Bunte Vielfalt herrscht bei den zahlreichen Kinostarts dieser Woche. Eines haben jedoch viele Spielfilme gemeinsam, nämlich dass sie von wahren Geschichten inspiriert sind.
Im neuen Film von Clint Eastwood, „The 15:17 to Paris“, geht es um den Anschlag auf einen Zug im Jahr 2015. Darin spielen drei amerikanische Passagiere von damals sich selbst. In „Stronger“ spielt Jake Gyllenhaal einen Mann, der beim Bombenanschlag auf den Bostoner Marathon 2013 beide Beine verlor.
Das Drama „Solange ich atme“ vertieft sich in das Leben des Briten Robin Cavendish, der in den 1950er Jahren an Polio erkrankte. Doch anders als damals üblich, setzte der auf ein Beatmungsgerät angewiesene Patient durch, das Krankenhaus zu verlassen. In „Pawo“ geht es um die Leiden des tibetischen Volkes unter chinesischer Besatzung. Das Drama ist vom Leben eines jungen tibetischen Flüchtlings inspiriert, der sich 2012 in Indien öffentlich verbrannte.
Greta Gerwigs Coming-of-Age-Film „Lady Bird“ ist autobiografisch inspiriert. In dem sanft dahinplätschernden Drama geht es um eine von Saoirse Ronan gespielte Jugendliche, die ihre kalifornische Heimatstadt viel zu provinziell findet. Sie sehnt sich danach, in New York zu studieren.
Und sonst noch? Da gäbe es zum Beispiel den Horrorfilm „Ghost Stories“ und das erotische Drama „Die Haut der Anderen“. Einen mittelprächtigen Eindruck machen die romantische Komödie „Die Pariserin – Auftrag Baskenland“ und das Drama „Roman J. Israel, Esq. – Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit“ mit Denzel Washington.
Einen Blick wert sind diverse Dokumentarfilme, etwa das Roadmovie „The King – Mit Elvis durch Amerika“. Es zieht Parallelen zwischen dem Karriereverlauf von Elvis Presley und der unvorteilhaften Entwicklung, die die USA in jüngster Zeit gemacht haben. In „Zeit für Utopien“ werden verschiedene Initiativen aus dem Bereich ökologische, sozialverträgliche Produktion und fairer Handel vorgestellt.
Solange ich atme
Regie: Andy Serkis, Verleih: Square One Entertainment, Universum Film
Robin Cavendish (Andrew Garfield) und seiner Braut Diana (Claire Foy) scheint in den 1950er Jahren eine glückliche Zukunft bevorzustehen. Die beiden Briten gehen nach Kenia, wo der Geschäftsmann Robin Tee anbaut und Diana erwartet schon bald ein Kind. Aber da bricht Robin plötzlich zusammen und findet sich vom Hals abwärts gelähmt im Krankenhaus wieder. Die Diagnose lautet Kinderlähmung oder Polio. Diana zieht mit dem Patienten und ihrem Baby zurück nach England, aber Robin möchte nur noch sterben. Auf keinen Fall will er weiter in der Klinik liegen müssen. Diana setzt durch, dass Robin zu ihr nach Hause kommen darf, mitsamt Beatmungsgerät. Der Patient blüht auf, aber die Ärzte warnen Diana vor der Gefahr.
Der Produzent dieses schönen Films, Jonathan Cavendish, ist der Sohn von Robin Cavendish. Der Held der Geschichte bewies der ärztlichen Zunft seiner Zeit, dass gelähmte Polio-Patienten nicht ihr ganzes Leben im Klinikbett verbringen müssen. Mit einem mobilen Beatmungsgerät unternahm er sogar Reisen. Vor allem erzählt dieses bewegende und erstaunlich humorvoll beschwingte Drama auch die Geschichte einer großen Liebe. Dank der schauspielerischen Leistungen von Andrew Garfield und Claire Foy wird dieser wunderbar fotografierte Film zum lohnenden Kinoerlebnis.
Pawo
Regie: Marvin Litwak, Verleih: Busch Media Group
Der junge Tibeter Dorjee (Shavo Dorjee) trauert um seinen Vater, einen Widerstandskämpfer. 2008 protestieren die Menschen in Tibet auf der Straße gegen die seit fast 60 Jahren bestehende chinesische Besatzung. Dorjee wird verhaftet und gefoltert. Nachdem ihn seine Mutter freigekauft hat, drängt sie ihn, mit Hilfe von Schleusern die Flucht über den Himalaya zu wagen.
Der Debütfilm des deutschen Regisseurs Marvin Litwak ist vom kurzen Leben des Tibeters Jamphel Yeshi inspiriert, der sich im Exil selbst verbrannte. Damit wollte er, wie andere Landsleute, die diesen drastischen Tod in der Öffentlichkeit wählten, die Welt an das Unrecht der chinesischen Besatzung Tibets erinnern. Auch ohne große finanzielle Mittel ist, an Originalschauplätzen in Indien mit Laiendarstellern gedreht, ein richtiges Epos entstanden. Es vertieft sich ernsthaft in die Lebenswelt und die Mentalität von Exiltibetern, in ihre Kultur und Glaubensvorstellungen. Das macht dieses engagierte Werk empfehlenswert.
Zeit für Utopien
Regie: Kurt Langbein, Verleih: Langbein & Partner Media
In diesem Dokumentarfilm werden verschiedene Initiativen vorgestellt, die Alternativen zum etablierten kapitalistischen Handelssystem suchen. Was kann das Modell der „Solidarischen Landwirtschaft“ leisten? Der Film schaut sich auch in Südkorea um, wo es die landwirtschaftliche Genossenschaft Hansalim gibt. Der Zusammenschluss bietet den Bauern unter anderem die Möglichkeit, über die Preise für ihre Produkte mitzubestimmen. In Zürich haben umweltbewusste Städter ein Wohnprojekt gegründet, bei dem Gemeinschaft und der Verzicht auf unnötigen Besitz großgeschrieben sind.
In Frankreich übernahmen die Arbeiter einer Fabrik den Betrieb selbst und führen ihn genossenschaftlich weiter. Ein holländischer Smartphone-Hersteller legt Wert auf faire Arbeitsbedingungen in den afrikanischen Kobaltminen. Mit solchen sehr verschiedenen Beispielen zeigt der Film des Österreichers Kurt Langbein, dass sich sowohl Produzenten, als auch Konsumenten nicht einfach mit den Gesetzen des Marktes abfinden müssen. Die vorgestellten Initiativen regen dazu an, sich ebenfalls zu engagieren oder das eigene Konsumverhalten bewusster zu prüfen.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Square One/Universum (2), Busch Media Group, Langbein & Partner Media