Die Kinostarts der neuen Woche werfen spannende Fragen auf. Wie sind die neuen Filme von Steven Spielberg, Christian Petzold, Pascal Laugier?
Spielberg hat sich der Verfilmung des Bestsellers „Ready Player One“ von Ernest Cline angenommen. Sie entwirft das futuristische Szenario einer grenzenlosen Cyberwelt, in der sich viele Menschen lieber aufhalten als in der tristen Realität. Im Disney-Fantasyfilm „Das Zeiträtsel“ unternimmt ein junges Mädchen auf der Suche nach seinem Vater eine Reise durch Zeit und Raum.
Der Horrorfilmspezialist Pascal Laugier taucht in „Ghostland“ in die Erlebniswelt einer traumatisierten jungen Frau ein. Ebenfalls in einer Art Ausnahmezustand befinden sich die Flüchtlinge in „Transit“, dem neuen Drama von Christian Petzold. Nazideutschland hat sie in den 1940er Jahren ins Exil getrieben, aber die französische Hafenstadt Marseille ist für viele nur eine unsichere Zwischenstation auf dem Weg nach Amerika. Das Besondere an diesem Film, der auf dem gleichnamigen Roman von Anna Seghers basiert, ist, dass Petzold auf historische Kulissen verzichtet. Er hat einfach im Marseille der Gegenwart gedreht. Dadurch bekommt das Drama einen interessanten Verfremdungseffekt, der die innere Verlorenheit der Charaktere spiegelt.
Dramatisch geht es auch in „Reseba – The Dark Wind“ zu. Bei einem Angriff des IS auf ihr Dorf werden zwei Verlobte gewaltsam getrennt. Der Mann begibt sich auf die Suche nach der jungen Frau, die auf dem Sklavenmarkt verkauft wurde. „Pio“ von Jonas Carpignano erzählt aus dem Leben eines 14-jährigen Roma-Jungen in Süditalien. In „Nobody‘s Watching“ verlässt ein argentinischer Schauspieler seine Heimat und versucht, in New York Fuß zu fassen. Doch das ist schwerer als gedacht. „Das Mädchen aus dem Norden“ erzählt von rassistischer Diskriminierung der Samen im Schweden der 1930er Jahre.
Die Actionkomödie „Gringo“ von Nash Edgerton hat viele Kritiker trotz namhafter Darsteller wie Joel Edgerton, Charlize Theron und Amanda Seyfried nicht so ganz überzeugen können. Annette Bening und Jamie Bell heißen die Hauptdarsteller in „Film Stars Don‘t Die in Liverpool“, einem romantischen Drama über eine Hollywooddiva und einen Nachwuchsschauspieler. Um Romantik geht es auch im Dokumentarfilm „Die Nacht der Nächte“, in dem betagte Ehepaare aus verschiedenen Ländern über ihre Beziehung und die Hochzeitsnacht sprechen.
Ready Player One
Regie: Steven Spielberg, Verleih: Warner Bros.
Der Teenager Wade Watts (Tye Sheridan) führt im Jahr 2045 wie so viele ein Leben in Armut. Aber die meiste Zeit verbringt er sowieso im virtuellen Universum von OASIS in Gestalt seines Avatars Parzival. Der verstorbene Erfinder von OASIS, der Milliardär James Halliday (Mark Rylance) hat darin irgendwo ein Easter Egg versteckt. Wer es findet, bekommt die Kontrolle über OASIS, die so viel mehr zu bieten hat als nur diverse Spielwelten, und erbt auch Hallidays Vermögen. Parzival und seine vier Cyber-Freunde haben gute Chancen, die dreiteilige Aufgabe zu lösen. Denn Wade Watts hat wie kein Zweiter das Leben von Halliday erforscht, seine Vorlieben, die Computerspiele, die er in seiner Jugend spielte. Und das ist nötig, um die versteckten Hinweise in der Aufgabenstellung zu entdecken.
Steven Spielberg gibt den faszinierenden virtuellen Welten des gefeierten Romans von Ernest Cline – der sich auch am Drehbuch beteiligte – ein aufregendes Aussehen. Die actionreiche Geschichte springt ständig zwischen den realen Charakteren und ihren Avataren hin und her. Und die Avatare wiederum können Räume betreten, in denen sie beispielsweise mit einer Filmhandlung konfrontiert werden, die sich dort abspielte. Das Ergebnis ist eine spannende Horizonterweiterung, gespickt mit Anspielungen auf die frühen Computerspiele, die Filme und sonstige Popkultur der 1980er Jahre.
Ghostland
Regie: Pascal Laugier, Verleih: Capelight Pictures
Kaum sind die jugendlichen Schwestern Beth (Emilia Jones) und Vera (Taylor Hickson) mit ihrer Mutter an ihrem neuen Wohnsitz angekommen, werden sie brutal überfallen. 16 Jahre später ist Beth (Crystal Reed) eine erfolgreiche Schriftstellerin. Doch es suchen sie zunehmend Albträume heim. Als sie einen telefonischen Hilferuf ihrer Schwester erhält, fährt sie zurück zu dem Haus, in dem die Mutter und die psychisch kranke Schwester noch immer leben. Dort stellt sie fest, dass sich die Täter von damals zurückmelden.
Pascal Laugier ist bei Horrorfilmfans seit seinem Schocker „Martyrs“ eine Berühmtheit. Nun taucht er mit seiner Hauptfigur Beth in ein vertracktes Vexierspiel zwischen gestern und heute, Erinnerung und Realität ein. Es geht brutal zu und im Schrecklichen bündeln sich Anspielungen auf die effektivsten Versatzstücke des traditionsreichen Genres. Die Twists der Handlung erschweren zunehmend die Orientierung, was mit zum Prozess gehört, den Beth durchmacht. Mit der Zeit beginnt sich das Geschehen aber auch irgendwie im Kreis zu drehen.
Das Mädchen aus dem Norden
Regie: Amanda Kernell, Verleih: Temperclayfilm
Die 14-jährige Elle Marja (Lene Cecilia Sparrok) und ihre kleine Schwester Njenna (Mia Erika Sparrok) gehören in Schweden zur Minderheit der Samen. Es sind die 1930er Jahre und die nomadischen Rentierzüchter gelten im Land als minderwertige Rasse. Die Kinder der Samen besuchen eine schwedische Internatsschule, auf der sie ihre eigene Sprache nicht sprechen dürfen. Die schwedischen Nachbarn meiden und verachten sie. Die wissbegierige Elle Marja möchte in die Stadt ziehen, dort eine höhere Schule besuchen, das Leben einer modernen Frau führen. Aber dafür müsste sie ihre samische Identität verbergen.
Die schwedische Regisseurin Amanda Kernell erzählt in diesem bewegenden Drama von der Diskriminierung der Samen in früherer Zeit in Schweden. Auch heute noch gibt es im Land viele Samen, die sich bewusst von ihrer Kultur und den Traditionen abwandten. Sie wurden nur so von der schwedischen Gesellschaft akzeptiert. Das Drama der jungen Elle Marja verdeutlicht die innere Zerreißprobe, die viele Betroffene in diesem Klima durchlitten. In der Hauptrolle beeindruckt die samische Laiendarstellerin Lene Cecilia Sparrok. Ein wichtiger, ernster Film über ein wenig bekanntes Thema.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Warner Bros. (2), Capelight Pictures, Temperclayfilm