Microsoft besucht die E3 2017 mit einem großen Ziel: Der US-amerikanische Konzern will die Gamer-Gemeinschaft davon überzeugen, dass die Xbox One X die Welt verändern wird – oder zumindest einen Kauf wert ist.
So wartete man auf der Pressekonferenz auch nicht lange, um die Katze aus dem Sack zu lassen: Project Scorpio erscheint weltweit am 7. November unter dem Namen Xbox One X zu einem deftigen Preis von $499. Die „leistungsfähigste Konsole aller Zeiten“ bringt 6 Teraflops auf die Grafikwaage, verfügt über 9GB-RAM, ist wassergekühlt, besitzt das kleinste Gehäuse aller Xbox One-Konsolen und ist rundherum ein kleines Powerhouse. Echtes 4K-Gaming ist das angestrebte Ziel.
In den nachfolgenden anderthalb Stunden, in denen Microsoft Trailer an Trailer reihte und stolze 42 Spiele präsentierte, konnte eine Frage trotz der puren Masse jedoch nicht ganz beantwortet werden: Ja, aber warum brauche ich denn nun ausgrechnet eine Xbox One X? Warum sollte ich die knapp 500 Euronen nicht lieber in eine neue — noch potentere — Grafikkarte für meinen PC stecken?
Die angestrebte Zielgruppe für die Xbox One X wirkt diffus. Die Xbox One X ist die leistungsfähigste Konsole auf dem Markt, aber eben auch alles andere als günstig. Dem Bild einer Videospielkonsole – solide Technik zum vergleichsweise günstigen Preis – entspricht das nicht. Laut Microsoft ist das kein Problem: Die Zielgruppe der Xbox One X sind schließlich die Technik-Enthusiasten, die Pixelzähler und Framerate-Fanatiker. Eben jene Zielgruppe, die viel Geld für ihr geliebtes Hobby ausgibt, um die neuesten Spiele in der bestmöglichen Qualität spielen zu können.
Doch ist es nicht gerade diese Zielgruppe, die ohnehin bereits auf High-End-PC-Technik setzt? Microsoft läuft in Gefahr, mit der Xbox One X eine Konsole abzuliefern, die für den Massenmarkt zu teuer ist, gleichzeitig für den echten Enthusiasten nicht genug bietet.
Anthem – Gameplay-Trailer auf Xbox One X
Dieses Gefühl wird durch das Fehlen echter Software-Aushängeschilder nur noch verstärkt. Microsoft zeigte zwar eine schiere Masse an Titeln, doch große Highlights und exklusive Neuankündigungen machten sich rar. Das größte Spiel des Abends – Anthem von Bioware – erscheint wie das Gros der Software auch für PS4 und PC. Auf Xbox-exklusive Spiele verzichtet Microsoft ohnehin seit geraumer Zeit. Alles, was für die Xbox One erscheint, kommt auch für Windows 10. Das ist toll für PC-Fans, lässt die Xbox gleichzeitig aber auch weniger wichtig erscheinen. Wer den nächsten Xbox-Knaller in bester Grafik genießen möchte, braucht dafür keine Xbox One X – ein PC macht mit passender Hardware sogar einen noch besseren Job.
Aus dem 1st-Party-Fundus zeigte Microsoft allgemein kaum etwas Neues: Forza geht in die siebte Runde und das zauberhafte Ori bekommt einen Nachfolger. Spiele wie Crackdown 3, Sea of Thieves oder State of Decay 2 wurden hingegen schon zum wiederholten Male gezeigt. Das erhoffte Knaller-Aufgebot an neuen 1st-Party-Spielen zum Xbox One X-Launch blieb leider aus. In dieser Hinsicht wirkte das Microsoft-Aufgebot sogar mager wie nie.
Microsofts gestriger Auftritt verschrieb sich ganz den Games, Games, Games konnte dabei jedoch nicht daüber hinweg täuschen etwas schal zu wirken. Als wolle man mit schierer Masse über ein etwas dürftiges Line-Up hinwegtäuschen. Eine solide Show war das zwar allemal, aber der große Wurf, den man sich von Microsoft erhoffte, blieb leider aus.
Bildquelle: Microsoft