Man vergisst manchmal viel zu schnell, warum Game of Thrones Game of Thrones ist. Die schockierenden Tode der letzten Staffel sind stets ferne Erinnerungen und dass gewisse Charaktere von uns gehen könnten, verdrängt man irgendwann. Was genau am Sonntag in der 5. Episode “Das Tor” (The Door) passiert ist, haben wir alle nur so halb begriffen, aber bringen wir es in unserem neuesten Review hinter uns! Und wie immer:
What is spoiled may never spoil
Der Königsthing
Wie schon in der letzten Game of Thrones Episoden haben wir es auch in „Das Tor“ (The Door) wieder mit einer sehr ereignisreichen und kompakten Folge zu tun, dieses Mal aber wieder an deutlich mehr verschiedenen Orten. Vieles davon ging angesichts des Finales eventuell unter, aber es wäre töricht, zu vergessen, wie wichtig die restlichen Plots in „Das Tor“ sind. Allen voran die Iron Islands! Nach kurzer Debatte gewinnt Euron Greyjoy dort nämlich den Königstitel und zwingt Yara und Theon ins Exil. Sein Ziel ist es, sich mit Daenerys zu verbünden. Der Thing selbst ist gut umgesetzt, wenn auch natürlich nicht so umfangreich wie im Buch, aber absolut ausreichend für das TV-Format. Auch die Ertränkungszeremonie ist wunderbar in Szene gesetzt, das einzige noch etwas hapernde in diesem Setting ist Euron Greyjoy selbst. Alles, was er bisher in der Show tat, war für politische Zwecke. Was absolut legitim ist. Was aber eindeutig noch fehlt, ist sein Wahnsinn. Euron ist noch lange nicht so unberechenbar und verrückt, wie man es erwarten könnte. Doch es sind ja noch weitere fünf folgen übrig, das wird schon werden.
“Ein Mädchen hat sich entschieden”
In Essos geht es ebenfalls hoch her. Arya scheint in ihrem Training stetig Fortschritte zu machen, denn nach dem unerlaubten Mord an Merryn Trant wird ihr endlich wieder ein richtiger Auftrag zugeteilt. Sie soll eine Schauspielerin töten, die, in einem amüsant inszenierten Bühnenstück über Joffreys Machtergreifung mitspielt. Beim Zusehen zeigt sie aber trotz, dass sie Arya Stark angeblich hinter sich gelassen hat, sehr viel Unmut über die Parodien ihrer ehemaligen Familie. Vielleicht ist der Brunnen im House of Black and White einfach untalentiert darin, Menschen einzuschätzen und sie ist doch noch nicht „niemand“. Zurück im Tempel teilt sie Jaqen dann auch noch ihre Zweifel über ihren Auftrag mit. Arya hat das Prinzip der Faceless Men offensichtlich immer noch nicht ganz begriffen. Die Geschichtsstunde über die Entstehung des Ordens hingegen ist sehr schön. Es ist kein Wissen, dass man zwingend braucht, aber Wissen, das durchaus interessant ist.
Unterdessen befiehlt Tyrion eine rote Priesterin zu sich, in einem Versuch, das Volk unter der abwesenden Mutter der Drachen zu vereinigen. Schnell wird klar, dass diese Entscheidung Konsequenzen tragen wird, denn Kinvara weiß offensichtlich mehr, als es Tyrion und Varys lieb wäre.
Doch lange wird Daenerys nicht weg bleiben. Mit einer Armee von Dothraki ist sie wieder auf dem Weg zurück nach Mereen. Vorher muss sie sich aber schweren Herzens noch von Ser Jorah trennen, da dessen Greyscale-Infektion zu gefährlich für alle in seiner Nähe ist. Der Abschied ist herzerwärmend, gerade weil Dany Jorah erst jetzt vollkommen verzeiht und eine Ader Menschlichkeit zeigt, die bisher in Game of Thrones, vor allem in ihren Kreuzzügen oft verloren scheint.
