Die Pollen fliegen wieder, die ersten Frühlingsblumen sprießen: Was wäre unser Leben nur ohne die Jahreszeiten! Der Dokumentarfilm „Unsere Wildnis“ von Jacques Perrin und Jacques Cluzaud („Nomaden der Lüfte“) geht zurück an ihren Anfang am Ende der letzten Eiszeit. Damals entstanden auf dem ganzen Kontinent riesige Wälder, die Singvögeln, Bären und Wölfen über Tausende von Jahren eine Heimat boten. Bis sich der Mensch darauf verlegte, sich die Erde untertan zu machen. Aber das natürliche Gesicht Europas wäre auch heute noch ein solcher Urwald, besäße der Mensch die Souveränität, der Wildnis hier und da einfach ihren Lauf zu lassen. Zwei weitere gute Filme dieser Woche sind das amerikanische Drama „Trumbo“ und die französische Romanze „Birnenkuchen mit Lavendel“.
Birnenkuchen mit Lavendel (Regie: Eric Besnard, Verleih: Neue Visionen)
Die Lust am Landleben spricht aus beinahe jeder Einstellung dieser in der französischen Provence spielenden Romantikkomödie. Der Biobäuerin Louise wachsen nach dem Tod ihres Mannes die Schulden über den Kopf. Als hätte die Mutter zweier Kinder nicht genug zu tun, tritt plötzlich Pierre, ein junger Mann mit Asperger-Autismus, in ihr Leben. Er macht einen hilflosen Eindruck und mischt sich auch noch überall ungefragt ein, räumt zum Beispiel das ganze Haus auf, anstatt angesichts des kreativen Chaos das Weite zu suchen. Pierre fühlt sich bei Louise, den Kindern, im Garten und auf der Obstwiese nämlich pudelwohl: Die Wolken, Vogelschwärme, blühenden Bäume betrachtet er tiefgründiger als andere Menschen. Und Louise erkennt, dass viele seiner Ideen gar nicht so verkehrt sind. Ein bezaubernder kleiner Film, bei dem man die Seele baumeln lassen kann.
Trumbo (Regie: Jay Roach, Verleih: Paramount)
Ein unrühmliches Kapitel in der Geschichte Hollywoods ist die Kommunistenhatz der McCarthy-Ära. Der Drehbuchautor Dalton Trumbo kam 1950 sogar ins Gefängnis, weil er keine Rechenschaft vor dem parlamentarischen Ausschuss für unamerikanische Umtriebe ablegen wollte. Danach fand sich der Kommunist auf der Schwarzen Liste von Künstlern wieder, die in Hollywood niemand mehr beschäftigen durfte – und schrieb einfach unter falschen Namen ein Drehbuch nach dem anderen. Zwei davon bekamen sogar den Oscar, lange bevor er wieder rehabilitiert wurde. Mit grimmigem Witz vertieft sich das Drama in diese Zeit, die Hollywood spaltete und nicht nur Trumbo, sondern auch seine Familie vor eine schwere, viele Jahre währende Bewährungsprobe stellte. Was den Film so spannend macht, sind neben seiner Realitätsnähe und der kantigen Charakterzeichnung Trumbos auch die vielen Hollywoodgrößen wie John Wayne, Kirk Douglas, Otto Preminger, die sich hier in zwei konträren Lagern wiederfinden.
Bianka Piringer
Bildquellen: Paramount & Neue Visionen