Super-Antiheld in super Comic-Anthologie
Die Veröffentlichung des neusten Marvelfilms Deadpool zeigt an den Kinokassen, dass nicht nur herkömmliche Good Guy-Attitüden der gewöhnlichen Comic-Superhelden der richtige Weg ist. Auch Antihelden sind bei den Zuschauern beliebt. Besonders wenn sie mit einem so zynisch-überdrehten Humor wie jener des Söldners und Killers Wade Wilson daherkommen. Doch der Weg zum Ruhm ist für Comichelden wie auch -Antihelden holprig. Das beweist die jüngst veröffentlichte Deadpool-Anthologie aus dem Hause Panini. In dieser findet der geneigte Comicleser einen Werküberblick der besonderen Art. Auf über 300 Seiten erstreckt sich ein ausgewogen ausgesuchter Reigen aus Einzelheften, gepaart mit entstehungsgeschichtlichen Hintergründen und Storyzusammenhängen. Ein guter Überblick für Deadpool-Jünger und solche, die es werden wollen.
Erste tödliche Schritte
Mit Deadpool erschuf Zeichner Rob Liefeld 1991 einen zynischen bösen Buben, der seitdem die Comicseiten vieler Leser unsicher macht und diese immer wieder mit ulkig-böser Sympathie an seinen wahnwitzigen Abenteuern teilhaben lässt. Die zeichnerischen Unzulänglichkeiten des Deadpool-Schöpfers Liefeld lassen über die erste Story der Anthologie ein wenig dahinstolpern, in der er den New Mutants um Cable als Auftragskiller entgegentritt. Der trashige Charme der Zeichnungen sowie der Geschichte brachten der Randfigur Deadpool eine mit der Zeit stetig wachsende Anhängerschaft ein.
Wilder Trip durch das Deadpool-Universum
Als sich schließlich Autor Joe Kelly dem Söldner mit der großen Klappe 1997 annahm, wurde aus dem Merc with a Mouth langsam einer von den Großen. Auf den nun folgenden Seiten der Anthologie trifft der regenerierende Degenerierte nicht nur auf andere Mitstreiter der New Mutants, sondern auch auf keinen Geringeren als Spiderman, um ihm in so mancher Story immer mal wieder die Suppe zu versalzen. Der Punisher begegnet ebenso dem Killer mit dem Heilfaktor und gerät zusehends aus der Fassung. Hangelt man sich so von Heft zu Heft, sieht man den mörderisch-schrillen Deadpool mal mit den Avengers zusammenarbeiten, teuflische Widersacher metzeln und schließlich eine dämonische Braut heiraten.
Die Werkübersicht besticht nicht nur mit der Zahl an Einzelgeschichten. Verschiedenste Zeichner und Autoren geben sich hier die Stifte in die Hand. Über 300 Seiten garantieren mit Deadpool absolutes Sprüche klopfen und Wahnwitz. Die Anthologie kommt im robusten Hardcover mit in schönem Matt gehaltenen Seiten daher. Zwischen fast jeder Geschichte findet sich ein redaktioneller Teil, der nochmal auf Hintergrundinfos zur Entstehung, Story oder einzelnen Figuren eingeht. Ziemlich gelungen, um einen guten Gesamtüberblick im Deadpool-Universum zu bekommen. All das ist ein temporeicher Trip durch die Genese einer schurkischen Nebenfigur zur jetzigen Leinwandgröße, die dem sonstigen Marvel-Comichelden-Potpourri mal mit einer ordentlichen Portion Zynismus die Selbstgerechtigkeit aus dem Gesicht wischt.
Marc Zehmke
Bildquelle(n): Panini