Zombie-Genre auf den Kopf gestellt
Dass das Zombie-Genre inzwischen so ausgelutscht ist, wie die Hirne der zahlreichen Opfer, stellt für absolut niemanden eine Überraschung dar. Doch selbst jetzt gibt es sie noch. Geschichten die mit den Konventionen brechen und sich trauen den wandelnden Toten ein neues, ungewohntes Gesicht zu verpassen. TOKYO GHOUL aus der Feder des Autors Sui Ishida ist eine solche Geschichte, welche seit 2014 auch als Anime ausgestrahlt wird. Nachdem Kazé die erste Staffel nun komplett nach Deutschland geholt hat, werfen wir einen Blick auf die Abenteuer des Halbghul Ken Kaneki.
Wenn der Tagtraum zum Albtraum wird
Protagonist Ken führt ein sorgenloses Leben. Als Teenager welcher sich gerade nach der ersten großen Liebe sehnt, lebt er einen normalen, geordneten Alltag. Dies alles ändert sich, als er auf Liz trifft. Schnell verliebt er sich, dank der gemeinsamen Interessen und ihrem süßen Auftreten. Doch als er sie Abends durch die Stadt begleitet, folgt statt dem ersten Kuss ein Biss. Liz ist ein Ghul und Ken ihr nächstes Opfer. Doch anstatt zu sterben, wendet sich das Schicksal für Ken und „dank“ eines Unfalls am Tatort wird Liz getötet und er schwerverwundet ins Krankenhaus eingeliefert. Doch ab diesem Augenblick wird für Ken nichts mehr so sein wie früher. All dies passiert in den ersten 10 Minuten der ersten Episode. Schnell wird für den Zuschauer klar, dass „Tokyo Ghoul“ nichts anbrennen lässt. Eine Actionsequenz jagt die nächste, die Story wird stets vorangetrieben, eine unglaubliche Dynamik peitscht den jungen Ken Kaneki von einer Misere in die nächste. Durch den Unfall ist er nun selbst ein Halbghul, welcher sich jedoch mit allen Fasern seines Körpers weigert Menschen zu töten, geschweige denn zu fressen. Sich weder den Menschen noch den Ghulen zugehörig fühlend flüchtet er sich in die Verzweiflung, nur um fest zu stellen, dass es auch unter den Ghulen friedfertige Geschöpfe gibt. Er findet Zuflucht im Café Antik und lernt mit seinem neuen Schicksal umzugehen und sich zu akzeptieren. Doch von einem friedlichen Leben ist er noch meilenweit entfernt.
Deutsche Fassung, die sich sehen und hören lassen kann
Publisher Kazé hat in unseren Augen alles in seiner Macht stehende getan, um dem Release einen würdigen deutschen Auftritt zu verpassen. Die Synchronisierung ist fantastisch und vor allem Ricardo Richter, welcher vielen aufmerksamen Ohren noch aus den alten RTL2-Animezeiten ein Begriff sein dürfte, macht in dieser düsteren, erwachsenen Rolle eine hervorragende Figur. Die insgesamt 12 Episoden wurden von Kazé auf 4 Volumes verteilt, von welchen das letzte am 31. Juli erschien. Die Rechte an der zweiten Staffel Tokyo Ghoul √A wurden bereits gesichert, eine Veröffentlichung ist für 2016 geplant. Ohne groß spoilern zu wollen, sei soviel gesagt, dass der Anime sein anfängliches Tempo bis zum Ende hält und erst zum Ende der ersten Staffel etwas schwächelt. Dennoch können wir den großen Hype, den Tokyo Ghoul seit seiner Veröffentlichung ausgelöst hat, voll und ganz nachvollziehen. Obwohl selbst die Erstausstrahlung in Japan gerade einmal ein Jahr her ist, zählt die Geschichte rund um Ken Kaneki aktuell zu den beliebtesten Anime. Die düstere Grundstimmung und die Konsequenz, mit welcher die Geschichte erzählt wird, machen „Tokyo Ghoul“ zu einem besonderen, wenn auch nicht immer ganz angenehmen, Erlebnis. Die Charaktere sind allesamt gut geschrieben. Vor allem der Manager des Café Antik Yoshimura ist eine Figur in die wir uns sehr schnell verliebten. Generell gibt es keine Figur, die sonderlich nervig ist, sowohl in der japanischen Originalfassung, als auch der deutschen Synchronisation.
Selbst optisch überzeugt der Anime bis ins kleinste Detail, was wieder einmal der Arbeit des Studio Pierrot zu verdanken ist. Vor allem auf Bluray kommen die vielen Details und knalligen Effekte perfekt zur Geltung. Anstatt sich wie viele moderne Anime auf einen eher groben Stil zu versteifen, gehen Studio Pierrot fast schon Back to the Roots und präsentiert saubere, klare Zeichnungen mit vielen Highlights, Schattierungen und feinen Einzelheiten. Der Sound liegt in DTS HD 2.0 vor und der klassisch-bombastische Soundtrack aus der Feder von Yutaka Yamada verleiht selbst den simpelsten Actionszenen die nötige Epik. Wir können „Tokyo Ghoul“ jedem Fan des Zombie- und Vampirgenre, sowie Freunden düsterer Actionanime nur wärmstens empfehlen. Auch wenn der große Hype die letzten Monate vielleicht abschreckend wirkte, ist „Tokyo Ghoul“ definitiv in den oberen Rängen der letzten Jahre einzuordnen.
Kevin Kunze
Bildquelle(n): © VIZ Media Switzerland SA