Das Rollenspielepos Pillars of Eternity hat endlich seinen Weg auf heimische Konsolen gefunden. Doch wie spielt sich das Schwergewicht mit dem Controller?
Als Pillars of Eternity 2015 für den PC erschien, wurde für Rollenspielfans weltweit ein Traum war. Endlich gab es wieder ein komplexes, umfangreiches Spiel im Stil eines „Baldur’s Gate“ oder „Icewind Dale“. Und das Beste daran: Das Ganze wurde als zu der Zeit höchstfinanziertes Videospiel von Fans per Kickstarter finanziert. Jetzt, zwei Jahre später, bringt 505 Games Pillars of Eternity auch für XBOX One und PS4 in den Handel. Die Pillars of Eternity: Complete Edition enthält dabei nicht nur das Spiel selbst, sondern auch die zweiteilige Erweiterung Pillars of Eternity: The White March. Grund genug uns einmal anzuschauen, ob der Titel auch auf der Konsole etwas taugt und ob sich solch ein komplexes Spiel mit einem Controller überhaupt angemessen spielen lässt.
Krieger, Barbar oder doch lieber Magier?
Die Wahl der Klasse eures Hauptcharakters ist wohl die wichtigste Entscheidung, die ihr in jedem Rollenspiel zu treffen habt. Beeinflusst diese Entscheidung doch so ziemlich jeden Aspekt des Spiels. Seien es die Kämpfe, die Dialoge oder teils sogar die Geschichte selbst.
Die Handlung wird in Pillars of Eternity zwar nicht von der Wahl eurer Klasse beeinflusst, die Kämpfe und Dialoge schon. Wählt ihr beispielsweise einen Barbaren oder Kämpfer, befindet sich euer Recke an vorderster Front und muss nicht nur austeilen, sondern auch einstecken können. Ein Magier oder Schurke hingegen befindet sich vorzugsweise weiter hinten, um aus sicherer Entfernung angreifen zu können.
Habt ihr genug Erfahrungspunkte für einen Stufenaufstieg gesammelt, könnt ihr neue Fähigkeiten erlernen und so zum Beispiel den Umgang mit bestimmten Waffen verbessern. Anders als in anderen Rollenspielen erhaltet ihr in Pillars of Eternity keine Erfahrungspunkte für erfolgreiche Kämpfe. Hier werdet ihr für das Abschließen von Quests und das Bewältigen von Dialogen und anderen Situationen belohnt. Somit wird auch eine pazifistische Spielweise belohnt.
Zusätzlich zu eurer Klasse müsst ihr auch eure Herkunft und Befähigung in Gebieten wie Akrobatik, Geschichte oder Mechanik bestimmen. Die Wahl der Herkunft hat dabei Einfluss auf eure Startausrüstung. Seid ihr gut in Mechanik, könnt ihr Schlösser knacken. Seid ihr hingegen in Dingen wie Geschichte oder Akrobatik bewandert, könnt ihr spezielle Dialogoptionen auswählen oder in bestimmten Situationen neue Wege beschreiten.
Von magischen Stürmen und seelenlosen Kindern
Als Teil einer Karawane befindet ihr euch auf dem Weg ins Königreich Dyrwald. Während eines Überfalls auf ebendiese Karawane geratet ihr in einen magischen Sturm, der euch bewusstlos zurücklässt. Nach eurem Erwachen stellt ihr fest, dass ihr auf einmal über besondere Fähigkeiten verfügt.
Nicht nur könnt ihr stellenweise die Seelen der Verstorbenen sehen oder vergangene Ereignisse beobachten, ihr könnt außerdem mit den Seelen anderer kommunizieren. Dies äußert sich teilweise darin, dass ihr in Dialogen spezielle Optionen habt, die euch die Geschichte eines Dialogpartners erörtern. Andernorts äußert diese Fähigkeit sich darin, dass ihr Ereignisse aus den Leben spezieller, mit goldenen Namen versehenen NPCs lesen könnt. Der Clou daran: All diese Geschichten sind von Kickstarter-Unterstützern geschrieben worden.
Relativ schnell erfahrt ihr, dass diese Fähigkeiten euch zu einem sogenannten Wächter machen. So nützlich eure neuen Wächter-Skills auch sein mögen, so gefährlich sind sie auch für euch. Wie ihr bald erfahrt, brechen Erinnerungen eurer eigenen Seele auf euch ein, was euch früher oder später in den Wahnsinn stürzen wird.
Auf geht es also zu ergründen, warum ihr ein Wächter geworden seid und was sich dagegen unternehmen lässt. Auf dieser Reise begegnet ihr nicht nur einer ganzen Reihe von Gefährten, sondern auch einem ganz anderen Unheil. Die Bewohner des Dyrwalds werden von etwas bedroht, das sich Hohlgeburten nennt. Eine Hohlgeburt ist ein Kind, welches ohne Seele geboren wurde und dadurch apathisch und stumpfsinnig ist. Also gilt es nicht nur euer eigenes trauriges Schicksal abzuwenden, sondern auch die der Bewohner Dyrwalds in die richtige Richtung zu lenken – und das ist nur die Geschichte des Hauptspiels. Die zweiteilige Erweiterung The White March führt euch nach Norden, um eine alte Zwergenschmiede zu verteidigen.
