Filmtechnisch beginnt das neue Jahr eher passabel als berauschend. Dabei hätten die Kinostarts gute Chancen auf rege Beachtung, denn der normale Arbeitsalltag ist nach der Weihnachtsruhe noch nicht überall wieder eingekehrt.
Wer noch in Feierlaune ist, wird vielleicht das Hollywood-Musical „Greatest Showman“ mit Hugh Jackman schätzen. Denn es vertieft sich in die Biografie des Zirkusgründers P.T. Barnum und die Ära des 19. Jahrhunderts als Spektakel der schönen Bilder. Grimmig und mit bissigem Humor gewürzt kommt hingegen das polnische Krimi-Drama „Die Spur“ daher. Darin kommen ein paar Menschen, die Tiere quälten und töteten, aus ungeklärter Ursache ums Leben. Aus Bulgarien kommt das Drama „Glory“ über einen Eisenbahnarbeiter, der als ehrlicher Finder einer hohen Geldsumme in die Mühlen eines korrupten Systems gerät.
Alte Menschen und ihre Schwierigkeiten in der Gegenwart stehen im Zentrum der luxemburgischen Komödie „Alte Jungs“ und des amerikanischen Dramas „Das Leuchten der Erinnerung“. In beiden Filmen geht es gemächlich zu, wobei das amerikanische Roadmovie mit seinen Stars Helen Mirren und Donald Sutherland punkten kann.
Vom Inhalt her eher jungdynamisch ist das deutsche Drama „Lux – Krieger des Lichts“ über einen Berliner Real-Life-Superhelden. Und auf den Geschmack eines jungen Publikums zielt auch der französische Animationsfilm „Die Dschungelhelden – Das große Kinoabenteuer“ ab. Horrorfilmfans wiederum dürften sich auf „Insidious: The Last Key“ freuen. Und der Dokumentarfilm „Score – Eine Geschichte der Filmmusik“ beschäftigt sich mit einem Thema, das zu Unrecht oft wenig Beachtung erfährt.
Greatest Showman
Regie: Michael Gracey, Verleih: Twentieth Century Fox
P.T. Barnum wächst im 19. Jahrhundert als der Sohn eines armen Schneiders auf. Als junger Erwachsener (Hugh Jackman) heiratet er Charity (Michelle Williams), eine Frau aus reichem Hause, und bekommt zwei Kinder mit ihr. Arbeitslos geworden, eröffnet Barnum in New York eine Kuriositätenschau. Sie entwickelt sich zum Renner, als er ein Programm mit einem Zwergwüchsigen und anderen Artisten mit körperlichen Anomalien zusammenstellt. Mit Hilfe seines theatererfahrenen Assistenten Phillip Carlyle (Zac Efron) strebt Barnum nach gesellschaftlicher Anerkennung. Aber trotz ihres Erfolgs gelten seine Shows als irgendwie unseriös.
Das Musical setzt dem Zirkusgründer P.T. Barnum ein Denkmal als umtriebigem Showbiz-Pionier, der stets von hochfliegenden Träumen beseelt war. Das Period Piece schwelgt in der Nostalgie einer Ära, in der noch Dampflokomotiven und Pferdekutschen unterwegs waren. Aber die visuelle Gestaltung wirkt auf zeitlose Weise versiert. Die Kameras umspielen die Protagonisten von allen Seiten und heben sie praktisch auf die Ebene eines getanzten, gesungenen Traums empor. Singen können Jackman und die anderen natürlich auch. Barnums damalige Freakshow gerät zur selbstbewussten Feier von Diversität im heutigen Sinne. Barnum erscheint als sympathischer Mensch, dessen Schlitzohrigkeit weniger betont wird als seine Liebe zur Familie. Dabei dürfte der Film auch an die Vorlieben eines konservativen Publikums gedacht haben.
Die Spur
Regie: Agnieszka Holland, Kasia Adamik, Verleih: Film Kino Text
Am Rande eines polnischen Dorfs lebt die Rentnerin Janina (Agnieszka Mandat-Grabka) als Einzelgängerin im Einklang mit der Natur. Die Tierliebhaberin legt sich unermüdlich mit Jägern und Fallenstellern an, hat damit aber keinen Erfolg. Selbst der Pfarrer verteidigt ihr gegenüber die Sichtweise der Jäger. Ihre geliebten Hunde verschwinden. Aber Janina ist nicht die einzige, die allen Grund hat, sich in einer feindseligen Umgebung zu wähnen. Denn es kommen Menschen zu Tode, und ihre Leichen weisen Spuren wilder Tiere auf. Janina glaubt, dass die Tiere des Waldes Rache nehmen.
Agnieszka Hollands Krimi-Drama ist eine bissig-satirische Abrechnung mit der patriarchalen polnischen Gesellschaft. Die alte Werteordnung, die noch daran glaubt, dass sich der Mensch, sprich Mann, die Erde untertan machen muss und dass Gewalt ein Zeichen von Stärke ist, wird schwer erschüttert. Janina wird wie eine Hexe inszeniert, in einer Handlung, die zuweilen mystisch-übersinnlich angehaucht ist. Wenn die alten Werte nichts mehr taugen, suchen die Menschen Zuflucht im Esoterischen. Dabei hat Janina doch nur den Wunsch nach einer funktionierenden Gemeinschaft, die die Natur achtet. Das hindert den interessanten Film nicht daran, eine Menge Grausamkeit im Bild einzufangen.
Lux – Krieger des Lichts
Regie: Daniel Wild, Verleih: Zorro Film
Torsten (Franz Rogowski) schlüpft in seiner Freizeit in sein Superhelden-Outfit und hält auf den Straßen Berlins Ausschau nach Menschen in Not. Besonders die Obdachlosen liegen dem selbsternannten Real-Life-Superhero am Herzen. Zwei Dokumentarfilmer wollen einen Film über ihn drehen und holen den Produzenten Brandt (Heiko Pinkowski) ins Boot. Doch der Mann stellt Forderungen. Torsten soll spektakuläre Aktionen liefern, das Verbrechen bekämpfen und sich verlieben. Bald muss Torsten feststellen, dass ihm die Kontrolle über seine Figur entgleitet, die in gestellte Szenen hineingelockt wird.
Das Spielfilmdebüt des Regisseurs Daniel Wild beschäftigt sich mit einem hochaktuellen Thema, nämlich der Frage, ob man den Medien in Zeiten von Fake-News noch glauben kann. Franz Rogowski spielt einen beseelten, reichlich naiven jungen Mann, der erfährt, wie leicht Erfolg korrumpiert. Um zum Medienstar zu werden, muss der Superheld Lux eben die Action liefern, die die Leute sehen wollen. Aber es ist dann längst nicht mehr seine. Der nicht immer spannende Film macht es den Zuschauern absichtlich schwer, das Geflecht zu durchschauen, in dem sich diese Figur verstrickt. Denn er will zeigen, wie Geschäftemacher und Erfolgshungrige die Realität zu ihren Gunsten manipulieren.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Twentieth Century Fox, Film Kino Text, Zorro Film