Komödien, Dramen, Horror sind in dieser Filmwoche geboten, als die größten Perlen unter den Kinostarts aber entpuppen sich fantasievolle Geschichten. Es kommt nämlich die Verfilmung von Michael Endes „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ ins Kino, und der schaurige deutsche Genrefilm „Laurin“ von 1989 erhält eine Wiederaufführung.
Wer hingegen eine gewisse Realitätsnähe bevorzugt, sollte die schwarze britische Satire „The Death of Stalin“ in Erwägung ziehen. Sie imaginiert den politischen Machtkampf an der Spitze der Sowjetunion, der nach dem Tod des Diktators in den 1950er Jahren entbrannte, als ein grimmiges Hauen und Stechen. Das war Russland dann doch zu viel, der Film darf dort nicht aufgeführt werden.
Um das Leben auf der Flucht und im Exil geht es im kontemplativen Dokumentarfilm „Exodus“. Auch der Spielfilm „Vor uns das Meer“ nimmt sich einer wahren Geschichte an, die Ende der 1960er Jahre für Schlagzeilen sorgte. Colin Firth spielt den Engländer Donald Crowhurst, der als Amateursegler am Golden Globe Race teilnimmt. Das Ziel ist es, als Alleinsegler die Welt zu umrunden, ohne Zwischenstopp. Bald gibt es Komplikationen. Das Drama fällt trotz der spannenden Geschichte etwas verhalten aus.
Ben Stiller ist der Hauptdarsteller in dem Drama „Im Zweifel glücklich“ über einen Mann, der auf die Erfolge seiner Freunde neidisch ist. Der deutsche Comedian Bülent Ceylan ist das Zugpferd der Komödie „Verpiss Dich, Schneewittchen“. Darin spielt er Sammy, der auf die Schnelle eine Band gründet, um an einem Wettbewerb teilzunehmen und als Rockstar berühmt zu werden.
Aus dem weiteren Programm fällt noch der Horrorthriller „Unsane“ auf. Sein Regisseur Steven Soderbergh hat ihn auf dem iPhone gedreht, einfach so, um zu zeigen, dass das Filmemachen technisch viel einfacher geworden ist. Es geht um eine junge Frau, die gegen ihren Willen in der Psychiatrie festgehalten wird und dort ihrem Stalker in Gestalt eines Pflegers begegnet. Auch hier bleibt die Spannung irgendwie im Mittelmaß stecken.
Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer
Regie: Dennis Gansel, Verleih: Warner Bros.
Eines Tages bringt der Postbote ein Paket auf die Insel Lummerland. Darin befindet sich ein Baby. Die vier Bewohner der Insel können sich nicht erklären, warum der kleine Junge hierherkam. Jahre später – der Junge Jim Knopf (Solomon Gordon) ist schon ziemlich groß – befürchtet der König (Uwe Ochsenknecht), dass die Insel zu klein für alle Bewohner sein könnte. Lukas der Lokomotivführer (Henning Baum) soll künftig auf das Herumfahren mit seiner geliebten Dampflok Emma verzichten. Da beschließt Lukas, lieber mit Emma auf Weltreise zu gehen. Jim Knopf kommt mit, denn er will das Rätsel seiner Herkunft lösen.
Der beliebte Kinderbuch-Klassiker von Michael Ende aus dem Jahr 1960 ist nun als aufwändige Realverfilmung für das Kino adaptiert worden. Die Charaktere, der schrullige Humor und die märchenhafte Fantasie geben Atmosphäre und Charme der Originalgeschichte sehr gut wieder. Unterwegs erleben Jim Knopf und Lukas aufregende Abenteuer auf offener See, in engen Schluchten, am Hof des Kaisers von Mandala. Diese Schauplätze und diverse eigentümliche Figuren wie ein Scheinriese, ein putziger Halbdrache und der böse Drache Frau Malzahn sind visuell überzeugend gestaltet. Alles in allem also ein gelungener Film.
The Death of Stalin
Regie: Armando Iannucci, Verleih: Concorde Film
Stalin (Adrian McLoughlin) hat die Sowjetunion mit seiner Terrorherrschaft überzogen. Auch im Politbüro kann sich niemand sicher sein, von Tod oder Verbannung ins Straflager verschont zu bleiben. Als Stalin dann 1953 plötzlich einen Schlaganfall erleidet und hilflos auf dem Teppich liegt, traut sich niemand, einzugreifen. Jede Bewegung könnte falsch sein und das eigene Leben kosten. Dann ist Stalin tot und Nikita Chruschtschow (Steve Buscemi) möchte sein Nachfolger werden. Aber der berüchtigte Geheimdienstchef Lawrenti Beria (Simon Russell Beale) verfolgt andere Interessen. Im Politbüro beginnt ein Machtkampf voller Intrigen, und zu allem Überfluss erscheinen auch noch Stalins Kinder, die es gewöhnt sind, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen.
Diese bissige Satire ist vollkommen überdreht und serviert ihren schwarzen Humor kübelweise. Ständig sieht man im Hintergrund Deportationen, Exekutionen, während sich die Politspitze der Sowjetunion in paranoiden Gedankengängen verirrt. Dieses Klima der Angst wird hervorragend persifliert. Jeder der Akteure kuscht nach oben und tritt nach unten, niemand ist moralisch integer. Ganz so weit weg von den realen Verhältnissen der damaligen Zeit ist das sicherlich nicht. Der furiose Schwung, mit dem diese Satire ihren respektlosen Demontagefeldzug führt, überrascht und sorgt für makabres Filmvergnügen.
Laurin
Regie: Robert Sigl, Verleih: Drop-Out Cinema
Das Mädchen Laurin (Dora Szinetar) wächst am Beginn des 20. Jahrhunderts in einem kleinen deutschen Ort an der Küste auf. Dort verschwinden immer wieder Jungen und Laurin wird von schlimmen Visionen geplagt. Diese betreffen auch den mysteriösen Tod der eigenen Mutter. Während der Vater wieder für längere Zeit zur See fährt, lebt Laurin alleine mit ihrer von der Einsamkeit verbitterten Großmutter. Da übernimmt ein neuer Lehrer (Karoly Eperjes) mit düsterer Aura die Schulklasse. Als Laurins Freund Stefan (Barnabas Toth) verschwindet, macht sie sich auf die Suche nach ihm.
Der Filmhochschulabsolvent Robert Sigl war erst 25 Jahre alt, als er die schaurige Genre-Perle „Laurin“ drehte. Sie fasziniert auch heute noch als atmosphärisch unglaublich dichte Mär, die mit halluzinatorischen Bildern um Verbrechen kreist, über die die Gesellschaft um das Jahr 1900 nur hinter vorgehaltener Hand sprach. Der Ideenreichtum auf inhaltlicher und gestalterischer Ebene verblüfft und wirkt wie ein Appell zu kreativem Mut im Genrefilm. Kaum zu glauben, dass dieser außergewöhnliche Film damals in Deutschland vom breiten Publikum unentdeckt blieb. Die digital restaurierte Fassung lädt jetzt dazu ein, dieses lohnende Filmerlebnis nachzuholen.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Warner Bros. (2), Concorde Filmverleih, Drop-Out Cinema