Plants VS Zombies, das niedliche Towerdefense Spiel, kennen wohl die meisten. Die ausgefallene Idee, einen hübschen kleinen Garten und das angrenzende Häuschen mit verschiedenen drolligen Pflanzen gegen nach Hirn geifernden Untote zu verteidigen, begeisterte Alteingesessene Spieler, konnte aber auch Neulinge vor die Bildschirme locken. Mit Garden Warfare entwurzelte Entwickler PopCap die Pflanzen schließlich, drehte ordentlich an der Bewegungsgeschwindigkeit der Zombies und gab ihnen Schusswaffen. Ein paar Jahre sind seitdem vergangen, der Kampf hat sich nicht nur über die ganze Stadt, sondern auch bis in die Vergangenheit und die Zukunft ausgebreitet. Weiß der Kampf zwischen knackiger Flora und vergammelter Fauna in Plants vs Zombies Garden Warfare 2 ein zweites Mal in Shooter-Form zu überzeugen?
Hiiiirrrrnnnn….. Hirrnnn? HIIIIIIRRRRNNNN!!!
Starten wir also mit dem Testbericht. Da ihr diesen gerade lest, werdet ihr wohl Internet haben. Das ist gut, denn offline lässt sich Garden Warfare 2 grundsätzlich nicht spielen. Nun könnten Fans des ersten Teils sagen: “Naja, gut, Solo spielen kann man ja sowieso nur einen kleinen Wellen-Modus und für den Multiplayer braucht man eh Internet.” Im zweiten Teil kommt aber eine relativ große, auch alleine spielbare Komponente hinzu. Der Internetzwang ist insofern nicht nur seltsam und firmenpolitisch fragwürdig von EA, sondern auch weit weniger nachvollziehbar als im Vorgänger. Wer außerdem noch kein Originkonto hat, muss sich (wie bei jedem EA Online Titel, wie zum Beispiel Star Wars Battlefront) zwangsläufig eins erstellen, bevor das Spiel startet.
Willkommen in Zomburbia!
Nach dieser unnötigen Hürde führt uns eine kurze Videosequenz in Suburbia ein, das inzwischen zu großen Teilen von den müffelnden Faulhäutern überrannt wurde und Zomburbia heißt. Als die berühmte PvZ Sonnenblume erblicken wir ausgerechnet hinter feindlichen Linien das Licht der Welt. Glücklicherweise kontaktiert uns direkt Deppie Dave, der verrückte Gartenbesitzer, und evakuiert uns mit seinem kultigen fliegenden Zeitreise-Wohnwagen. Dieser atmosphärisch gelungene Einstieg ist übrigens kein Tutorial, es gibt keine lästig aufploppenden Textboxen oder Ähnliches. Da die Grundsteuerung wie in jedem anderen Shooter gehalten ist und die speziellen Aktionen der einzelnen Charaktere zusammen mit der zugehörigen Taste dauerhaft im HUD angezeigt sind, ist das meiner Meinung nach eine sehr sinnvolle Entscheidung der Entwickler. Das Hauptquartier der Pflanzen fungiert als Menü. Hier stehen ein Globus, der uns Netzwerkeinstellungen konfigurieren lässt, ein Portal, das uns Zugriff auf die Onlinemodi gewährt, zwei übereinander gestapelte Fernseher, die uns den Splitscreenmodus von Garden Warfare 2 aktivieren lassen und weitere Bedienelemente. Außerdem finden sich hier zwei besonders wichtige Gegenstände: die Umkleidekabine und der Stickerautomat. In der ersten könnt ihr nicht nur zwischen den spielbaren Charakteren wechseln, sondern auch zwischen den beiden Fraktionen. Die Zombies haben selbstverständlich ein eigenes Hauptquartier. Das liegt dem der Pflanzen auf der Karte genau gegenüber und aus beiden strömen unablässig Einheiten auf das Schlachtfeld in der Mitte. Dort findet übrigens der erwähnte Wellenmodus statt. Unter diesem Gebiet verläuft außerdem die Kanalisation, in der Truhen und weitere Geheimnisse versteckt sind. Diese schalten größtenteils optische Verschönerungen für die beiden Hauptquartiere, aber auch kosmetische Items für die einzelnen Charaktere frei. Seltener gibt es auch große Summen der Ingame Währung (Münzen), mit der man dann im Stickerladen neue Charaktervarianten freischalten kann.
