Ich hoffe ihr habt die letzten drei Monate genutzt, um das Dragon Quest VII-Epos durchzuspielen. Denn seit dieser Woche steht auch schon die 3DS-Version von Dragon Quest VIII: Die Reise des verwunschenen Königs im Händlerregal. Nachdem wir lange Jahre auf neue Dragon Quest-Rollenspiele warten mussten, gönnen Square Enix und Nintendo uns nun keinerlei Verschnaufpause. Puh! Doch ist die Handheld-Umsetzung des PS2-Klassikers überhaupt gelungen?
Dragon Quest ist in Japan die erfolgreichste Rollenspielreihe, die nicht Pokémon heißt. Die traditionsreiche Serie, die im fernen Osten seit 30 Jahren begeistert, kann jedoch in Europa auf keine lange Tradition zurückblicken. Denn erst im April 2006 erschien mit Dragon Quest VIII der erste Hauptableger der Reihe auch in unseren Breitengraden. An die großen Erfolge der Final Fantasy-Reihe konnte man damals zwar nicht anknüpfen, doch mit seiner zauberhaften Grafik, tollem Soundtrack und einer weitläufigen Welt gewann es schnell einen Platz in den Herzen vieler Spieler.
Früher war mehr Glanz
Und so kommen wir direkt zu zwei Negativpunkten, die die 3DS-Neuauflage bietet. Denn an die Grafikqualität des PS2-Originals kann diese nicht heranreichen. Die Umgebungsvegetation ist reduziert, die Charaktermodelle weniger detailliert, die Farbwahl weniger stimmig und die niedrige Auflösung des 3DS-Bildschirms tut dem Spiel ebenfalls keinen Gefallen. Das Resultat sieht immer noch schick aus – insbesondere auch, weil komplexe 3D-RPGs dieser Machart auf dem 3DS eine Seltenheit sind –, aber eben nicht mehr ganz so schick wie anno dazumal.
Der zweite Kritikpunkt betrifft den Soundtrack. Bezauberte uns das PS2-Original mit wundervollen Orchester-Melodien, bietet die 3DS-Version lediglich MIDI-Musik. Das ist bizarr. Denn für die japanische Veröffentlichung hatte Square Enix eine vollständig neue Orchester-Aufnahme des Soundtracks angefertigt, die aus unerklärlichen Gründen jedoch nicht den Sprung über den Teich geschafft hat. Die MIDI-Stücke sind zwar von hoher Tonqualität, enttäuschend bleibt dieser Schritt jedoch trotzdem. Die tolle Synchro im britischen Englisch ist natürlich auch auf dem 3DS wieder dabei.
Damit sind die Kritikpunkte an der 3DS-Version jedoch auch bereits aus dem Weg geräumt: Denn Dragon Quest VIII ist und bleibt auch auf dem Nintendo-Handheld ein erstklassiges Rollenspiel und dank kluger Änderungen dem PS2-Konterpart sogar ein gutes Stück überlegen.
Flotter und komfortabler als damals
Fühlte es sich auf der PS2 immer merkwürdig an, auf der weitläufigen und detaillierten Oberwelt in Zufallskämpfe verwickelt zu werden, wuseln Monster nun sichtbar durch die Gegend. Wenn man keine Lust auf Kämpfe hat, kann man so auch einfach mal in Ruhe die Umgebung erforschen.
Apropos Kämpfe: Auf der PS2 zogen sich diese gerne einmal in die Länge, zusätzliche Ladezeiten taten ihr Übriges, den Spielfluss ins Stottern zu bringen. Diese Probleme sind auf dem 3DS passé: Die Kämpfe gehen nicht nur regulär deutlich flotter von der Bühne, auf Wunsch kann man sogar in den rasent schnellen Fast-Forward-Modus schalten. Das spart Nerven und wertvolle Lebenszeit – eine mehr als willkommene Veränderung. Komfortverbesserungen gibt es darüber hinaus auch beim Alchemie-Pott, der nun geschwind zu bedienen ist.
Wer keine Lust hat, zum Speichern in die Kirche zu laufen, kann nun außerdem vom praktischen Quick-Save-Feature Gebrauch machen.
Neben neuen Kniffen im Gameplay gibt es zudem auch zwei neue Party-Mitglieder, einen neuen Dungeon, sowie ein alternatives Ende.
Ich glaub mich tritt ein Pferd – Pardon, eine Prinzessin
An dem Grundgerüst von Dragon Quest VIII gibt es heute wie damals kaum etwas zu meckern. Die Story um einen König, der in einen Frosch verwandelt wurde, einer Prinzessin, die sich plötzlich als ungelenkes Pferd wiederfindet und einem Helden, der mit der merkwürdigen Royalität durch die Welt zieht, ist heute wie damals charmant wie spannend präsentiert und wird von sympathischen Charakteren getragen. Dragon Quest-typisch gibt es natürlich auch unzählige Städte zu besuchen, die alle unter ihren eigenen kleinen Problemchen leiden.
Das Gameplay ist JRPG-Kost der ganz klassischen Schule: Durch Welt und Dungeons streichen, Schatztruhen öffnen, Dialogen lauschen, in rundenbasierten Kämpfen Monster schlachten und erstaunt feststellen, dass plötzlich bereits 50 Stunden vergangen sind. Wer große Innovationen sucht, wird bei Dragon Quest VIII: Die Reise des verwunschen Königs nicht fündig. Aber es ist ja auch gerade das klassische Feeling, welches die Spielreihe ausmacht. Kaum ein anderes Spiel gibt einem so sehr das Gefühl, die wunderschöne 3D-Version eines SNES-Rollenspiels der guten, alten Zeit zu spielen.
Dragon Quest VIII – Fazit
Dragon Quest VIII ist heute wie damals ein erstklassiges Rollenspiel: Daran ändert sich auch auf dem 3DS nichts. Technisch kann die Handheld-Version nicht ganz mit dem PS2-Original mithalten, doch im Gegenzug entschlackte man das Gameplay um nervige Altlasten. Zähflüssige Zufallskämpfe oder langwierige Alchemie-Animationen gehören so endlich der Vergangenheit an. Veteranen können sich zudem über kleinere Zusatzinhalte freuen. Ob das für Kenner einen erneuten Kauf rechtfertigt, sei dahingestellt. Frischlinge jedoch dürfen sich auf die beste Version eines ganz wunderbaren Rollenspiels klassischer Schule freuen.
Bildquelle(n): Square Enix