Bevor Capcoms beliebte Monster Hunter Reihe nächstes Jahr zurück auf die PS4 und andere System wandert, erhalten wir mit Monster Hunter Stories noch einen Ableger für Nintendos 3DS. Was wir von dem RPG halten, erfahrt ihr im Test.
Andere haben Ponies, oder Papageien…
… aber wir haben Monster! Ich komme aus einem kleinen, vom Rest der Welt abgeschiedenen Dörfchen, das gelernt hat, Freundschaften mit den gefährlichen Bestien zu schließen. Nachdem ich den entsprechenden Ritus durchlaufen habe, darf auch ich auf Monstern in den Kampf gegen größere Bedrohungen reiten und mich Rider, also Reiter, nennen. Natürlich werden mir erstmal nur kleinere Sammelquests aufgetragen und auch ein paar kleinere Monster müssen mal gejagt werden. Doch schon bald werde ich entsandt, um das Auftreten des bösartigen Pesthauchs zu untersuchen. Dieser verwandelt Monster nämlich in bösartige, wahnsinnige Kreaturen und verdirbt auch sonst Natur und Menschengemachtes, wo er nur auftaucht. Schon vor Abschluss meiner Rider-Ausbildung hatte er sogar die Mutter eines Freundes das Leben gekostet…
Steckt Handlung drin, wo Stories draufsteht?
Der Handlung wird in Monster Hunter Stories, wie man es bei dem Titel erwarten würde, mehr Platz eingeräumt als bei Spielen der Hauptreihe. Wie eben schon angedeutet, ist der Einstieg in das Spiel überraschend düster. Mit einem derart dramatischen Tod in einer fantastisch umgesetzten Cutscene hätte ich wirklich nicht gerechnet, denn das Spiel ist in einem sehr kindlichen Look gehalten. Und obwohl der Großteil des Spiels dann doch eher fröhlich und relativ bunt ist, finden sich diese dunkleren Töne immer wieder und sorgen für Spannung. Auch bei älteren Spielern. Mich jedenfalls konnte die Geschichte mit der gelungenen Inszenierung und interessanten, teils sehr schrulligen Charakteren gut bei der Stange halten. Es war für mich zu verzeihen, dass es gelegentlich etwas unlogisch wirkende Momente gab oder bestimmte Ereignisse vorhersehbar waren.
Der Duft der weiten Welt
Das liegt natürlich auch daran, dass das Spiel an sich überzeugt, sprich das Gameplay. Man folgt entweder der Handlung oder nimmt am Schwarzen Brett oder im Gespräch mit Dorf- und Stadtbewohnern Nebenquests an. Dann folgt optional die Vorbereitungsphase, in der man sich beim Schmied Rüstung oder Waffen kauft oder die verbessern lässt, die man schon hat. Oder man kauft noch Zutaten für Tränke ein. Auch ein Gebet am Gebetstopf kann nicht schaden. Wer etwas mehr Geld spendet, kann sogar einen besonders lang andauernden Bonus erhalten. Beispielsweise einen sechzig-minütigen Erfahrungsboost um 25 Prozent!
Anschließend schwingt man sich dann auf’s Monster der Wahl und reitet frei über die Weltkarte. Die Monster haben dabei teils unterschiedliche Fähigkeiten, mit denen sie bestimmte Hindernisse überbrücken können. Einige können über Abgründe springen, Felsbrocken zerstören, andere schwimmen oder Ähnliches. Die Kamera ist übrigens sowohl auf dem Mount als auch zu Fuß per Steuerkreuz in alle Richtungen frei beweglich.
In der Welt finden sich überall Materialien, die man sammeln kann, um sie entweder zu verkaufen, Questgebern zu bringen oder daraus neue Gegenstände herzustellen. Wer dabei absteigen will, kann das jederzeit, muss es aber nicht. Auf dem Mount lässt sich alles genauso erledigen wie zu Fuß. Nur schleichen, um schlechter entdeckt zu werden, kann man während des Reitens nicht.
Keine lästigen Zufallskämpfe
Natürlich streifen im Feld auch die wilden Monster umher. Besonders toll ist hier, dass sie wirklich permanent sichtbar sind und nach Belieben umgangen werden können. Somit entfallen lästige Zufallskämpfe komplett.
Handelt es sich jedoch um aggressive Monster, meistens Raubtiere, müssen wir aufpassen, nicht entdeckt zu werden. Sonst heften sie sich nämlich an unsere Fersen und verfolgen uns für eine Weile. Entscheidet man sich für den Kampf, bringt ein Sieg selbstverständlich Erfahrungspunkte und auch Materialien ein. Je besser dabei die Performance im Kampf, desto höher der Rang und desto größer die Belohnung.
Der Kampf folgt einem Schere-Stein-Papier Schema. Kraftangriffe obsiegen über Technik, Technik schlägt Geschwindigkeit und Geschwindigkeit schlägt Kraft. Zusätzlich gibt es auch Spezialangriffe und -aktionen, wie beispielsweise das Spucken eines Feuerballs oder das Anfeuern eines Gruppenmitglieds, um dessen Angriffskraft vorübergehend zu erhöhen. Und natürlich die oben beschriebene Bindung zwischen Rider und Monster, die besonders mächtige Spezialangriffe ermöglicht. Die unterscheiden sich übrigens sowohl in Sachen Kraft als auch Elementar-Effekten sowie in der Inszenierung. Es gibt seltsam-elegante wie das Gekreisel des Lagombis, irgendwie-coole wie das pfeilschnell zutretende Velocidrome und lustige wie das ausrutschende und in den Gegner polternde Aptonoth. Beim Reiten durch die Spielwelt unterscheiden sich die Animationen dabei übrigens auch! Hier findet man wirklich sehr viel Liebe zum Detail.
