Platte Liebesfilme kann das deutsche Kino der letzten Jahre besonders gut! Muss nur Till Schweiger mitspielen, oder Matthias Schweighöfer und fertig ist der Lack. Das es auch ganz anders geht, nämlich mit viel Tiefgang, schrägen Figuren und einer überraschenden Geschichte, zeigt Julia C. Kaiser in ihrem neuen Film „Die Hannas“
Anna und Hans sind seit 15 Jahren ein Paar. Sie lieben sich und ihr Leben. Ruhe, gutes Essen und bloß keine Überraschungen. Doch plötzlich wird ihre gewohnte Routine gehörig durcheinandergewürfelt, denn Anna lernt Nico kennen und Hans Kim. Die beiden ungewöhnlichen Frauen toben wie ein Wirbelsturm in das Leben der beiden und lassen keinen Stein auf dem anderen. Versuchen Anna und Hans anfänglich noch ihre Affären geheim zu halten, kommen sie doch bald an einen Punkt, an dem das nicht mehr möglich ist. Und als sich dann auch noch herausstellt, dass Nico und Kim Schwestern sind, ist die Verwirrung perfekt.
Julia C. Kaiser beginnt ihren Film als Komödie, die mit sehr ungewöhnlichen Mitteln spielt und für wunderbare Momente sorgt, in denen man einfach lachen kann und muss. Doch plötzlich, inmitten einer wunderbar inszenierten Liebesszene, kippt der Film und wandelt sich zum bewegenden Drama. Das Schicksal ist eben keine Wandertour durch den Glücksklee.
Der Regisseurin gelingt aber das kleine Kinowunder, ihre Protagonisten nicht einfach scheitern zu lassen, sondern nach einer wahren Achterbahnfahrt der Gefühle, wieder auf eigenen Beinen laufen zu lernen.
„Die Hannas“ ist eine Independent-Film-Perle, die es verdient hat, von ganz vielen Menschen gesehen zu werden. Julia C. Kaiser schont weder ihr Ensemble, noch die Zuschauer. Aber so ist das Leben nun einmal. Wie die beiden Hannas aus ihrer Langeweile herausgeschubst werden, mag zwar nicht jeden Zuschauer persönlich betreffen, aber mit einigen zusätzlichen Nebengeschichten sorgt die Regisseurin dafür, dass man auf jeden Fall sein eigenes (Beziehungs-)Leben wiederfindet. Eine Kunst, die selten geworden ist in deutschen Filmen. Mit einem Budget von gerade mal 400.000 Euro wurde dieser Film realisiert und läuft nun in diversen Off-Kinos. Die Regisseurin ist oft persönlich vor Ort und stellt sich den Fragen des Publikums. Eine wunderbare Geste, die zeigt, dass „Die Hannas“ ein echtes Herzensprojekt ist.
Kurzum: schnappt euch jemanden, den ihr gerne habt und mit dem ihr gerne Händchen haltet im Dunklen und geht mit ihm in diesen Film!
Mikis Wesensbitter
Bildrechte: W-film