20 Jahre sind vergangen und abermals machen sich Aliens auf, die Erde so gut es geht zu verwüsten. Independence Day: Wiederkehr beschwört alte Geister der Zerstörung und setzt noch einen drauf. Definitiv etwas für destruktive Gemüter. Ab heute im Kino.
Es ist eine Utopie: Die Staaten der Menschheit haben nach dem verheerenden Angriff durch extraterristrische Streitkräfte in riesigen Raumschiffen ihren Zwist niedergelegt. Kriege zwischen Menschen gibt es nicht mehr. Die Staaten kennen keine Grenzen mehr. Die technische Entwicklung machte die letzten 20 Jahre einen riesigen Sprung, nachdem die Überbleibsel der Alientechnologie dabei geholfen hat, physikalische Grenzen zu sprengen. Es gibt menschliche Verteidigungsposten auf dem Mond, wie auch auf dem Jupiter. Homo sapiens sapiens ist auf dem Höhepunkt seiner Entwicklungsgeschichte und feiert sich selbst. Denn der 4. Juli 2016 nähert sich und damit auch der zwanzigste Jahrestag des Sieges über die Alien-Invasoren von 1996. Doch es zeichnet sich eine kommende Bedrohung ab, die nicht nur Ex-Präsident Whitmore prophezeit. Als schließlich eine fremde und übergroße Sonde den Mond-Außenposten besucht und als Bedrohung angesehen wird, muss man sich entscheiden: abschießen oder kommunizieren. Was passiert wohl? Independence Day: Wiederkehr ist auf Destruktion getrimmt.
Zerstörung ohne Ende
Natürlich geht man in einen Roland Emmerich-Film (Independence Day, Godzilla, 2012) mit der Erwartung hinein, dass hier eine bildgewaltige Orgie der Verwüstung dargeboten wird. Und genau diese Annahme wird auch bestätigt. Der Regisseur beider Independence Day-Filme setzte im ersten Teil noch auf den fulminanten und destruktiv-ästhetischen Ansatz, einzelne Gebäude mit einem riesigen U.F.O.-Laser zerstören zu lassen. Im zweiten Film werden nun ganze Kontinente in einem Wisch dem Erdboden gleich gemacht. Der Body Count scheint auf einmal rasch in die Höhe geschnellt zu sein. Dabei hat sich nicht nur im Film die Kriegstechnik der Menschen und Aliens weiterentwickelt, sondern auch die filmischen Möglichkeiten, 20 Jahre nachdem Independence Day so ein großer Erfolg war. Anstatt metergroße Modelle für seine destruktiven Special effects zu verwenden, ging Roland Emmerich mit der Zeit und setzte nur noch auf CGI. Das befähigte ihn auch noch mehr zu zeigen. Er geizt nicht mit visuellen Entblößungen.
Spielte der 1996-Film noch mit der Phantasie des Zuschauers, wenn die Aliens größtenteils im Dunkel gehalten wurden, zeigen sie sich jetzt ständig in voller Pracht: riesig, schnell, schleimig. Nicht nur die Zahl der Außerirdischen oder das Ausmaß der Zerstörung steigerte sich. Sprichwörtlich wuchs alles in die Höhe oder Breite. Wir haben es nun mit einem über 5000 Km im Durchmesser betragenden Raumschiff zu tun (das Mutterschiff im ersten Teil maß nur über 550 Km), das mit seinem riesigen Laser in der Mitte nicht weniger als den Erdkern selbst bedroht. Größer, schneller, weiter ist eben die Formel für Blockbuster. Dazu stellt sich jedoch die Frage: gibt es da irgendwo auch eine Grenze der Darstellbarkeit? Nur die Rechenleistung eines Computers begrenzt das heutige Kinoerlebnis.
