Die Kinostarts dieser Woche bieten ein reichhaltiges Programm, das von der schrillen britischen Comedy „Absolutely Fabulous – Der Film“ bis zum großen Melodram „The Light Between Oceans“ reicht. Auch das Thriller- und das Horrorgenre sind mit „Nerve“ und „Don’t Breathe“ gut vertreten. Dass auch schon der Alltag eines Mediziners ganz schön aufregend sein kann, beweist der realitätsnahe und angenehm nüchterne französische Film „Der Landarzt von Chaussy“. Unter den vielen Filmstarts gibt es außerdem eine deutsche Komödie: Wie ihr Titel „Männertag“ bereits erahnen lässt, geht es darin um ein paar Buddys, die sich auf einem Ausflug in den Rauschzustand versetzen wollen. Manchmal gibt es dabei etwas zu lachen, manchmal aber ist die Unternehmung auch nur gewollt lustig.
Nerve
Regie: Henry Joost, Ariel Schulman, Verleih: Studiocanal
Kurz vor dem Ende der Highschool gerät die New Yorkerin Vee (Emma Roberts) ins Grübeln über die Zukunft. Fehlen ihr der Mut und die Bereitschaft zum Risiko, die ihre Freundin Sydney (Emily Meade) im Übermaß zu besitzen scheint? Vee meldet sich kurzentschlossen bei dem Onlinespiel „Nerve“ an, bei dem Sydney mitmacht. Darin denken sich die Zuschauer Prüfungen aus, bei denen sich die Teilnehmer filmen müssen. Den Siegern winken hohe Geldsummen und soziales Ansehen. Vee und ihr Spielpartner Ian (Dave Franco) avancieren rasch zu den Lieblingen der Zuschauer und stellen sich immer waghalsigeren Aufgaben. Aber Vees Schulfreund Tommy (Miles Heizer) findet diese Entwicklung unheimlich und recherchiert im Darknet über die Vergangenheit von Ian.
Dieser rundum gelungene Jugendthriller spielt in einer sehr nahen Zukunft, in der sich die gegenwärtige Macht der sozialen Medien noch schärfer spiegelt. Vee und die anderen Spieler des illegalen Games werden zu Stars, die auf Schritt und Tritt von Smartphone-Besitzern beobachtet werden können. Sie genießen den Ruhm, von dem alle Leute ihres Alters träumen und lassen sich dafür steuern, ohne es richtig zu merken. Diese kritische Botschaft verleiht der spannenden Action Relevanz und tieferen Gehalt. Die jugendaffine Aufmachung überzeugt mit ihrer Mischung aus Glamour, Tempo und kreativer Optik.
Don’t Breathe
Regie: Fede Alvarez, Verleih: Sony Pictures
Die junge Einbrecherin Rocky (Jane Levy) will weg aus der Geisterstadt Detroit und mit ihrer traurigen kleinen Schwester endlich ein normales Leben führen können. Das nötige Startkapital winkt als vermeintlich leichte Beute. Denn Rocky und ihre beiden Kumpane Alex (Dylan Minnette) und Money (Daniel Zovatto) haben erfahren, dass sich im Haus eines blinden Mannes (Stephen Lang) 300.000 Dollar befinden sollen. Doch der alte Kriegsveteran und sein Rottweiler erweisen sich als gnadenlose Gegner.
In seinem zweiten Film nach „Evil Dead“ bietet Regisseur Fede Alvarez soliden Horror mit hohem Spannungsfaktor. Denn das vermeintliche Opfer weiß sich brutal zu wehren. Schon durch sein grimmig-ernstes Auftreten verbreitet Stephen Lang in dieser starken Rolle Angst und Schrecken. Das Haus mit seinen Gängen, Kellern und Schächten ergibt einen stilvollen Schauplatz, den die Inszenierung optimal zu nutzen versteht. Und im Hintergrund verstärkt die Geisterstadt Detroit das beklemmende Gefühl der Not und des Scheiterns, das die Protagonisten zu erstaunlichen Reaktionen antreibt.
The Light Between Oceans
Regie: Derek Cianfrance, Verleih: Constantin Film
Tom Sherbourne (Michael Fassbender) kehrt aus dem Ersten Weltkrieg zurück und nimmt auf einer einsamen westaustralischen Insel die Stelle des Leuchtturmwärters an. Die Liebe zur jungen, lebhaften Isabel (Alicia Vikander), die seine Frau wird, gibt seinem Leben wieder einen Sinn. Doch zwei Fehlgeburten belasten Isabels Psyche schwer. Als ein Boot mit einem toten Mann und einem schreienden Baby auf die Insel zutreibt, wird Isabels Mutterinstinkt geweckt. Sie überredet Tom, das Mädchen zu behalten und als ihr eigenes Kind auszugeben. Aber das neue Familienglück ist nicht von Dauer, denn Tom findet heraus, dass gegenüber, auf dem Festland, eine Mutter (Rachel Weisz) um ihr verschollenes Kind trauert.
Die Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von M.L. Stedman ist ein Fest der großen Gefühle und Bilder. Cianfrance inszeniert die Geschichte als Melodram der alten Schule, in dem Michael Fassbender seinen Charakter intensiv mit sich selbst ringen lässt. Das macht er so gut und glaubhaft, dass er dadurch auch den ganzen Kurs des Films durch aufgewühltes Fahrwasser stabilisiert. Zur üppigen Story passt die raue Landschaft auf der Insel mit ihrem Wind und der Aussicht auf das wilde Meer wunderbar.
Bianka Piringer
Bildquelle(n): Studiocanal, Sony Pictures, Constantin Film.