnt jedoch nach und nach neue Wörter der fremdartigen Sprache lernen und so nach gewisser Zeit mit ihnen Handeln.
Andere Spieler
No Man’s Sky ist ein Online Spiel. Wenn gewünscht kann auch offline gespielt werden, versicherte Hello Games. Dennoch: Einer der interessanten Punkte in diesem Spiel ist die Entdeckung und Katalogisierung der verschiedenen Rassen. Und auch wenn ihr mit dem sportlichen Gedanken spielt, alles alleine zu erforschen, würde die Sonne erlöschen bevor ihr ansatzweise euer Werk vollenden könntet.
Ein MMO soll No Man’s Sky aber nicht werden. Aufgrund der unvorstellbaren Größe der Spielewelt sei es eine Seltenheit, dass ihr auf andere Spieler trefft. Sich auf einen Tee mit Freunden zu verabreden könnte ebenfalls ein bisschen dauern, da ihr im schlimmsten Fall einmal quer durch die Galaxis springen müsstet.
No Mans Sky – Ist größer wirklich immer besser?
Kurzum: Nein. Wir haben riesige Spielewelten gesehen, in denen der Spieler schnell den Überblick oder gar die Motivation verlor. Auch das Fehlen von Storyline, Charakteren und Missionen wird einige Spieler abschrecken. In der heutigen Zeit sind vor allem Casual Gamer daran gewöhnt, von Spielen an die Hand genommen zu werden, gesagt zu bekommen was man wann tun muss und von Questmarker zu Questmarker zu laufen. Auf all das verzichtet Hello Games in No Man’s Sky. Und vielleicht ist es genau das, was manche von uns brauchen: Sich einfach mal in der endlosen Weite des Alls zu verlieren, Lebewesen entdecken, die bisher kein Mensch gesehen hat. Zu wissen, dass jemand anders das vielleicht nie zu Gesicht bekommen wird. Ob das nach der Zeit eintönig wird? Das wird sich zeigen.
Dass dieses Spielprinzip aber funktionieren kann, beweist der weltweite Kassenschlager Minecraft: Das über 56 Millionen mal verkaufte Sandbox Game verfügte jahrelang ebenfalls über keinen Storymode. Euch wird nicht gesagt, was ihr zu tun habt. Ihr müsst selbst herausfinden, wie ihr euer Überleben sichert. Ihr müsst die Umgebung erkunden und Materialien für das Verbessen von Waffen und Rüstungen erwirtschaften. In all diesen Punkten unterscheiden sich die zwei Titel gar nicht so sehr von einander. Leider kann man bislang in No Mans Sky keine Häuser bauen… Aber dafür habt ihr 18.000.000.000.000.000.000 Sterne zu erkunden! Wer hat denn da schon Zeit Häuser zu bauen?
Ob No Mans Sky ein ebenso großer Erfolg wie Minecraft bevorsteht, bleibt abzuwarten. Doch mit seinem frischen Artstyle, dem atmosphärisch angepassten Soundtrack (komponiert von 65Daysofstatic und Paul Weir), einigen neuen Ideen und der bahnbrechenden Technik der prozedural generierten Spielewelt, macht dieser Titel schon eine weitgehend gute Figur! Das Spiel wird am 22. Juni 2016 in Europa für PS4 und PC erscheinen. Eine ausführliche Review erwartet euch dann natürlich hier!
Marius Kauer
Bildquelle(n): Hello Games