Ghost in the Shell von Mamopru Oshii ist einer der einflussreichsten Anime-Filme und hat einen großen Teil dazu beigetragen, dass Anime weltweit populär wurden.
22 Jahre später traut sich Rupert Sanders (Snow White and the Huntsman) an dieses Meisterwerk heran und versucht das Ganze mit Hollywood-Besetzung und digitaler Technik zu verfilmen. Dass dies kein leichtes Unterfangen wird, sollte jedem klar sein und doch gibt es einige positive Überraschungen.
Mensch oder Maschine?
In einer Zukunft, in der die meisten Menschen süchtig nach Modifikationen ihres Körpers sind, ist es nicht selten, dass man auf jemanden trifft, der bereits mehr Maschine als Mensch ist. Diese Art der Cyborgs sind demnach völlig normal und die Produktion von menschlich-aussehenden Robotern ist ebenfalls im vollen Gange. Unsere Protagonistin Major, gespielt von Scarlett Johanson (Lost in Translation, The Avengers), ist in dieser futuristischen Kulisse dennoch etwas Besonderes. Ihr Gehirn wurde nach einem Unfall gerettet und in einen komplett mechanischen Körper gepflanzt. Nach außen hin gibt es zwar keine sichtbaren Unterschiede, doch die Art wie Major sich bewegt und gibt und ihre körperliche Überlegenheit zeigen, dass sie sich vom Menschen unterscheidet.
Major selbst gehört zu einer Elitegruppe, die für die Regierung die innere Sicherheit gewährleistet. Nach einem Hackangriff auf wichtige Politiker und Roboterentwickler, stoßen sie auf ihren vermeintlichen Feind – einen Hacker, der aus dem Untergrund agiert und anscheinend in jedes maschinelle Produkt einsteigen und es kontrollieren kann. Im Laufe dieser Jagd erleidet Major immer mehr visuelle Glitches und fängt an, ihre generelle Existenz und ihre Vergangenheit zu hinterfragen. Dabei spielt der unbekannte Hacker eine große Rolle.
Große Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Im Vorfeld gab es schon viele Diskussionen um die neue Verfilmung. Viele Benutzer im Internet hegten Angst, dass es zu „White Washed“ wirke und Hollywood wieder alles amerikanisiere. Dazu muss man direkt sagen, dass diese Ängste unbegründet sind. Scarlett Johanson ist die absolut beste Besetzung, die ich mir für Major vorstellen kann. Mir gefiel die Auswahl schon im ersten Trailer und der gesamte Film zeigte, dass sie diese großartige Rolle zu Recht bekam. Auch der dänische Schauspieler Pilou Asbæk, welcher Batou spielt, leistet großartige Arbeit. Er verkörpert ihn authentisch und bringt auch dessen innere Gefühle sehr gut zum Vorschein.
Die Geschichte selber unterscheidet sich etwas stärker vom Original. Dies ist allerdings kaum ein Problem, sondern baut dadurch eine tiefere Verbindung auf, da man viele neue Szenen aus Majors Leben sieht. Es wird Major ein emotionalerer Charakter gegeben, der vieles hinterfragt, aber auch Kontroversen aufgreift. Sie baut einen viel persönlicheren Bezug zu Batou auf und zeigt offener Gefühle.
Demnach gibt es natürlich Vieles, was hinzugedichtet ist und anders wirkt als im Anime von 1995. Doch alte Fans können trotzdem aufatmen. Es gibt viel im Film zu entdecken, das gut umgesetzt wurde. Die legendäre Verfolgungsszene und der dazugehörige Kampf auf der Wasserfläche im Thermotarnanzug wirken stärker als je zuvor. Auch Kleinigkeiten wie die Fingermodifikationen aus dem Anime und ähnliche Spielereien findet man wieder und jede zweite Szene lässt irgendwo etwas aufblitzen, das man von damals wiedererkennt.
Schöne Umgebung mit schwachem Sound
Sehr gewaltig wirken bei Ghost in the Shell die Szenerien. Es gibt immer wieder Kamerafahrten über die futuristische Stadt, die eine atemberaubende Wirkung haben. Auch viele Kulissen sind schön gewählt und geben den Szenen ein eigenes Leben. Dunkle Ecken, verwinkelte Gassen und ranzige Nachtclubs geben dem Film eine düstere Atmosphäre, welche Hand in Hand mit der Geschichte geht. Für Actionfans gibt es zwar auch ein paar Szenen, diese sind aber doch eher rar gesät. Ghost in the Shell nimmt sich und die Geschichte die es erzählt sehr ernst und versucht den Zuschauer eher durch Emotionen zu beeindrucken als durch Explosionen und endlose Schießereien.
Leider wirken die angesprochenen Szenen meistens nur halb so faszinierend, da der Soundtrack doch der befürchteten „Weißwäsche“ zum Opfer fiel. Denn nach tiefgreifenden Songs, wie dem Chor von Kenji Kawai, sucht man vergeblich. Hierbei ist der Soundtrack im Gesamten zwar nicht übel, kommt aber über die typischen Blockbuster-Sounds nicht hinweg. Sehr schade, aber ein geringes Opfer dafür, dass sonst Vieles gut passt.
Fazit – Ghost in the Shell (2017)
Sanders hat sich mit der Realumsetzung von Ghost in the Shell viel vorgenommen und dabei auch sehr viel richtig gemacht. Durch die aufgefrischte Story der Charaktere hält sich den gesamten Film eine gewisse Spannung aufrecht. Auch das Fehlen von stupiden Witzen und sinnloser Aktion lässt den Film so ernst wirken, wie er es verdient. Szenerie und Kamerafahrten verursachen Gänsehautmomente und wühlen innerlich auf. Trotz einiger Änderungen und der schwachen musikalischen Unterlegung empfehle ich jedem, der das Original mochte und auch Interessierten am Genre, diesen Film anzusehen. Für mich ist er in diesem Jahr ein cineastisches Highlight.
Ghost in the Shell startet am 30.03.2017 in den Kinos.
Bildquelle(n): © Paramount Pictures