Was bisher in The Walking Dead geschah:
Nach einem Streit zwischen Farmer Hershel und Rick Grimes wurde Rick samt seiner Gruppe der Farm verwiesen. Bis auf Glenn, der bei seiner neuen Liebe Maggie bleiben möchte, macht sich die Gruppe nun erneut auf die Suche nach einer Bleibe. Wenig später stoßen Rick und Co. auf ein vermeintlich verlassenes Gefängnis, welches in den Köpfen der Gruppe neue Hoffnungen weckt.
Band 3: Die Zuflucht
Bereits von außen erkennt Rick, dass es im Gefängnis vor Zombies nur so wimmelt. Nach einer kurzen Besprechung gelingt es der Gruppe, den äußeren Gefängnishof komplett zu säubern um kurz darauf auf vier Überlebende zu treffen: den Mörder Dexter, den Räuber Axel, der vermeintliche Steuerbetrüger Thomas sowie Andrew, einen Drogenjunkie. Während sich Ricks Gruppe in einem der Zellenblöcke niederlässt, fährt Rick erneut zu Hershels Farm, um ihn davon zu überzeugen, dass es im Gefängnis sicherer sei. Daraufhin wagen Tyreeses Tochter Julie und deren Freund Chris das, was sie seit längerer Zeit geplant zu haben scheinen – den gemeinsamen und gleichzeitigen Suizid. Doch der Plan schlägt fehl, da Chris zu früh schießt und Julie tötet. Rick ist inzwischen mit Hershel und seiner Familie zurückgekehrt. In Tyreeses Armen kommt die verstorbene Julie „zurück“ und will ihn beißen. Chris drückt erneut ab und tötet Zombie-Julie, woraufhin er von Tyreese, welcher den Verstand verloren hat, in seinem Zorn umgebracht wird.
„Wir sind alle tot. Du, ich, Carol, Lori, Dale… alle. Der einzige Unterschied zwischen Julie und uns ist, dass sie den ganzen Scheißdreck hier jetzt hinter sich hat.“ – Tyreese
Rick versteht nun, dass die Bisse der Zombies einen Menschen nicht verwandeln lassen, sondern „nur“ töten und jeder Mensch infiziert ist. Man verwandelt sich, sobald man gestorben ist und kommt als Zombie zurück. Er macht sich sofort auf nach Atlanta um seine Theorie zu bestätigen – Shane hatte sich verwandelt, nachdem er begraben wurde. Während seiner Reise nach Atlanta stürzt sich Tyreese alleine in eine Horde Streuner, als ein Teil der Gruppe den Sportplatz des Innenhofs säubert. Sie lassen ihn zurück, da er von Zombies umringt wurde. Währenddessen werden Susie und Rachel, die Töchter von Hershel, mit abgetrennten Köpfen aufgefunden. Die Gruppe verdächtigt Dexter, der als einziger Sträfling wegen Mordes verurteilt wurde. Nach Ricks Wiederkehr entdeckt er, dass sich Tyreese noch im Innenhof befindet und am Leben ist. Darüber hinaus zeigt Thomas seine wahre Identität als sadistischer und psychopathischer Frauenhasser, der Andrea mit einem Beil verfolgt, um sie ebenfalls umzubringen. Rick gelingt es, ihn zu stellen und verprügelt ihn anschließend derartig, dass Thomas halbtot das Bewusstsein verliert. Rick beschließt, Thomas für seine Taten zu hängen und verkündet ein neues Motto:
„Wer tötet, der stirbt!“ – Rick Grimes
Doch Dexter hat durch Ricks falsche Anschuldigungen das Vertrauen in diesen völlig verloren und sich mithilfe von Andrew in der Zwischenzeit bewaffnen können, um Rick und seine Gruppe anschließend aus dem Gefängnis zu vertreiben.
Wie auch zuvor in The Walking Dead Band 2 übernahmen Charlie Adlard und Cliff Rathburn die Zeichnungen sowie Grautöne. Mittlerweile fällt der Unterschied zu Band 1 kaum noch auf, da man sich an den nun vorherrschenden Zeichenstil gewöhnt hat und sich in allen folgenden Bänden auch keine Besetzungswechsel bei den Zeichnern mehr ereignen werden. Im Allgemeinen sind die Zeichnungen wieder deutlich detaillierter geworden, was man vor allem an den größeren Zeichnungen festmachen kann. Landschaften, welche in Band 3 kaum zu sehen sind, wirken nicht in den Hintergrund gekritzelt und die Streuner sehen besser aus denn je.
