Es ist so weit. Die berüchtigte Folge 9. Bisher hatte jede neunte Folge einer Game Of Thrones Staffel etwas sehr besonderes und meist schockierendes zu bieten. Von Ned Starks Hinrichtung über die Red Wedding zu Shireens Opferung, Folge 9 versprach stets unterhaltsame Reaktionsvideos auf Youtube und auch dieses Jahr wird es diese sobald dieser Artikel veröffentlicht ist, schon zuhauf geben. S06 E09 “Die Schlacht der Bastarde” (Battle of Bastards) ist eine besondere Folge, in der wir nur zwei Handlungsorte sehen: Mereen und Winterfell. Dadurch können wir mehr ins Detail gehen als je zuvor, aber vorsicht:
Our Spoilers are Sharp
The Battle Of Fire
Kennt das nicht jeder? Da kommt man gerade von seinem Urlaub im Dothrakischen Meer zurück und was findet man vor? Die Heimat unter Beschuss. Und Daenerys Targaryen ist nicht gerade für ihr sanftes Temperament bekannt. Danys Szenen funktionieren in dieser Folge außerordentlich gut. Sie ist streng, aber verständnisvoll. Sie ist stark, aber nicht gnadenlos. Und sie ruht sich nicht nur auf ihrem Geburtsrecht aus, sondern unternimmt etwas. Kämpferisch, sowie politisch. Man kann darüber hinwegsehen, was für einen gigantischen Wachstumsschub Drogon in jeder Folge macht – die Drachen-Sequenz ist die beste, die die Show bisher zu bieten hatte. Die Epik ist da, die Musik und der Schnitt sind perfekt und die Effekte sind zwar aus finanziellen Gründen nicht auf Film-Niveau, aber deutlich besser als in der letzten Staffel. Alle Szenen stimmen.
Danys Besprechung mit Tyrion? Brillant umgesetzt mithilfe der Geräuschkulisse. Die Verhandlung mit den Meistern? Gibt jedem Schauspieler den Raum, den er braucht um etwas Aufmerksamkeit zu bekommen.
Die Verhandlung zwischen Dany und den Greyjoys? Traumhaft. Game Of Thrones hat schon lange keine Szene mehr gezeigt, die so tight geschrieben, gespielt und geschnitten wurde. Vier Personen stehen sich gegenüber und der Dialog ist interessant, spannend, lustig, mehrschichtig, treibt die Handlung voran UND teased eventuelles Interesse zwischen Dany und Yara? Was will man mehr?
Es ist allgemein schön zu sehen, dass Peter Dinklage (Tyrion) und Alfie Allen (Theon) endlich wieder ordentlich was zu tun bekommen und ihre schauspielerischen Leistungen profitieren sichtbar vom außerordentlich starken Drehbuch.
The Battle of Ice
So, kommen wir zum Kernstück dieser Folge. Das große Main-Event des Abends: Bastardbowl. Es gibt Stärken, es gibt Schwächen. Was überwiegt?
Action-Spektakel der Meisterklasse
Die größte Stärke von “Die Schlacht der Bastarde” ist Regisseur Miguel Sapochnik. Dem recherchefreudigen Game Of Thrones Experten aus “Hardhome” (der besten Folge der fünften Staffel) bekannt, führte er für diese Folge zum vierten Mal Regie in Westeros. Und es ist nicht schwer ersichtlich wie viel ihm diese Folge zu verdanken hat. Die Einzelteile stimmen: Drehbuch, Musik, Schnitt, Schauspiel, Effekte, Stunts, etc… aber es bedarf eines besonderen Talents, all diese Fragmente so stimmig und breit gefächert zusammenzusetzen wie es Sapochnik tut. Die Schlacht um Winterfell ist für eine TV-Serie eine monumentale Errungenschaft, wie schon Hardhome und die Schlacht von Castle Black vor ihr. Die Kampfsequenzen sind beeindruckend, meistens realistisch und in guter Game Of Thrones Manier unschön und dreckig. Haarige Männer in Leder-Wämsen rennen ziellos umher und versuchen alles abzustechen, was sich bewegt. Der Schildwall der Boltons ist ein eindrucksvolles Bild und die Berge an Leichen sind zwar für die Größe der Armeen etwas übertrieben, aber ein schauriges Setting. Auch die Szenen vor der Schlacht sind prägnant und wichtig, Allen voran das Parlay zwischen Jon und Ramsay.
Logiklücken und Fanservice
Noch bevor die eigentliche Schlacht anfängt erfahren wir, was wir schon länger befürchtet hatten: Rickon war komplett nutzlos. Zugegeben, ihn als Köder für Jon zu benutzen ist eine clevere Idee und ergibt Sinn, aber man hatte neun Folgen Zeit, ihm zumindest EINE Szene zu geben und er sagt in seinen zwei kurzen Auftritten kein Wort. Das ist schwach. Während es dennoch nicht schön war, ihn sterben zu sehen, hätte sein Tod deutlich mehr Impact gehabt, wenn wir Rickon wirklich gekannt hätten. Und ein Tipp an alle, die sich Mal in seiner Lage befinden: In einer geraden Linie zu laufen ist nicht zwingend die beste Idee.
