Draußen tobt der Karneval, aber die Kinostarts setzen keineswegs nur auf Halligalli und Komödie. Das Thriller-Genre ist mit „A Cure for Wellness“ und „Boston“ vertreten. Letzterer handelt von der Tätersuche nach dem Anschlag auf den Boston-Marathon im Jahr 2013. Auch die Dramen „Loving“ und „Lion“ erzählen von wahren Begebenheiten. In „Loving“ geht es um einen weißen Mann und eine afroamerikanische Frau, die 1958 heiraten und vom Staat Virginia verhaftet werden, weil Mischehen dort verboten sind. Das für sechs Oscars nominierte Epos „Lion“ erzählt die Geschichte eines kleinen Jungen, der in Indien den Weg nach Hause nicht mehr findet und zu Adoptiveltern in Tasmanien kommt.
Lasse Hallström hat mit „Bailey – Ein Freund fürs Leben“ wieder eine rührende Tiergeschichte inszeniert. Und mit „Bibi & Tina – Tohuwabohu Total“ geht die beliebte Kinder- und Jugendfilmreihe unter der Regie von Detlev Buck in die vierte Runde. Ebenfalls an ein jugendliches Publikum wendet sich die Gamer-Komödie „Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel“.
Lion
Regie: Garth Davis, Verleih: Universum Film
Der fünfjährige Saroo (Sunny Pawar) lebt 1986 mit seiner alleinerziehenden Mutter und zwei Geschwistern in einem indischen Dorf. Er überredet seinen älteren Bruder, ihn in die Stadt mitzunehmen und schläft dort allein in einem Zug ein, der ihn 1600 Kilometer weit wegbringt, nach Kalkutta. Nun beginnt für Saroo, der nicht einmal weiß, wie sein Heimatdorf richtig heißt, eine gefährliche Odyssee auf den Straßen. Schließlich wird er zur Adoption an ein australisches Paar (Nicole Kidman, David Wenham) vermittelt, das ihn nach Tasmanien mitnimmt. Als junger Erwachsener wird Saroo (Dev Patel) vom Heimweh beinahe erdrückt. Er versucht unermüdlich, auf Google Earth sein Heimatdorf ausfindig zu machen.
Im ersten Teil des Dramas geht es an der Seite des kleinen Saroo sehr authentisch um die Not der Straßenkinder in Indien. Dieser spannende Teil ist fast noch ergreifender als der zweite, der in Australien spielt. Sobald Dev Patel die Rolle Saroos übernimmt, forscht die Kamera gerne etwas länger als nötig in seinem Gesicht. Aber am Ende fließen unweigerlich Tränen. Das Drama versetzt sich sehr glaubwürdig in den Helden hinein, der sich zwischen beiden Kulturen hin- und hergerissen fühlt. Ganz am Schluss ist auch der echte Saroo mit seinen Angehörigen zu sehen. Man merkt es dem bewegenden Film an, wie ernst er sein Thema nimmt.
Bailey – Ein Freund fürs Leben
Regie: Lasse Hallström, Verleih: Constantin Film
Bailey ist ein Golden Retriever, der Anfang der 1960er Jahre zur Familie des achtjährigen Ethan (Bryce Gheisar) kommt. Dort macht sich der Hund seinen eigenen Reim auf die Menschen und teilt diesen mit menschlicher Erzählerstimme (in der deutschen Version: Florian David Fitz) dem Kinopublikum mit. Als Baileys letzte Stunde geschlagen hat, schlüpft seine Seele in die Gestalt eines anderen Hundes, und so fort. Mit anderen Besitzern hat Bailey mal Pech, mal Glück, und schließlich gibt es ein Wiedersehen mit Ethan (Dennis Quaid), der ihn natürlich nicht wiedererkennt.
In Lasse Hallströms gefühligem, aber nicht traurigem Film erforscht ein Hund den Sinn des Lebens, quasi stellvertretend für die Menschen, die er so oft als kompliziert und rätselhaft erlebt. Seine gesprochenen Kommentare kommen der Wahrheit ziemlich nahe und liegen doch auch daneben. Daraus ergibt sich viel Schmunzelhumor. Im Mittelpunkt steht die wechselvolle Lebensgeschichte von Ethan, die anderen Episoden sorgen für Abwechslung. Mit seinen schönen Bildern und der Retro-Stimmung unterhält der Film ganz gut, auch ohne weltbewegenden Inhalt.
Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel
Regie: Florian Schnell, Verleih: Little Dream Entertainment
Der 17-jährige Gymnasiast Jan (Moritz Jahn) lebt praktisch nur noch in der virtuellen Welt des Computerspiels „Schlacht um Utgard“, das er höchstens kurz unterbricht. Sein Avatar Fenris hat gute Chancen beim bevorstehenden Online-Turnier „Ragnarök“. Doch dann funkt sein Erzfeind Loki aus dem Game-Universum dazwischen und blockt Jan den Zugriff aufs Spiel und seinen Avatar. Jan will die Adresse des Spielers Loki herausfinden und ihm einen Besuch abstatten, bevor das große Turnier beginnt. Mit von der Partie, die hinaus aufs Land und in die Wälder führt, ist Karo (Mala Emde), die Spielerin, die sich hinter Fenris‘ kriegerischem Mitstreiter verbirgt.
Das Kinofilmdebüt des Regisseurs Florian Schnell geht das Problemfeld Teenager und Gamesucht nicht mit erhobenem Zeigefinger an, sondern augenzwinkernd und mit viel Humor. Auf dem Trip mit Karo durch die Wälder muss Jan herausfinden, ob er der harten Realität überhaupt gewachsen ist. Dazu gehören natürlich auch Romantik, Eifersucht und schwere Entscheidungen. Spannender noch als die Geschichte selbst ist die Gestaltung, die ideenreich virtuelle Elemente ins reale Geschehen mischt. Damit zeigt sie sehr witzig, wie Jan tickt.
Bianka Piringer
Fotoquelle(n): Universum Film, Constantin Film, Little Dream Entertainment