In Band 3 werden die Unterschiede zur The Walking Dead TV-Serie allmählich deutlicher. Es ist Tyreeses Tochter und eben nicht seine Frau, die umgebracht wird. Die Sträflinge sorgen für eine ähnliche Anspannung im Gefängnis und im Comic baut sich eine intensive, kindliche Freundschaft zwischen Carl Grimes und Carols Tochter Sophia auf, welche in der TV-Serie längst gestorben ist. Carols Charakter wurde für die Serie völlig umgeschrieben. In der Vorlage ist die deutlich jüngere Carol nicht sicher, wohin sie mit ihren Gefühlen will, ist in einer Beziehung mit Dale, küsst Lori aber zeitgleich nachdem sie sich für ihre Unterstützung bedankt.
In unserer The Walking Dead Streuner-Küche zeigt sich Menü Nummer 3 als eine spannende Mischung aus schockierenden Momenten, mit denen der Leser überhaupt nicht rechnet, beinahe schon romantischen Momenten und einer enormen Prise Anspannung, die durch die Gruppe von Sträflingen hervorgerufen wird, da man permanent im Hinterkopf hat, dass diese eine Gefahr ausstrahlen, die bis zu Thomas’ Enthüllung noch unbekannt ist. Mit dem Vorwissen der TV-Serie liest sich Band 3 sehr lecker, da die Handlung in eine Richtung geht, die immer weniger mit der Handlung der Fernsehserie zu tun hat und man teilweise das Gefühl hat, etwas völlig Neues zu lesen.
Band 4: Was das Herz begehrt
Der vierte Band von The Walking Dead schließt nahtlos an den Cliffhanger des Vorgängers an. Es wird eine neue Person eingeführt: Eine Frau mit Samurai-Schwert und zwei Streunern an Ketten, die weder Arme noch Unterkiefer besitzen, welche sich durch die Wildnis schlägt – Michonne. Während sich die beiden Sträflinge Andrew und Dexter heimlich Waffen besorgt haben, befreiten sie versehentlich eine große Gruppe Zombies. Es bricht ein wirrer Kampf los, in dem jeder versucht, die sich nähernde Horde zu erledigen. Im Eifer des Gefechts beginnt Rick, seine kalte Seite zu zeigen und richtet Dexter mit einem gezielten Kopfschuss hinterrücks hin. Sein Partner Andrew entkommt aus dem Gefängnis. Michonne rettet Otis am äußeren Gefängniszaun und bekommt von Rick nach dem Kampf die Erlaubnis, einzutreten und sich der Gruppe anzuschließen.Während die Gruppe den von Andrew und Dexter geöffneten Block-A erkundet, entdeckt sie einen Stromgenerator, der erneut Hoffnungen aufsteigen lässt.
Dieses Glücksgefühl wird allerdings sofort unterbrochen, da Allen von einem Streuner in den Knöchel gebissen wird. Rick muss instinktiv und rasch handeln und beschließt, Allens Unterschenkel mit einer Axt zu amputieren. Wenig später stirbt Allen an zu starkem Blutverlust. Tyreese, alleine auf dem Sportplatz des Innenhofs, trifft auf Michonne, die ihn kurzerhand dort verführt. Von Carol beobachtet, haben die beiden ihren Spaß. Dies bricht Carol das Herz und treibt sie in den Wahnsinn und in einen anschließenden Selbstmordversuch. Hier nimmt Ricks Entwicklung einen weiteren Höhepunkt ein. Es bricht ein heftiger Streit zwischen Tyreese und Rick aus. Rick wirft ihm vor, Carol bewusst das Herz gebrochen und während diese bewusstlos in ihrer Zelle liegt, Michonne geküsst zu haben. Tyreese wiederum unterstellt Rick, dass er verrückt sei und er seine Menschlichkeit verloren hätte, indem er Dexter kaltblütig erschossen hat. Doch Rick beteuert, dies zum Schutz seiner Gruppe getan zu haben. Der Streit bauscht sich immer weiter auf und endet damit, dass beide stark verletzt und eine Etage tiefer auf dem Boden liegen. Rick verliert das Bewusstsein und wacht etwa einen Tag später neben der ihn beobachtenden Carol auf, die ihn anschließend zu küssen versucht, was Rick vehement abblockt. Während seiner Auszeit hat die Gruppe beschlossen, ihn als alleinigen Anführer abzusetzen und hat ein Komitee aus Dale, Hershel, Tyreese und ihm selbst gegründet, um Rick einerseits zu entlasten und gleichzeitig Demokratie einzuführen. Rick begrüßt diese Entscheidung, doch die Gruppe hegt nach der Ermordung Dexters Misstrauen gegenüber Rick. Daher beschließt Rick, vor allen eine Ansprache zu halten, um sich zu erklären. Er zerstört alle Hoffnungen der Gruppe, dass eine Rettung jemals kommen würde um alle Überlebenden zu retten.