Brüt‘ sie dir alle!
Und sicher kann man die Monster auch fangen, wenn man sie geschwächt hat, richtig? Nein. Stattdessen kann man sie mit einem Farbball bewerfen. Am Ende des Kampfes besteht dann die Chance, dass sie Reißaus nehmen und in ihr Nest flüchten. Dieses wird dann auf der Minikarte markiert und kann vom Spieler betreten werden. Dort befinden sich dann am Ende der Höhle nicht nur viele Materialien, sondern auch Monster-Eier. Es kann aber nur eines mitgenommen werden. Zurück im Dorf kann es dann bei einem Felinen ausgebrütet und das geschlüpfte Monster noch umbenannt werden. Monster der gleichen Art können sich dabei nicht nur bezüglich ihrer Statuswerte, sondern auch ihrer aktiven und passiven Fähigkeiten unterscheiden.
Außerdem können Monster gewissermaßen kombiniert werden. Dabei werden die “Gene”, in diesem Fall die Fähigkeiten, des einen auf das andere übertragen. So kann dann beispielsweise ein feuerspuckendes Lagombi erschaffen werden. Das verleiht dem Spiel sehr an planerischer Tiefe und motiviert sehr, so viele Höhlen wie möglich zu erforschen. Auch an die Sammelwütigen wurde gedacht: in der Spielwelt haben sich kleine Schweinchen verirrt, sogenannte Poogies. Wer genug oder sogar alle findet, erhält verschiedene Belohnungen.
Toll präsentiert, von den Rucklern und Pop-Ups mal abgesehen
Ob in den schon erwähnten Cutscenes, bei der Erkundung der Wildnis, in den Städten oder in den Kämpfen selbst: das Spiel sieht einfach klasse aus. Sowohl die Charaktere als auch die Monster überzeugen nicht nur mit gutem Design, sie sind auch gut animiert und werden scharf dargestellt. Sehr schön ist auch, dass der Hauptcharakter selbst erstellt wird. Man kann also das Geschlecht und die Stimme wählen, sowie das Aussehen des Gesichts und der Haare anpassen. Es lässt sich im Menü sogar die Helmanzeige ein- und ausstellen, sodass das Gesicht trotz schwerer Rüstung immer zu sehen ist. Auch hier macht sich die Liebe zum Detail also bemerkbar.
Generell läuft Monster Hunter Stories angenehm flüssig und hat einen guten 3D-Effekt, der bis auf sehr wenige Ausnahmen auch durchgehend aktiv sein kann. Allerdings zwingt die verhältnismäßig große Spielwelt den 3DS des Öfteren in die Knie und sorgt für deutliche Ruckler. NPC-Modelle werden oft aus der Entfernung einfach nur als glatte blaue Mannequins dargestellt, deren Texturen erst beim Näherkommen geladen werden (getestet auf dem 3DS XL).
Als lustigen und meiner Meinung nach nicht zu nervigen Sidekick stellt Capcom den Ridern Navirou zur Seite. Zusätzlich zu seinen Auftritten in Dialogen und Cutscenes kann der Feline über den unteren Touchscreen stets nach dem aktuellen Missionsziel befragt werden. Wer nur in kürzeren Intervallen spielen möchte oder kann findet überall in der Spielwelt Katzavanen-Stützpunkte. An diesen kann zu anderen bereits entdeckten Stützpunkten gereist und gespeichert werden.
Farbball flieg?
Monster Hunter Stories kann seinem Namen mit seiner sehr gut inszenierten und insgesamt soliden Handlung gerecht werden. Die Spielwelt ist recht groß und lädt zu ausgiebiger Erkundung ein, um die verschiedensten Monster zu finden. Die sind natürlich auch die großen Stars des Spiels, überzeugen durch eine frische Fangart in Form des Nestplünderns und unterscheiden sich individuell. Dadurch, dass man sie selbst ausbrütet, sie benennt und dann mit ihnen durch die Welt reitet, baut man tatsächlich eine Bindung zu ihnen auf.
Das an sich sehr einfach zu verstehende und somit einsteigerfreundliche Kampfsystem macht Spaß und gewinnt durch Items und Genübertragungen an Tiefe. Wenn man sich gut vorbereitet, muss man auch nicht grinden, um schwerere Gegner zu besiegen. Außerdem eignet Monster Hunter Stories sich sowohl für das lange Spielen am Stück als auch für kurze Partien. Bis auf den gelegentlichen technischen Schluckauf habe ich persönlich nichts an dem Spiel aussetzen. Ich hoffe auf weitere Stories! Vielleicht ja auch mal auf der Switch oder anderen großen Konsolen?
Infobox:
- Titel: Monster Hunter Stories
- Entwickler: Capcom
- Publisher: Nintendo
- Release: 08.09.2017
- Plattform: 3DS
- USK: 6
- Genre: JRPG
- Sprachausgabe: Audio Fantasiesprache, Text Deutsch
- Multiplayer: online & lokal, gegeneinander
- Besonderheiten: Amiibo-Unterstützung (Materialien im Spiel)
Bildquellen: Capcom, Nintendo
Lars Baumgart