Alte Weggefährten und schwacher Plot
Es gab im Vorfeld schon viel Diskussion um die Besetzung des Films. Die prominenteste Nachricht war, dass Will Smith nicht mehr in seine Rolle als Kampfpilot Captain Hiller zurückkehren wolle. Abhilfe schuf man, indem sein Film-Stiefsohn Dylan Dubrow-Hiller (Jessie Usher) nun diese Lücke füllt und der geadelte Vater eine Leinwand im neuen Weißen Haus ziert, da er bei einem Absturz ums Leben kam. Doch andere Independence Day-Weggefährten schafften es in die zweite Runde. David Levinson (Jeff Goldblum) verschlägt es nach Afrika, um dort nach den Merkwürdigkeiten eines Alienschiffes und seinem Umfeld samt afrikanischem Warlord und Gefolge zu forschen. Davids Vater (Judd Hirsch) probiert sich währenddessen als Autor und promotet nicht sehr erfolgreich seine ganz eigene Version des 1996-Krieges, wenn er nicht gerade in seinem Boot auf dem Atlantik unterwegs ist. Ex-Präsident Whitmore (Bill Pullman) darf unrasiert, humpelnd und grummelig, die bösen Vorzeichen erahnend, durchs Bild gehen. Und nicht zu vergessen ist der wiederauferstandene Dr. Barkish Okun, der mit reichlich „verrückter Professor“-Attitüde für Schmunzeln sorgt. Ein netter Sidekick.
Zur alten Garde gesellen sich weiterhin frische Gesichter wie Patricia (Maika Monroe), die Tochter von Ex-Präsident Whitmore, die ihrem Vater in Sachen Aufopferungsbereitschaft in nichts nachstehen will. Liam Hemsworth spielt ihren draufgängerischen Lebensgefährten Jake Morrison, der seine Problemchen mit dem jungen Hiller hat und überhaupt bei Vorgesetzten nicht gut ankommt.
Independence Day: Wiederkehr führt seine Charaktere abermals in den verschiedensten Situationen ein, damit sie am Ende dann doch wieder alle zusammenkommen, um gemeinsam die Welt zu retten. Ihre Hintergrundgeschichten sind dabei so gehalten, dass man ihnen gerade noch abnimmt, wirklich einigermaßen interessant konstruierte Figuren zu sein. Charakterentwicklung steht bei solch einem Blockbuster natürlich nicht im Vordergrund. Aber auch der Plot wirkt ein wenig fad. Es existiert quasi kein Spannungsbogen in der Handlung. Es ist immer wieder ein Auf und Ab der Explosionen und Kämpfe. Das Augenmerk bleibt einfach aufs Visuelle gerichtet. Selbstverständlich sind die Szenen auch oft mit coolen Sprüchen gespickt, bisweilen hin zu sehr pathetischen Äußerungen, die definitiv auf das patriotische Herz eines Amerikaners gerichtet sind. Was mir wirklich bei den One-linern gefehlt hat, war die „Fat Lady“.
Independence Day: Wiederkehr – Der alte Patriotismus neu verpackt?
Auch wenn Independence Day ein riesiger Erfolg war, wurde der Film damals nicht wenig kritisiert. Vor allem der amerikanische Patriotismus wurde weltweit geohrfeigt. Selbstverständlich sind es die Amerikaner, die am 4. Juli, IHREM Nationalfeiertag der Unabhängigkeit der USA von der Knechtschaft des Kolonialismus, den Aliens den Marsch blasen. Wer auch sonst. Das ist eben der Sinn eines Blockbusters in den 90er Jahren gewesen: den US-Bürger mit Aliens, Krieg, Zerstörung und Nationalstolz begeistern. Doch wie sieht es im Jahre 2016 aus?
Die Welt ist im Film zusammengewachsen. Kriege untereinander sind dem gemeinsamen Ziel der Verteidigung gegen die Aliens gewichen. In einer Art Erd-Rat schalten sich die Vertreter verschiedenster Länder zusammen, um wichtige Dinge zu besprechen. Wie auch im Fall des Umgangs mit der außerirdischen Sonde, welche die Mondbasis bedroht. Trotz dessen, dass jeder mal sein Stimmchen abgeben darf, gibt dann doch die Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika den Ton an und entscheidet. Realpolitik eben. Es bleibt immer noch ein Nachgeschmack auf der Zunge, der ein Hauch amerikanischen Demokratieverständnisses und Weltmachtsanspruches mit sich bringt.
Independence Day: Wiederkehr ist buchstäblich ein Feuerwerk. Sehr viele Orte werden hier digital erschüttert und abgefackelt. Wer auf den destruktiven Sehgenuss steht und gern ein paar Originalitätsabstriche beim Plot macht, wird sich von diesem Blockbuster sehr gut unterhalten fühlen. Selbstverständlich mit Aussicht auf einen dritten Teil.
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Marc Zehmke
Bildquelle(n): 20th Century Fox