„In dem Moment, als wir einem dieser Monster eine Kugel im Kopf gejagt, mit einem Hammer das Gesicht zerschmettert oder den Kopf abgeschlagen haben, wurden wir, was wir sind! Und genau darin liegt das Problem. Ihr habt keine Vorstellung davon, was wir sind. Wir sind umgeben von den Toten. Wir sind mitten unter ihnen! Wenn wir aufgeben, werden wir zu ihnen! Wir stehen mit einem Bein im Grab, und jede Minute unseres Lebens müssen wir ihnen abringen! Seht sie euch an, dort draußen! Ihr glaubt, wir verstecken uns hinter Zäunen und Mauern, um uns von den lebenden Toten zu schützen?! Kapiert ihr es nicht?! Wir sind die lebenden Toten!“ – Rick Grimes
Charlie Adlard und Cliff Rathburn haben auch in Band 4 ganze Arbeit geleistet und es geschafft, dass die einzelnen Charaktere, ähnlich wie in Band 1, wieder sehr deutliche Charakterzüge und Merkmale in der Mimik und den Bewegungen haben, sodass man diese besser voneinander unterscheiden kann. Das war, vor allem in Band 2 teilweise problematisch. Als persönliches Highlight sehen wir die beidseitige Zeichnung, in der Tyreese Rick im Streit erstmals ins Gesicht schlägt. Auch alle anderen Darstellungen der verschiedenen Gesichter wirken sehr viel detaillierter, was vor allem durch den stärkeren Gebrauch von Schattierungen erreicht wurde.
The Walking Dead Band 4 ist im Moment an oberster Stelle auf der Beliebtheitsskala. Endlich wird Michonne eingeführt und der Charakter von Rick beginnt eine großartige Entwicklung durchzumachen. Anfänglich der alleinige Anführer der Gruppe, begeht er eine Tat, die ihn selber anfangs kaum, später jedoch stärker beschäftigt. Die Folgen dieser Tat finden ihren Höhepunkt, sobald er von Tyreese zur Rede gestellt wird. Beide Charaktere haben blutbefleckte Hände und durch die Vorwürfe des jeweils Anderen wird dem Leser klar, wie Rick Grimes tickt. Er tut stets alles, um die Gruppe zu schützen und geht dabei bis zum Äußersten. Er beginnt, eine für die jetzt präsente Welt notwendige Kälte und Skrupellosigkeit zu entwickeln, die die Gruppe anfänglich noch schockiert. Darüber hinaus ist es interessant, dass das Suizidale in Carols Charakter in der The Walking Dead TV-Serie durch Hershels Tochter Beth symbolisiert wird, welche im Comic nicht existiert.
Diese unglaubliche Entwicklung, die Rick Grimes vollzieht und mit Sicherheit erst am Anfang steht, macht unseren vierten Hauptgang der The Walking Dead Streuner-Küche zu unserem Highlight. Diese permanenten zwischenmenschlichen Spannungen, die mehr und mehr die düsteren Ecken menschlicher Charaktere enthüllen, aber gleichermaßen auch Lichtblicke zeigen – besonders in Form von den so unschuldig wirkenden Carl und Sophia – machen Band 4 zum bislang leckersten Menü!
Julian Elison