Nehme ich nun den Magier mit oder doch lieber den Priester?
Die Auswahl der richtigen Gruppenmitglieder ist fast so wichtig, wie die eures Hauptcharakters, kann die Zusammensetzung eurer Gruppe doch in so manchem Kampf über Leben und Tod entscheiden und auch in Dialogen auf Grund verschiedener Expertisen manche Situation erleichtern.
Abseits davon kommt jedes eurer Gruppenmitglieder mit einer interessanten Geschichte und Aufgabe im Schlepptau, die erledigt werden will. Allerdings könnt ihr nur vier Gruppenmitglieder gleichzeitig mit auf die Reise nehmen, sodass ihr manche Aufgaben hintenanstellen müsst.
Leider werden nicht alle Klassen durch die Gefährten abgedeckt, sodass ihr eurem Hauptcharakter vorzugsweise eine dieser nicht abgedeckten Klassen wie Barbar oder Schurke geben solltet, um keine Rolle doppelt zu besetzen. Eine weitere Möglichkeit, die gewünschte Abwechslung in eure Gruppe zu bringen, sind Gasthäuser. Dort könnt ihr nicht nur rasten, sondern auch selbsterstellte Gruppenmitglieder anheuern.
Solange ihr ein Gruppenmitglied nicht dabeihabt, wartet es in eurer Festung auf euch. Ja, ihr habt richtig gelesen: Ihr besitzt in Pillars of Eternity eine Festung, die ihr relativ zum Anfang der Geschichte erhaltet.
Sie bietet euch einen Rückzugsort und kann mit einer Vielzahl von Dingen aufgewertet werden. So könnt ihr beispielsweise Farmen anlegen, die Verteidigung der Festung erhöhen oder eine Jagdhütte errichten. Die ermöglicht es euch, spezielle Aufgaben anzunehmen.
Komplexes Rollenspiel mit dem Controller, geht das überhaupt?
Kurzum: Ja und zwar wunderbar. Doch lasst mich etwas länger ausholen. In der PC-Version von Pillars of Eternity steuert ihr das gesamte Spiel per Maus und Tastatur, was euch gerade in Kämpfen die Möglichkeit gibt, bis ins kleinste Detail taktisch vorzugehen. Die Option, das Spiel jederzeit auf Knopfdruck zu pausieren und die Geschwindigkeit zu beschleunigen und zu verlangsamen, tut ihr Übriges.
Wer jetzt denkt, dass das mit dem Controller niemals geht, der denkt falsch. Die PS4-Version von Pillars of Eternity lässt euch standardmäßig eure Gruppe mit dem linken Analogstick steuern. Alle Gruppenmitglieder folgen dabei wie in alten J-RPGs dem festgelegten Gruppenanführer. Gegenstände, mit denen ihr interagieren könnt, werden dabei markiert, sobald ihr in ihre Nähe kommt. Ist euch diese Markierung einmal nicht genau genug oder habt ihr keine Lust hin und her zu laufen, um die Interaktion zu triggern, könnt ihr einfach per Knopfdruck einen Mauszeiger einblenden. In Kämpfen wird dieser Mauszeiger automatisch eingeblendet, sodass ihr volle taktische Kontrolle über eure Gruppenmitglieder und ihre Ziele habt.
Fazit – Pillars of Eternity: Complete Edition
Ich war einer der eingangs erwähnten überglücklichen Rollenspielfans. Seit ich Pillars of Eternity auf Kickstarter unterstützt und die PC-Version gespielt habe, liebe ich das Spiel. Es nun auch ganz einfach bequem von der Couch aus spielen zu können, ist wie ein wahr gewordener Traum. Auf diese Weise noch einmal in die Welt von Eora eintauchen und die Geschichte des Wächters und seiner Gefährten noch einmal erleben zu können, ist ein tolles Gefühl.
Wie schon die PC-Version sieht auch die Konsolenfassung von Pillars of Eternity unglaublich schick aus und spielt sich wunderbar. Die vielen, vielen Texte sind auf dem Fernseher sehr gut lesbar. Die Erweiterung Pillars of Eternity: The White March ergänzt die Geschichte wunderbar und macht aus einem eh schon umfangreichen Spiel ein ca. 82 Stunden langes Erlebnis.
Seid ihr also wie ich Liebhaber von großen Rollenspielen, solltet ihr Pillars of Eternity: Complete Edition auf jeden Fall eine Chance geben. Habt ihr zudem im Moment keine anderen Spiele, die kostbare Zeit fressen, so ist der Titel vielleicht genau das Richtige für euch.
Infobox:
- Titel: Pillars of Eternity: Complete Edition
- Entwickler: Obsidian Entertainment
- Publisher: 505 Games
- Release: 31.08.2017
- Plattform: PS4
- USK: 16
- Genre: Rollenspiel
- Sprachausgabe: Audio Englisch, Text Deutsch, Englisch, etc.
- Multiplayer: Nein
Bildquelle(n): Obsidian Entertainment/505 Games
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