Das Filmangebot der neuen Woche ist zahlenmäßig eher klein, aber es gibt doch einige Werke darunter, die Beachtung verdienen, vom Blockbuster „Star Trek Beyond“ einmal abgesehen. Wieder einmal starten interessante Dokumentarfilme, die man im Fernsehprogramm wie die Nadel im Heuhaufen suchen müsste. „Bolschoi Babylon“ erlaubt spannende Einblicke in die wilden Konkurrenzkämpfe hinter den Kulissen des weltberühmten Moskauer Bolschoi Ballett-Theaters. „Censored Voices“ taucht in das Jahr 1967 in Israel ein, als die Nation den Sieg des Sechstagekriegs feierte. Lange zensierte Tonbandaufnahmen von Interviews mit Soldaten aber belegen, dass sie ihren Einsatz viel kritischer und zwiespältiger beurteilten, vor allem auch, was die Vertreibung von Palästinensern aus eroberten Gebieten anging. Eine differenzierte, offene politische Auseinandersetzung war damals in Israel nicht gewollt, vielleicht aber heute.
BFG – Big Friendly Giant
Regie: Steven Spielberg, Verleih: Constantin Film
Die zehnjährige Sophie (Ruby Barnhill) liegt nachts nicht brav im Bett, sondern spaziert durch die Flure ihres Londoner Waisenhauses. Draußen erspäht sie einen Riesen, der sich seinerseits ertappt fühlt und sie kurzerhand, mit einem einzigen Handgriff in den Schlafsaal, entführt. Zu ihrem Glück ist dieser BFG (Mark Rylance) kein Menschenfresser, sondern im Gegenteil, ein ausgesprochener Kinderfreund, der den Kleinen nachts gerne gute Träume bringt. Leider streichen um seine Höhle noch stärkere Riesen herum, die keinen größeren Leckerbissen kennen als zartes, junges Menschenfleisch. Sophie entwickelt einen Masterplan, um sich und den BFG aus dieser gefährlichen Situation zu befreien.
Steven Spielbergs Verfilmung des Kinderbuchs „Sophiechen und der Riese“ von Roald Dahl ist dank des Motion-Capture-Verfahrens und eines insgesamt hohen technischen Aufwands ein visuell spektakuläres Werk geworden. Der schräge Humor der Buchvorlage findet sich auch im Kino wieder, mischt sich aber mit einem etwas betulich-besinnlichen Ton, der dem zeitlosen Märchencharakter der Handlung geschuldet ist. Man braucht schon aufgrund der Filmlänge von rund zwei Stunden Geduld, um den Charme der eigentümlichen Geschichte genießen zu können.
The Girl King
Regie: Mika Kaurismäki, Verleih: NFP
Die schwedische Königin Kristina, die maßgeblich zur Beendigung des Dreißigjährigen Kriegs beitrug, gilt als geheimnisumwitterte Persönlichkeit. In diesem stilvollen Kostümfilm spielt Malin Buska sie als junge Frau, die am liebsten Männerkleider trägt und sich in ihre Kammerzofe Ebba Sparre (Sarah Gadon) verliebt. Dass die junge Königin keinen Mann heiraten und Kinder kriegen will, stößt ihre protestantische Berater- und Ministerriege ebenso vor den Kopf wie ihr lebhaftes Interesse für die Naturwissenschaften und ihre Ziele, dem schwedischen Volk mehr Bildung zu ermöglichen. Bald erkennt sie, dass sie sich zwischen persönlicher Entfaltung und den Pflichten einer Königin entscheiden muss.
Der finnische Regisseur Mika Kaurismäki – nicht zu verwechseln mit seinem mehr ins Komödienfach tendierenden Bruder Aki Kaurismäki – hat einen ungewöhnlichen Historienfilm inszeniert, in dessen Zentrum eine begabte, starke, aber einsame Frau steht. Kristina wird als Verfechterin der Emanzipation porträtiert, Jahrhunderte bevor dieser Begriff, oder auch die lesbische Liebe, überhaupt im Bewusstsein der Gesellschaft existierte. Diese Perspektive wirkt dem Film quasi als moderne Lesart hinzugefügt, die viel zum Verständnis der jungen Königin beiträgt. Wie Kristina ihren Weg zwischen all den männlichen Beratern mit ihren Eigeninteressen und Intrigen sucht und verteidigt, wird sehr bewegend geschildert, wobei die düstere Atmosphäre die Glaubwürdigkeit erhöht. Ein schöner, emotionaler und gut gespielter Film, in dem es auch, aber nicht nur um die unmögliche Liebe zwischen zwei Frauen in einer von Männern definierten Welt geht.
Bianka Piringer
Bildrechte: NFP & Constatin Film