Verschwörungen im Norden
Im Norden beginnen Sansa und Jon, ihre Streitkräfte zu rekrutieren, um gegen Ramsay in die Schlacht zu ziehen. Brienne wird auf hilfreiche Empfehlung Littlefingers nach Riverrun geschickt um Sansas Großonkel, Brynden Tully, zu kontaktieren, während sie, Davos und Jon sich wohl auf den Weg zu Adelsfamilien aus dem Norden machen. Sansas Treffen mit Littlefinger ist eine extrem starke Szene und auch wenn man sich Sorgen macht, ob sie nicht zu herzlos werden könnte, ist es erfrischend, Sansa so selbstbewusst und entschlossen zu sehen. Littlefinger mit Worten in seine Schranken zu weisen ist keine Aufgabe, der jeder gewachsen wäre.
Doch wen interessiert schon, was im Norden passiert ist. Deswegen sind wir nicht hier. Wir sind hier wegen der Events, die noch höher im Norden stattfinden. Nördlich des Walls, in der Höhle von Bloodraven…
“Hold the door!”
Was soll man noch sagen? Das Ende von “Das Tor” sorgte mit Sicherheit für einige Tränen weltweit und man weiß nicht mal, worüber man eigentlich am Meisten trauern soll. Den Tod der Children of the Forest? Brans Verlust seines Mentors? Oder eher der Verlust seines Wolfes? Ist es schlimmer, Hodor sterben zu sehen, oder zu erfahren, wie genau sein ganzes Leben in seiner Kindheit ruiniert wurde? Das Finale ist spannend, dramatisch, tragisch und überfordernd. Möglicherweise das schlimmste ist, wie wenig die einzelnen Opfer tatsächlich nützen. Leaf stirbt für nichts, Summer wird in wenigen Sekunden überwältigt und Bloodraven konnte Brans Ausbildung nicht vollenden bevor er stirbt. Es ist eine Sequenz kompletter Hoffnungslosigkeit und unnötiger Tode. Es ist in seiner Essenz genau, was Game Of Thrones zu dem brillanten Franchise macht, das es heute ist.
Denn wie Jaqen uns vorher schon warnte:
“Sucht der Tod nur die boshaften heim und lässt die Anständigen in Frieden?”
Game of Thrones: Das Tor – Fazit
Starke, starke Folge. Wieder! Die halbe Staffel ist nun schon vorbei, und bisher ist Staffel 6 deutlich besser als Staffel 5. Es scheint als hätten die Autoren letztes Jahr Schwierigkeiten gehabt, ihre eigenen Geschichten ins Laufen zu bringen, während sie sich den neuesten Buchkapitel näherten und in deren Schatten standen. Dieses Jahr hingegen scheint die Show selbstbewusster zu sein und strahlt eine gewisse Autonomie aus. Drastische Änderungen von den Büchern passieren nun im Minutentakt, und das ist gut so. Auch wenn dem Drehbuch offensichtlich ein Stück Finesse verloren geht, die frühere Staffeln noch hatten, ist dies ein geringeres Übel, als sich verzweifelt an jeden Strohhalm zu klammern, den George R.R. Martin aus den Büchern anbietet. Und vergessen wir nicht: Sowohl die Enthüllung, dass die White Walkers von den Children erschaffen wurden, als auch die Herkunft von Hodors Name sind angeblich direkt aus Georges Feder. Ob das Herz der Geschichte also ganz so schnell verloren geht, ist anzuzweifeln, Staffel 6 von Game Of Thrones schlägt einen mutigen, aber bislang effektiven Pfad ein.
RIP:
- Euron Greyjoy (Für 20 Sekunden)
- Varys’ Schlagfertigkeit
- Hodor
- Brynden “Bloodraven” Rivers
- Hodor
- Leaf und die anderen Children of the Forest
- Hodor
- Summer (Direwolf-Count: Nur noch zwei übrig)
- HODOR!