Die neue Kinowoche gehört zu den ergiebigeren. Zehn Jahre nach der Erstaufführung kommt Marcus H. Rosenmüllers legendäre Komödie „Wer früher stirbt ist länger tot“ wieder in einige bayerische Kinos. Die Abenteuer eines Jungen, der sich seinen eigenen Reim auf das Jenseits und die ewige Verdammnis macht, begründete damals das Genre des neuen Heimatfilms ohne Försterkitsch mit, das seither vor allem aus frischen Komödien im bayerischen Dialekt besteht. Nostalgie prägt auch Richard Linklaters Blick zurück auf das Studentenleben des Jahres 1980 in „Everybody Wants Some!!“ mit viel passender Musik jener Ära. Außerdem nett: Die deutsche Körpertausch-Komödie „Seitenwechsel“ mit Wotan Wilke Möhring als Frau in männlicher Gestalt, sowie Michel Gondrys versponnenes Roadmovie „Mikro & Sprit“, in dem zwei Teenager-Freunde im selbstgebastelten Fahrzeug durch Frankreich tuckern.
Green Room
Regie: Jeremy Saulnier, Verleih: Universum
Eine Punkband mit dem Namen „Ain’t Rights“ bekommt eine letzte Chance, auf ihrer Tour im amerikanischen Westen doch noch ein paar Dollar zu verdienen. Allerdings findet der Auftritt in einem Schuppen im Wald statt, wo sich die Skinhead-Szene trifft. Beinahe geht dort trotzdem alles gut, aber gerade als die Band wieder abreisen will, entdeckt sie im „Green Room“ backstage eine Leiche, umringt von ihrem Mörder und seinen Kumpels. Nun wird aus der Abreise vorerst nichts…
Der Thriller taucht in die punkige Jugendkultur ein, aber auch ins Milieu einer amerikanischen Neonazi-Gang und entwickelt dank seiner jungen Hauptcharaktere – herrlich: Imogen Poots -, eine lebhafte, realistische Atmosphäre. Die Spannung wird durch gelegentliche Gore-Einlagen ordentlich forciert.
Vor der Morgenröte
Regie: Maria Schrader, Verleih: X-Verleih
Der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig (Josef Hader) lebt seit 1934 im Exil. Wegen der zunehmenden Judenverfolgung durch die Nazis sah er in seiner geliebten Heimatstadt Wien keine Zukunft mehr. Bald darauf werden seine Bücher in Deutschland nicht mehr verlegt. Mit seiner Sekretärin Lotte, die er später heiratet, reist der international gefeierte Künstler 1936 nach Brasilien und zum Schriftstellerkongress in Buenos Aires. 1941 ist er mal in Brasilien, dann in New York, schließlich lässt er sich mit Lotte in der brasilianischen Stadt Petropolis nieder, wo das Paar im Februar 1942 gemeinsam aus dem Leben scheidet.
Das Drama mit dem Kabarettisten Josef Hader in einer ernsten Rolle beschränkt sich auf Szenen aus dieser Zeit Zweigs in Amerika. Es zeigt, wie der Heimatlose in Südamerika hofiert wird und von einem Empfang zum nächsten hetzt. Oder wie er versucht, den vielen Bittstellern zu helfen, die mit seiner Unterstützung ebenfalls das von Nazis okkupierte Europa verlassen wollen. Zweig wirkt gehetzt und müde, in sich gekehrt und mit seiner inneren Not allein. Die einzelnen Szenen ähneln Momentaufnahmen, die nicht viel erklären, sondern nur eine Stimmung heraufbeschwören wollen.
Der Moment der Wahrheit
Regie: James Vanderbilt, Verleih: Universum
Im Jahr 2004 steckt Präsident George W. Bush im Wahlkampf als Kandidat für die zweite Amtszeit. Die CBS-Journalistin Mary Mapes (Cate Blanchett) recherchiert, wie es Bush während des Vietnamkriegs gelang, seinen Militärdienst ausschließlich in den USA abzuleisten. Sie findet sogar heraus, dass Bush 1972 seinem Militärstützpunkt in Alabama offenbar längere Zeit einfach fernblieb. Zusammen mit dem renommierten CBS-Anchorman Dan Rather (Robert Redford) präsentiert sie ihre Enthüllungen. Doch der Schuss geht nach hinten los: Nach der Sendung werden Zweifel geäußert, ob die Dokumente nicht gefälscht sind, und wichtige Zeugen fallen plötzlich um.
Das Drama erzählt wie „Spotlight“ einen wahren Fall von investigativem Journalismus, aber hier handelt es sich nicht um eine Erfolgsgeschichte. Sondern, und das sorgt vor allem in der zweiten Filmhälfte für hohe Spannung, um den Kampf zweier Journalisten gegen übermächtige Gegner. Problematisiert wird auch der fehlende Rückhalt einer Öffentlichkeit, die nicht mehr das kritische Bewusstsein der 1970er Jahre besitzt.
Tomorrow
Regie: Mélanie Laurent, Cyril Dion, Verleih: Pandora
Wer sich für alternative Projekte und Mitmachinitiativen von erneuerbarer Energie bis Urban Gardening interessiert, sollte sich diesen wunderbaren französischen Dokumentarfilm nicht entgehen lassen. Die Schauspielerin Mélanie Laurent und ihr Regiepartner haben in zehn Ländern rund um den Globus gedreht und stellen bemerkenswerte lokale und regionale Beispiele für einen ökologischen und sozialverträglichen Umgang mit Ressourcen vor.
Sie befassen sich auch mit lokalen Initiativen, die den Würgegriff des globalen Kapitalismus lockern wollen, indem sie eine eigene Währung an den Banken vorbei verwenden. Auch Modelle stärkerer politischer Partizipation fehlen nicht. Sehr inspirierend und durch und durch positiv. Bianka Piringer
Verlosung: Zum Kinostart von „Vor der Morgenröte“ verlosen wird 3x das Buch „Stefan Zweigs brennendes Geheimnis“ von Ulrich Weinzierl. Erschienen im Zsolnay Verlag.
Schreibt uns eine Mail an verlosung (at) agm-magazin.de und teilt uns euren deutschen Lieblingsschriftsteller mit. Einsendeschluss ist der 10.06.2016 und der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Bildrechte: Square One, Universum Film, X-Verleih, Pandora Film und Zsolnay Verlag