Als Fans japanischer Rollenspiele hatte man es in diesem Jahr nicht leicht. Zwar konnte man sich über einige hochkarätige Ankündigungen freuen, tatsächlich erschienen ist aber wenig Herausragendes. Umso besser, dass Nintendo zum Jahresende noch zwei JRPG-Asse im Ärmel hat: Neben dem langerwarteten Xenoblade Chronilcles X werden die Klempnerbrüder Mario & Luigi in ein weiteres Rollenspiel-Abenteuer geschickt. Im neusten Teil der Serie erhalten sie tatkräftige Unterstützung von Paper Mario, den es durch einen Unfall in die 3D-Welt verschlagen hat. Doch wird das Spiel den hohen Erwartungen an ein solches Crossover gerecht?
Papierstau im Pilzkönigreich
Das Spiel beginnt in Prinzessin Peachs Schloss, wo Luigi bei einer Schädlings-Bekämpfungsaktion ein Buch auf den Kopf fällt, welches die Papier-Welt der Paper Mario Serie beinhaltet. Das Buch öffnet sich und die Bewohner der Papierdimension werden im gesamten Pilzkönigreich verteilt, was nicht nur für einiges Chaos und Verwechslungen sorgt, sondern auch die Verdopplung von Bowsers Handlangern zur Folge hat. Nach anfänglichen Streitereien beschließen die beiden Koopa-Könige nämlich ihre Kräfte zu bündeln, die Prinzessinnen zu entführen und den Mario-Brüdern gemeinsam die Stirn zu bieten. Mario & Luigi stellen sich Bowser natürlich mutig entgegen, treffen dabei auf Paper Mario und das Abenteuer kann beginnen.
Konfrontationen tragen wir wie schon bei den Vorgängern in einem speziellen Kampfbildschirm aus. Mit Hammer, Sprungkraft und diversen Spezialfähigkeiten ausgestattet gilt es dort in rundenbasierten Kämpfen Bowsers Schergen das Handwerk zu legen. Wichtig ist hier vor allem das Timing: Wer im richtigen Moment die Aktionstasten drückt, kann beim Angriff zusätzlichen Schaden verursachen, Koopa-Panzern ausweichen oder anfliegende Bomben zurück zum Gegner werfen. Der Neuzugang Paper Mario fügt sich hier als dritter Charakter in das bekannte Kampfsystem ein. Zwar verfügt er über nicht ganz so viele HP wie die 3D-Brüder, kann aber Kopien von sich anfertigen, die Gegner, um Schaden zu verursachen, erst erledigen müssen. Außerdem erweitert er die minispielartigen Team-Aktionen der Klempner um Trio-Attacken, welche hohen Schaden verursachen, in ihrer Ausführung aber besonders kniffelig sind.
Neu hinzugekommen ist zudem das Kampfkartensystem. Hierfür baut ihr euch ein Deck aus Karten mit Fähigkeiten wie Direktschaden, zusätzlichen EXP nach dem Kampf oder Regeneration, die gegen Sternenenergie, die in den Kämpfen aufgebaut wird, eingesetzt werden können. An dieser Stelle setzen auch die Amiibo-Bonusfunktionen an. Wer Amiibos der Mario-Serie besitzt, kann diese nutzen, um sich besonders starke Karten zu erstellen. Wer jetzt befürchtet, die Kampfboni drücken den Schwierigkeitsgrad zu sehr, kann beruhigt sein: Mir lächelte bei meinem Durchgang oft genug der Game-Over Bildschirm entgegen. Wer zu vielen Kämpfen aus dem Weg geht, wird schnell bei den fordernden Bosskämpfen Probleme bekommen. Hier zeigt das Konter-System seine Schattenseiten, denn zum Ausweichen müsst ihr die Angriffsmuster eurer Gegner kennen, was sich bei Bossen schwierig gestaltet. Für jüngere Spieler hat man vermutlich auch deshalb einen einfachen Modus eingebaut, der mit Spielerleichterungen wie mehr Reaktionszeit während den Kämpfen aufwartet und jederzeit Ab- und Angeschaltet werden kann.
Go Go Mario-Ranger!
Abseits der Rundenkämpfe ist ebenfalls für Abwechslung gesorgt. Wir laufen mit Yoshi um die Wette, müssen in Stealth-Abschnitten Papier-Toads einsammeln ohne vom Gegner gesehen zu werden oder liefern uns Super Sentai inspirierte Sumo-Kämpfe in „Karton-Koloss“ genannten Papp-Robotern. Dieser Ideenreichtum ist es, der dafür sorgt, dass sich die Serie in ihrer fünften Inkarnation auch ohne Gameplayexperimente wie dem Gyroskopeinsatz im Vorgänger „Dream Team Bros.“ immer noch frisch anfühlt.
Abgerundet wird das Paket vom serientypischen Humor, der im Vergleich zu anderen Nintendo-Spielen ein wenig anarchischer daher kommt: Wenn Peach z.B. ihre Entführung mit den Worten „Oh, wir sind an diesem Teil der Geschichte angelangt“ kommentiert oder ein theatralischer Toad mit einem nicht enden wollenden Textschwall erklärt, wie man Dialogszenen überspringt, wird schnell klar, dass sich das Spiel selbst nicht ganz ernst nimmt. Alles in allem sollte „Mario & Luigi: Paper Jam Bros.“ nicht nur Serienfans glücklich machen, sondern allen JRPG-Freunden gelungene Unterhaltung für die Feiertage bieten. Einzig Paper Mario Fans könnten ein wenig enttäuscht sein, dass sich AlphaDream für das Crossover lediglich der Charaktere, nicht aber Gameplayelementen der anderen Mario-RPG-Reihe bedient.
Benjamin Wilhelm
Bildquelle(n): © Nintendo of Europe GmbH