Ebenfalls keine gute Idee ist es, nicht nur sich selbst, sondern das Wohl seiner gesamten Armee aufs Spiel zu setzen, weil man seine Emotionen nicht unter Kontrolle hat, JON! Nachdem ihn Sansa sogar warnt, fällt Jon enttäuschenderweise auf die billigste Masche herein und überlebt diese schlechte Entscheidung nur aus purem Glück, aber erst nachdem er seinen gesamten Schlachtplan über den Haufen wirft. Ob ihn nach dieser Schlacht noch irgendjemand als Kommandant haben will, ist fraglich. Aber wo wir gerade Sansa erwähnen: Es stellt sich heraus, dass das Geheimhalten einer riesigen Vale-Armee (die sich durch den halben Norden bis nach Winterfell geschlichen hat ohne dass Ramsay davon erfuhr) überhaupt keinen Sinn ergab und somit auch Sansa unnötig viele Leben aufs Spiel setzte, bisher ohne erkennbaren Grund.
In Anbetracht der Situation, dass es sich dennoch um eine Fernsehserie handelt, sind derartige Fehler noch zu verkraften. Littlefingers Gandalf-Moment hat seinen Reiz und komplett verraten darf man den Fans natürlich auch nicht alles. Die Überraschungen waren in dieser Folge ohnehin schon sehr dünn verteilt.
ABER
Der schwächste Teil der neuesten Game of Thrones Folge ist…
*Trommelwirbel*
Der Tod von Ramsay Bolton
(Aus dieser Aussage resultierende Hassnachrichten bitte an mirdochegal@ichweißesbesser.de)
Der Reihe nach: Ramsay verdient sein Schicksal. Mit Leichtigkeit. Der besorgniserregende Teil ist Jons und Sansas Bereitschaft, ihn komplett und ohne Skrupel abzuschlachten. Dafür, dass wir wir auf der Seite der ehrenhaften Starks sein sollen, sind diese ziemlich bereitwillig, aus reinem subjektivem Hass einen offiziell amtierenden Lord zu massakrieren. Jon und Sansa hatten diese Folge eine einmalige Chance, der Welt zu zeigen, warum die Starks die besseren Herrscher des Nordens sind. Man hätte sich von den Boltons abheben können. Festnehmen – Verurteilen – Hinrichtung durch das Schwert. Der bessere Mensch sein, der sich nicht von Rachegelüsten treiben lässt. Aber wenn wir eines aus Youtube-Reaction-Videos lernen können, dann, dass ein großer Teil der Fanbase nunmal derartige Rachegelüste hat. Es wird gefeiert, wenn ein 14-Jähriger gehängt wird. Man jubelt, wenn der Hound 4 Menschen tötet, von denen wir gar nicht wissen, ob überhaupt alle etwas falsches getan haben.
Es war ein brutaler Mord, mit dem die Boltons den Norden an sich rissen. Ist ein brutaler Mord wirklich die beste Lösung, ihn zurückzuerobern? Fragwürdig. Ist es das, was die Fans wollen? Wahrscheinlich.
Aber es ist Zeit, noch ein paar Worte über Ramsay Bolton selbst zu verlieren. Es ist bisher der wichtigste gestorbene Charakter dieser Staffel und war zuletzt eine recht kontroverse Figur. Nicht wegen seiner monströsen Taten, sondern seiner Darstellung als Charakter. Ramsay Bolton verkam über die letzten drei Staffeln von einem einigermaßen faszinierenden Charakter zu einem Klischee-Bösewicht, der seinen Schnauzer dreht und seine weiße Katze streichelt. Diese darstellung eines Antagonisten spricht aber stark gegen die Aussage der Bücher und der Show, dass es kein reines Gut oder Böse gibt. Auch in seiner letzten Folge trug Iwan Rheon seine Boshaftigkeit noch Mal so richtig dick auf und machte so viele wahnsinnige Gesichter wie er nur konnte. Einen Hoden-Witz dazumischen und es wird zu einer Farce. Seine aktuelle Entwicklung betrachtend ist es vermutlich besser, dass es mit Ramsay Bolton zu Ende ist, hoffen wir, dass Cercei Lannister und Euron Greyjoy in Zukunft genug Hass-Material liefern können. Es wirkt, als trugen die Autoren und Regisseure von Game of Thrones mehr zu dieser Entwicklung bei als Iwan Rheon selbst, welcher zu Beginn noch schauspielerisch viel versprach.
Game of Thrones Die Schlacht der Bastarde – Fazit
Folge 9 ist unterhaltsam, actiongeladen und an einigen Stellen durchaus spannend. Die großartigen Szenen sind auf jeden Fall zahlreicher als die schwächeren und auch wenn Macken existieren sind sie meist eine logische Folge dessen, dass es in Film und Fernsehen gewisse Regeln gibt und manchmal ein Shot wichtiger ist als sein Hintergrund. Das ist absolut legitim, und “Die Schlacht der Bastarde” ist offensichtlich dafür da, den Fans eine imposante Folge mit einem ausnahmsweise Mal guten Ende zu geben. Fast schon zu gut, wenn man es genau nimmt, außer Rickon und Wun Wun gibt es auf Stark-Seite keine nennenswerten Verluste zu vermelden, was fast schon schade ist, man hatte sich auf so viele schockierende Tode eingestellt. Aber mit Sicherheit wird Folge 10 den Body-Count noch in die Höhe treiben.
RIP
- Rickon Stark
- Ramsay Bolton, Lord of Winterfell, Warden of the North
- Wun Wun
- Smalljon Umber, Lord of Last Hearth
- Belicho Paenymion und Razdal Mo Eraz
- Schätzungsweise ein paar Tausend Soldaten