Zehn Monate sind vergangen, und endlich bekommen wir alle wieder unseren jährlichen Game Of Thrones-Fix. Zum ersten Mal begeben wir uns in komplett unbekannte Gewässer, denn während einige Handlungsstränge, wie der Krieg in den Riverlands oder Euron Greyjoy, aus früheren Büchern recyclet werden, ist die Haupthandlung um den Krieg im Norden, Daenerys’ Situation in Mereen und die Geschehnisse in King’s Landing, ab dieser Staffel den Büchern voraus. Doch was hat die erste Folge tatsächlich zu bieten?
Vorsicht, es folgen SPOILER zur neuen Episode
Alte Bekannte
Wie üblich ist die erste Folge ein Potpourri aus Szenen mit so vielen Orten und Charakteren wie möglich. Game Of Thrones ist es sehr wichtig, in den Staffel-Auftakten ein Wiedersehen mit allen Hauptcharakteren zu ermöglichen, die nur irgendwie in eine Stunde reinpassen. Dabei jongliert “Die Rote Frau” dieses Jahr äußerst effizient einen Mix aus Abschlüssen von Plots der letzten Staffel und Anfängen von neuen Stories. Keine Szene in dieser ersten Folge fühlt sich unnötig an, selbst Aryas und Margaerys kleine Auftritte scheinen größere Entwicklungen anzukündigen.
Game of Thrones – Fokus der ersten Episode
Neben den obligatorischen Begrüßungen des Casts in die neue Staffel, hat “Die Rote Frau” vor allem zwei sehr wichtige Events:
Der Dorne-Putsch: Ellaria Sand und die “Sand Snakes” waren in Staffel 5 bei den Fans mit Abstand das unbeliebteste Element der Show. Schwaches Drehbuch, schwache Struktur, schwaches Schauspiel und starke Simplifizierung von wichtigen Buch-Charakteren stieß vielen übel auf. Und gerade wenn man dachte, die Showrunner hätten ihre Lektion gelernt, werden Doran Martell und Areo Hotah ermordet, bevor sie in der Show auch nur ansatzweise etwas zu tun bekamen. Extrem schade, da gerade Alexander Siddig sehr viel versprechende Arbeit als Oberyns kränkelnder Bruder leistete. Hoffen wir, dass die Sand-Snakes diese Staffel ein bisschen besser davon kommen, der Anfang scheint aber zunächst misslungen.
Der Mord an Jon Snow: Seit nunmehr fünf Jahren basteln sich Fans der Bücher schon Theorien, ob und wie Jon Snow von den Toten auferstehen wird. Die Show nimmt es nun auf sich, dieses Mysterium zu lüften und schon die erste Folge winkt heftig mit dem Zaunpfahl, dass Jons Geschichte noch nicht zu Ende ist. Nachdem Ser Davos seine Leiche findet und sie mit Melisandre inspiziert, werden dem Zuschauer wichtige Informationen nicht gegeben, denn 40 Minuten später sind Davos und eine Hand voll Verbündeter bereit, ihr Leben für Jons Leiche zu opfern. Warum sollte seine Leiche so wichtig sein? Der Zuschauer weiß es nicht. Oder, um ehrlich zu sein: Wir wissen es alle ganz genau.
Der Twist, dass Melisandres Äußeres nur eine Illusion ist war nicht zwingend vorherzusehen, aber auch nicht wirklich überraschend.
Die anderen Handlungen:
Über die anderen Szenen ist insgesamt nicht viel zu sagen. Tyrion und Varys erklären dem Zuschauer noch Mal im Detail die politische Lage Mereens, Ramsay Bolton muss den Verlust seiner Gespielin und seiner Ehefrau verarbeiten und besagte Ehefrau, Sansa, wird in einer überraschend spektakulären Sequenz von Brienne und Podrick vor Bolton-Soldaten gerettet. Tatsächlich ist diese Szene eine der besten der Folge, auch wenn dies nun schon das vierte Mal ist, dass Brienne zufällig der Person über den Weg läuft, die sie gerade sucht. Daenerys ist in Gefangenschaft von Dothraki, die merkwürdig humorös und albern dargestellt werden. Wichtig ist, dass sie erfährt, nach Vaes Dothrak gebracht zu werden, um dort den Rest ihres Lebens mit den anderen Witwen der Khals zu verbringen. Die Super Daario Bros. haben aber bereits die Verfolgung aufgenommen. In King’s Landing fällt Jaime seinen Gefühlen schon wieder zum Opfer und lässt sich von Cercei einlullen, die aber immerhin sehr viel Menschlichkeit zeigt. Der Moment in dem sie realisiert, dass ihre Tochter tot ist, ist eine Meisterleistung an schauspielerischer Finesse.
Fazit: Handlung, Handlung und noch mehr Handlung
“Die Rote Frau” liefert ziemlich genau, was man erwartet oder erhofft hätte. Wie immer in Folge Eins einer neuen Staffel muss viel Zeit verbracht werden, den aktuellen Status Quo der Charaktere zu zeigen. Das war schon immer so, damit muss man leben. Und dabei wurden sogar noch Szenen ausgelassen. Wir haben Brandon immer noch nicht gesehen und die Ironborn haben sich auch noch nicht gezeigt. Einen Flashback gab es auch noch nicht, obwohl diese Staffel wohl mindestens drei stattfinden werden, viele rechneten bereits mit einem in Folge Eins.
Alles in allem hat es “Die Rote Frau” geschafft, das eher unterdurchschnittliche Niveau, auf dem wir uns vor einem Jahr verabschiedet hatten, wieder ein bisschen zu heben. Ungehindert von den Büchern scheint Game Of Thrones dieses Jahr die Flügel auszubreiten und sich ein bisschen freier zu bewegen. Wenn dabei aber weiterhin Ergebnisse wie der Dorne-Putsch rauskommen, könnten die Showrunner, David und Dan, noch mehr Buch-Fans verlieren als letzte Staffel sowieso schon. Wir können gespannt sein.
RIP
Doran Nymeros Martell
Areo Hotah
Trystane Nymeros Martell
Sympathie für Ellaria Sand
Melisandres Attraktivität
Felix Thörl
Bildquelle(n): HBO