Klein, aber fein ist die Liste der weihnachtlichen Kinostarts. Disney führt die Tradition eines Animationsfilms, der im November oder Dezember startet, mit dem bunten Südsee-Abenteuer „Vaiana“ fort. Großes Spionage- und Romantikkino vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs bietet Robert Zemeckis‘ „Allied – Vertraute Fremde“. Schon allein die Besetzung mit Brad Pitt und Marion Cotillard wirkt verlockend. Ebenfalls reizvoll sind an Weihnachten Kinofilme, die sich mit dem Fest selbst befassen und einem vorführen, wie der Braten misslingen kann und die Verwandtschaft nervt. Meistens kommt in solchen Weihnachtsfilmen dann aber dennoch unweigerlich selige Stimmung auf und das soll ja auch so sein. Deshalb ist die schwedische Komödie „Eine schöne Bescherung“ leider keine große Zierde für das Genre. Denn hier kann man über weite Strecken lediglich bei einer Familienfeier zuschauen, die irgendwie nicht in die Gänge kommt.
An die Fangemeinde französischer Komödien wendet sich „Gemeinsam wohnt man besser“. Und dann startet noch „Nocturnal Animals“, ein Thriller und Liebesdrama, so wuchtig und schillernd wie sein Titel. Am Ersten Weihnachtstag kommt Wolfgang Petersens Krimikomödie „Vier gegen die Bank“ mit Til Schweiger und Matthias Schweighöfer in die Kinos. Zwei Tage später, es soll ja immer wieder etwas Neues geben, startet dann auch noch der Blockbuster „Assassin’s Creed“ mit Michael Fassbender.
Nocturnal Animals
Regie: Tom Ford, Verleih: Universal Pictures
Die Kunstgaleristin Susan Morrow (Amy Adams) lebt in Los Angeles in Glamour und Reichtum, zusammen mit einem untreuen Ehemann. Es ist nicht ihre erste Ehe, denn als junge Frau war sie einst mit dem texanischen Schriftsteller Edward Sheffield (Jake Gyllenhaal) verheiratet. Doch sie verließ ihn, weil sie sich einen erfolgreicheren Mann wünschte. Nun schickt ihr Sheffield das Manuskript seines neuen Romans, den er ihr gewidmet hat. Susan vertieft sich mit zunehmender Faszination in die Geschichte. Darin geht es um Tony Hastings (Jake Gyllenhaal), der eines Nachts mit Frau und Tochter im Auto durch Texas fährt und in die Fänge einer brutalen Gang gerät.
Tom Fords „Nocturnal Animals“ ist ein rätselhafter, hoch spannender Film, der in ständigem Wechsel zwei verschiedene Geschichten erzählt. Irgendwie hängen sie aber doch zusammen, denn in der Romanhandlung über Tony Hastings und seine Familie erkennt Susan etwas Wichtiges über ihre Ehe mit dem Autor. Sheffield und Hastings sind zudem auch noch optisch identisch. Die Zuschauer müssen aber selbst herausfinden, wo die inhaltliche Verbindung beider Geschichten liegt. Die Romanhandlung mutiert zum grimmigen Rachethriller, der mit einer brutalen Täterfigur aufwartet und einem zynischen, von Michael Shannon toll gespielten Sheriff. Das erinnert ein wenig an „No Country for Old Men“. Insgesamt ein Film, der weit auseinanderliegende Themen zu kombinieren versucht und an dem die raffinierte Konstruktion das Interessanteste ist.
Gemeinsam wohnt man besser
Regie: François Desagnat, Verleih: Alamode Film
Der verwitwete Rentner Hubert Jacquin (André Dussollier) lebt allein in einer großen Pariser Wohnung mit vielen Zimmern. Er sucht eine Putzfrau, aber aufgrund eines Versehens erscheint die wohnungssuchende Studentin Manuela (Bérengère Krief) bei ihm. Sie bekniet ihn, ihr doch ein Zimmer zur Untermiete zu geben, was Hubert nur höchst widerwillig tut. Nach einer Weile will Manuela eine richtige WG bei Hubert gründen. So ziehen nach intensiver Auswahl zwei weitere Bewohner ein: der von seiner Scheidung mitgenommene Anwalt Paul-Gérard und die aus der Provinz stammende Krankenschwester Marion. Und schon ist der ruhebedürftige Rentner mittendrin im schönsten WG-Chaos.
Der Humor dieser gut gelaunten Komödie lebt vom Generationenkonflikt. Der Witwer Hubert wird für die quirlige Studentin Manuela zur Vaterfigur, aber das Zusammenleben in einer Wohnung führt beständig zu Reibereien. Sobald dann noch zwei weitere Bewohner hinzukommen, stellt Hubert auf seine alten Tage ungeahnten Gemeinschaftssinn unter Beweis. Das WG-Leben wird sehr realistisch als ständige Gratwanderung zwischen Nähe und Abgrenzung geschildert, als Experiment in Sachen Toleranz. André Dussollier beeindruckt mit seiner charmanten Leinwandpräsenz, die den ganzen Film veredelt.
Bianka Piringer
Fotoquelle(n): Universal Pictures, Alamode Film