Als Ubisoft auf der E3 vor zwei Jahren For Honor ankündigte, war ich sehr interessiert. Der nicht nur ambitionierte, sondern auch durch ein erfrischend anderes Kampfsystem glänzende Titel hatte es mir sofort angetan. Nun ist For Honor seit knapp zwei Wochen auf dem Markt und ich hatte die Möglichkeit es ausgiebig zu testen. Doch schafft es die Keilerei der größten Krieger der Geschichte, etwas aus dem interessanten Setting und Kampfsystem zu machen oder versinkt For Honor im Einheitsbrei?
Ein Ritter, ein Wikinger und ein Samurai gehen in eine Bar
Was im ersten Moment wie ein dummer Witz klingen mag, könnte genauso gut der Ursprung für das Setting von For Honor gewesen sein. Ritter, Wikinger und Samurai mögen zwar allesamt im Laufe der Geschichte große Krieger gewesen sein, jedoch sind sie nie aufeinander getroffen. For Honor versucht dies zu ändern.
In der Welt von For Honor leben alle drei dieser kriegerischen Völker zusammen und führen seit Jahrhunderten Krieg. Warum sie in einer Welt leben, ob das immer so war, oder die Folge eines Kataklysmus darstellt, wird leider nie erklärt. Der ewige Krieg zwischen den drei Fraktionen ist jedoch Thema des Storymodus.
Warum kämpfen wir? Öhm, keine Ahnung, wir kämpfen halt einfach.
Der Grund für den bereits angesprochenen Krieg wird leider in der Geschichte von For Honor nicht angesprochen. Doch worum geht es dann?
Der drei Kapitel umfassende Storymodus, für jede Fraktion eins, führt euch gegen die Kriegstreiberin Appollyon. Diese hat es sich zum Ziel gesetzt, den Krieg immer weiter zu schüren. Warum sie dies möchte wird allerdings an keiner Stelle behandelt.
Die Geschichte wird dabei leider sehr zusammenhangslos erzählt und ergibt stellenweise leider auch wenig bis keinen Sinn. So verteidigt ihr in der ersten Mission der Ritter eine Burg gegen die böse Blackstone Legion, nur um euch dieser am Ende der Mission anzuschließen. Ein Grund für den plötzlichen Sinneswandel wird nicht genannt.
Im Verlauf der Geschichte wechselt ihr alle paar Missionen den Charakter. Auf diese Weise bekommt ihr einen ganz guten Eindruck davon, was die verschiedenen Charakterklassen so können und was nicht. Allerdings kommt ihr darüber nur in den Genuss 8 der insgesamt 12 Klassen zu testen. Die anderen 4 müsst ihr bei Bedarf im Multiplayermodus erst kaufen, um sie anzuspielen.
Die recht dünne Geschichte und der ständige Figurenwechsel stören leider ein wenig. Dadurch wirkt der Modus für mich wie ein reines Pflichtprogramm für ein eigentliches Multiplayerspiel.
Gebietskonflikte, Duelle und sonstige Scharmützel
Doch kommen wir zum Herzstück von For Honor: Dem Mehrspielermodus.
Im Mittelpunkt des Multiplayermodus steht der Fraktionskonflikt. Dieser spiegelt den ewigen Krieg in der Welt von For Honor wider.
Auf einer großen, aus vielen kleinen Gebieten bestehenden Karte sind die Territorien der einzelnen Fraktionen eingezeichnet. Jeder ausgetragene Kampf kann potentiell die Besitzverhältnisse der Gebiete verändern. Für welche Fraktion ihr kämpft, müsst ihr zu Spielbeginn wählen. Diese Wahl lässt sich später zwar nicht mehr ändern, spielt jedoch auch keine große Rolle. Ob ihr für die Ritter, Wikinger oder Samurai in die Schlacht zieht, hat keinen Einfluss darauf, welche Klassen ihr wählen könnt. So könnt ihr zum Beispiel auch eine Wikinger-Walküre sein, die für die Samurai kämpft.
Die Schlachten werden hierbei in Saisons ausgetragen, die immer zehn Wochen dauern und in jeweils zweiwöchige Runden aufgeteilt sind. Am Ende jeder Runde und Saison gibt es Belohnungen für die erfolgreichste Fraktion.
