Wirkliche Highlights sind in dieser Kinowoche schwer zu finden. Allerdings kann ich über die Komödie „The Boss“ und den Thriller „Visions“ keine Auskunft geben, da ich sie nicht gesehen habe. Wer sich für das Schicksal der Indianer Südamerikas im Spiegel der Kolonisation interessiert, sollte sich „Der Schamane und die Schlange“ nicht entgehen lassen. Der griechische Yacht-Ausflug „Chevalier“, auf dem Männer spielerisch herausfinden wollen, welchen Rang sie in der Gruppenhierarchie einnehmen, plätschert hingegen nur ganz nett dahin.
Der Schamane und die Schlange
Regie: Ciro Guerra, Verleih: MFA
Zu Anfang des 20. Jahrhunderts besucht der erkrankte deutsche Forschungsreisende Theodor Koch-Grünberg im Amazonasgebiet den Schamanen Karamakate. Er soll ihn mit der geheimnisvollen Yakruna-Pflanze zu heilen. 30 Jahre später kommt erneut ein weißer Forscher in das Gebiet, der Botaniker Richard Evans Schultes. Er will sich von Karamakate die Yakruna-Pflanze zeigen lassen. Doch für den Schamanen hat sich einiges verändert.
Der Schwarz-Weiß-Spielfilm vertieft sich zu poetisch-nachdenklichen Texten in den schrecklichen Culture Clash, dem die Ureinwohner am Amazonas auf dem Gebiet Kolumbiens durch die Ankunft der Weißen ausgesetzt waren und zum Teil noch sind. „Die Forscher haben uns ihre Geschichte erzählt. Nicht aber die Eingeborenen. Das ist der springende Punkt. Ein Land von der Größe eines ganzen Kontinents, das uns seine Geschichte noch nicht erzählt hat. Unser Kino hat es noch nicht gesehen. Inzwischen ging der alte Amazonas verloren. Doch im Film können wir ihn wieder leben lassen.“ Das sagt der kolumbianische Regisseur Ciro Guerra über diese fiktionalisierte Entdeckungsreise, die er mit offenen Sinnen und mit dem Herzen einmal gerade nicht aus europäischer Perspektive unternimmt.
Die Kommune
Regie: Thomas Vinterberg, Verleih: Prokino
Im Kopenhagen der 1970er Jahre hat Anna genug vom langweiligen Familienleben. Sie überredet ihren Mann Erik, der ein großes Haus geerbt hat, darin eine Wohngemeinschaft zu gründen. Erik kommt mit dem bunten, aufmüpfigen Grüppchen, das sich dort einnistet, nicht so gut zurecht, er will viel lieber seine Ruhe haben. Aber dann verliebt er sich in die Studentin Emma und macht sie zur neuen Mitbewohnerin des Hauses. Nun hat Anna ein Problem und mit ihr die ganze WG.
Der dänische Regisseur Thomas Vinterberg blickt mit leisem Humor zurück in die große Zeit der Kommunen. Was passiert mit materiellen und ideellen Werten wie Besitz oder Zweierbeziehung, wenn es im Wohnzimmer und am Küchentisch keine Privatsphäre mehr gibt? Für die Liebe sieht es in dieser verhaltenen, aber authentisch wirkenden Geschichte nicht gut aus – aber das Paar wäre auch ohne WG wohl nicht gemeinsam alt geworden. So mutiert der WG-Film zu einem Ehedrama, das intensiv gespielt wird: Trine Dyrholm bekam für ihre Rolle der Anna den Darstellerpreis der Berlinale.
Gods of Egypt
Regie: Alex Proyas, Verleih: Concorde
Im alten Ägypten sitzen auf dem Herrscherthron keine Menschen, sondern Götter. Als Horus (Nikolaj Coster-Waldau) inthronisiert werden soll, funkt ihm sein böser Bruder Set (Gerard Butler) dazwischen und reißt ihm beide Augen aus. Set versklavt die Menschen. Das will sich der junge, in eine Sklavin verliebte Dieb Bek (Brenton Thwaites) nicht gefallen lassen. Er bringt dem entmachteten Horus ein Auge aus der Schatzkammer zurück und verlangt als Gegenleistung, seine auf der Flucht getötete Geliebte aus dem Reich der Toten zurückzuholen.
Der Film ist ein gigantisches Actionspektakel voller Spezialeffekte, eine pausenlose Abfolge visueller Höhepunkte. Wer sich für solches Popcorn-Kino interessiert, kommt hier voll auf seine Kosten. Einstürzende Monumente, Kämpfe zwischen Männern, die sich in geflügelte Wesen verwandeln – hier wird geklotzt, nicht gekleckert. Die ägyptische Mythologie dient allerdings nur als Schablone für eine inhaltlich doch recht billig heruntergespulte Fantasy-Story. Vor allem aber stellt sich wegen des Überangebots an visuellen Reizen unweigerlich ein Ermüdungseffekt ein.
Bianka Piringer
Bildrechte: Concorde, MFA+, ProKino