Nach meinem Höllenritt mit Testament of Sister New Devil war ich froh mit Plastic Memories etwas seichtere Kost vorgesetzt zu bekommen. Eine kleine süße Lovestory versprach mir der Klappentext. Doch weit gefehlt.
Nahe dem Tannhäuser Tor
Plastic Memories erzählt die Geschichte von Tsukasa, der einen neuen Job beim führenden Anbieter sogenannter Giftias antritt. Giftias sind in der Welt von Plastic Memories humanoide Androiden, die menschliche Emotionen, Erinnerungen und eine Persönlichkeit haben. (Klingt ein wenig nach Blade Runner.) Tsukasa fängt in der Rückholabteilung an, deren Aufgabe es ist „alte“ Giftias auszurangieren.
Es ist nämlich so, dass Giftias nur eine Haltbarkeit von ca. 82000 Stunden haben also grob neun Jahre und vier Monate. Danach beginnen sie ihre Erinnerungen, Persönlichkeit und Gefühle zu verlieren und werden sogenannte Wanderer, zombieartige und unfassbar aggressive Bestien. Abseits von dem Part mit den Wanderern klingt auch das ziemlich nach Blade Runner. Und zwar in einem sehr positiven Sinne.
In seinem neuen Job bekommt Tsukasa selbst einen Giftia, die hübsche Isla, an die Seite gestellt. Zusammen mit ihr muss er Erfahrungen darin sammeln, Menschen ihre jahrelang liebgewonnenen künstlichen Gefährten wegzunehmen. Egal, ob diese für sie ein Kinderersatz, ein Dienstmädchen oder anderweitiger Gefährte sind. Dass dabei die Emotionen auf beiden Seiten hochkochen ist quasi vorprogrammiert.
Tränen im Regen
Da es Vorschrift ist, dass ein Angestellter und sein Giftia zusammenleben, ist es auch quasi gegeben, dass Tsukasa und Isla sich in einander verlieben.
Normalerweise könnte man jetzt sagen, „na und? Is doch schön für die beiden.“ Da jedoch Isla wie bereits erwähnt eine Giftia ist, hat auch sie keine unendliche Lebenszeit. Da Isla schon eine Weile auf der Welt ist, nähert sich in großen Schritten der Moment, an dem sie, um Blade Runner zu zitieren, in den Ruhestand versetzt werden muss.
Was also im ersten Moment wie eine süße kleine Lovestory klingt, hat deutlich mehr Tiefe als zuerst gedacht.
Auch die Action kommt, zumindest stellenweise, nicht zu kurz. So bekommen es die Beiden am eigenen Leib mit Wanderern und Menschen, die Giftias entführen zu tun.
Wunderschöner Weichzeichner
So emotional die Geschichte, so schön die Animationen. Ich muss zugeben, dass ich bisher nicht sooo viele Anime gesehen habe und dementsprechend auch nicht viel dazu sagen kann, wie gut ein solcher im Vergleich zu anderen aussieht. Ganz subjektiv gesehen ist Plastic Memories jedoch mit ds schönste, was ich im Anime-Bereich bisher gesehen habe.
Über der ganzen Serie liegt quasi konstant eine Art Weichzeichner, der dafür sorgt, dass alles ein wenig wie im Traum erscheint. Diese Optik passt meiner Meinung nach besser als alles andere, das mir in den Kopf kommt zur emotionalen und teils wirklich tiefgründigen Thematik.
Fazit – Plastic Memories Vol. 1
Ich erwartete eine seichte Lovestory mit latenten Scifi-Untertönen. Ich bekam eine emotionale Serie mit unfassbar sympathischen Charakteren und einer gut ausgearbeiteten Geschichte. Ebenfalls komplett unerwartet bekam ich Themen serviert, die ich vorher nur in Schwergewichten wie Blade Runner behandelt gesehen habe.
Vergessen sind die Qualen, die ich in gewissen Anime über leicht inzestuöse Dämonenpimpereien erleiden musste.
Wer also Lust auf sympathische Charaktere und gut ausgearbeitete Geschichte hat, sollte einen Blick in Richtung Plastic Memories riskieren. Wer zudem Freund von Filmen wie Blade Runner ist, kann sich außerdem auf teils ziemlich subtil eingestreute Themen freuen, die erwähntem filmischen Meisterwerk in nichts nachstehen.
Bildquelle(n): Doga Kobo