Die Art dieser Schlachten richtet sich wie bei jedem Mehrspielertitel nach dem gewählten Spielmodus. Zur Wahl stehen euch dabei Dominion, Brawl, Duel, Skirmish und Elimination.
Dominion stellt eine Vier gegen Vier Schlacht dar, in der strategische Punkte eingenommen werden wollen. Unterstützt werden die beiden streitenden Fronten dabei von gewöhnlichen Soldaten, die sich mit einem Schlag töten lassen und sich von euch hauptsächlich durch ihre Größe unterscheiden. Aus einem unerfindlichen Grund sind nämlich alle diese Soldaten einen Kopf kleiner als die spielbaren Helden.
Brawl und Duel sind einfache Mann gegen Mann Kämpfe. Diese finden im Zwei gegen Zwei, beziehungsweise Eins gegen Eins Modus statt.
Skirmish könnte genauso gut Death Match heißen. Auch hier wird Vier gegen vier gekämpft, allerdings punktet ihr durch das Töten der Gegner statt dem Einnehmen von Positionen.
Elimination ist ein Sudden Death Modus, in dem das Team gewinnt, das als erstes das andere getötet hat. Hier gibt es keine Respawns.
Schwert und Hut, steh‘n mir gut!
Für abgeschlossene Schlachten erhaltet ihr Punkte, die für Vorräte ausgegeben werden können. Das sind Ausrüstungspakete, die Gegenstände enthalten, mit denen ihr euren Charakter verbessern könnt. Ihr erhaltet dadurch Boni auf bestimmte Statuswerte und könnt das Aussehen eurer verschiedenen Helden anpassen.
Die Ausrüstungspakete könnt ihr nicht nur durch Ingame-Währung kaufen, sondern auch per Mikrotransaktionen für echtes Geld.
Innovatives Kampfsystem oder wildes Herumgefuchtel?
Das meistbeworbene Feature von For Honor ist das einzigartige Kampfsystem. Das besonders taktische „Art of Battle“-System basiert darauf, dass ihr eure Waffe links, rechts oder oben haltet und hoffend darauf, dass euer Gegner es euch nicht gleichtut, euren Feind aus der betreffenden Richtung angreift. Hält euer Kontrahent seine Waffe in die gleiche Richtung wie ihr, blockt er euren Schlag ab.
Frei nach dem Motto „hard to learn, even harder to master“ erfordert das Kampfsystem einiges an Gewöhnung und Training. Allerdings hat mir der Großteil meiner Mehrspielerpartien, die nicht von Serverproblemen unterbrochen wurden, bewiesen, dass das Ganze leider schnell zu wildem Herumgefuchtel ausarten kann. Dieses endet meist damit, dass einer keine Ausdauer mehr hat und der andere ihm den Schädel einschlägt.
Fazit – For Honor
For Honor besticht durch ein neues, unverbrauchtes Setting, das jedoch leider nicht ganz bis zum Ende durchdacht wurde. Statt interessanter Geschichte der ungewöhnlichen Welt, gibt es zusammenhangslose Missionen nach Schema F. Der Mehrspielermodus gibt durch das Fraktionskampfsystem Motivation für längeres Spielen, wenn die Server nicht weiterhin Probleme haben und die Schlachten vorzeitig beenden.
Das erfrischend andere Kampfsystem ist leider selten gewünscht taktisch und artet schnell in Fuchtelei aus, was zumindest bei mir schnell zu Frust führt. Optisch macht der Titel zwar einiges her, jedoch lässt das allgemeine Gameplay meiner Meinung nach einiges zu wünschen übrig, sodass ich mir nicht sicher bin, ob For Honor sich zu dem Franchise entwickeln wird, das Ubisoft gern daraus machen will.
Infobox:
- Titel: For Honor
- Publisher/Entwickler: Ubisoft
- Release: 14.02.2017
- Plattform: PS4, XBOX ONE, PC
- USK: 18
- Genre: Action, Hack-&-Slay
- Sprachausgabe: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Japanisch
Bildquelle(n): Ubisoft