Garden Warfare 2 – Artenvielfalt und Balancing
Dabei handelt es sich nicht nur um optische Variationen, sondern auch um spielerisch entscheidene Modifikationen. Heißt also, dass die Revolver-Erbsenkanone nicht nur einen Sherrifhut und einen Wild West Schnauzer trägt, sondern auch nur 6 Schuss im Magazin hat. Die machen dafür dann natürlich mehr Schaden. Von diesen Charaktervarianten sind jetzt bereits über hundert (insgesamt, nicht pro Char) im Spiel enthalten! Wer übrigens mit dem gleichen Account schon im Vorgänger einige freigeschaltet hat, kann diese mit einigen wenigen Ausnahmen problemlos in den zweiten Teil importieren. Was ich in kompetitiven Spielen besonders wichtig finde: keine der alternativen Versionen ist übermächtig. Klar, dem einen wird der Schnellfeuer Kaktus eher liegen als die normale Version, während ein Anderer vielleicht den noch langsamer schießenden Tarn-Kaktus bevorzugt. Aber Balance-technisch hat Popcap hier gute Arbeit geleistet. Wer Balancing im Zusammenhang mit GW2 erwähnt, kann auch Rosie nicht ungenannt lassen. Die frisch hinzugekommene Rose war zum Launch des Spiels dermaßen übermächtig, dass unfaire Pflanzenteams aus nichts anderem bestanden. Zombiehorden hatten somit nichts zu lachen und noch weniger zu beißen. Inzwischen hat sich das durch Nachjustierung des Entwicklers aber geändert, die Teams sind den überwiegenden Teil der Zeit gut durchmischt. Den Wicht der Untoten und seinen Mech sieht man tatsächlich häufiger als andere Einheiten, allerdings machen die auch besonders viel Spaß. Mein Herz hat der kleine Kerl ebenfalls sofort erobert, weil er noch mehr als die anderen Zombies herrlich bekloppt und ulkig aussieht. Spielerisch unfair oder überlegen ist er aber nicht.
Kein Hirn?
Wohlgemerkt, das sage ich nicht aus Gründen der Parteilichkeit. Schließlich habe ich selbst circa so oft im Pflanzenteam gespielt wie dagegen. In meinem Fall war das natürlich schon allein dadurch geboten, dass ich sämtliche Charaktere testen musste (was ich aber auch so gewollt hätte). Plants vs Zombies Garden Warfare 2 animiert aber auch dadurch dazu, dass man zu Spielbeginn automatisch einer Fraktion zugewiesen und manueller Wechsel zur anderen zwar möglich ist, aber mit der Minderung der eingenommenen Währung bestraft wird. Trotzdem musste ich leider feststellen, dass sich davon ein Großteil der Spieler nicht abhalten lässt. An sich wäre das kein Problem, leider ist es aber so, dass Popcap versäumt hat, ein ordentliches Balancing zu implementieren, was die Teamgröße betrifft. Es kann also durchaus passieren, dass man sich den Gegnern gegenüber um mehrere Einheiten unterlegen sieht. Das durch spielerisches Können auszugleichen ist meist schwer und bei Niederlagen extrem demotivierend. Wer im Team gut zusammenarbeitet, steigert seine Chancen natürlich. Dafür ist ein Voicechat direkt in das Spiel integriert. Da dieser leider selten für die Besprechung von Strategien sondern eher für nervige Monologe genutzt wurde, endete er bei mir zwar meistens stummgeschaltet, dafür kann Garden Warfare 2 allerdings nichts.
Multibrain
Zum Multiplayer an sich, dem Kern von Garden Warfare 2: Im Multiplayer Portal finden sich mehrere Spielmodi, wie das klassische Deathmatch, in dem das Team gewinnt, das zuerst die meisten Abschüsse erzielt. Ein kleiner Twist in GW2 ist allerdings, dass verbündete Einheiten innerhalb einer gewissen Zeit wiederbelebt und Punkte dem Gegner so wieder abgeluchst werden können. Im Modus “Abschuss bestätigt” lassen besiegte Einheiten Kugeln fallen, die erst aufgenommen werden müssen, um zum Punktestand gezählt zu werden. Dieser Modus hat mir besonders gut gefallen, da hier einfache Abschüsse aus der Ferne nicht ausreichen. Bis man die Kugel erreicht ist alles offen, wodurch um jeden Punkt gewissermaßen doppelt gekämpft werden muss. Schade hierbei ist, dass der eben erwähnte Effekt mit den Wiederbelebungen wegfällt, da ja allein die Kugeln über die Punkte entscheiden. “Suburbination” ist ein Modus den Einige von Euch vielleicht so ähnlich als “Domination” aus Battlefield kennen, hier müssen drei Punkte auf der Karte erobert und gehalten werden. Ein weiterer Modus nennt sich Gartenzwergbombe und verlangt das Platzieren und Sprengen eines Gartenzwergs im feindlichen Lager. Bei “Revier-Übernahme” erobern die Angreifer die Karte stückweise, während das Gegnerteam natürlich genau das verhindern muss. Besonders schön finde ich, dass es einen Modus namens “Türmatte” gibt, der explizit an Anfänger und schlechtere Spieler gerichtet ist. Das wird dadurch erreicht, dass nur die Standardcharaktere gespielt werden und Spieler, die besonders oft sterben immer größere Gesundheitsboni im nächsten Leben erhalten, solange ihre Niederlagensträhne anhält. Schade ist lediglich, dass die Gewinnbedingungen in diesem Modus immer identisch mit denen von Teamsieg sind. Zu guter Letzt gibt es einen gemischten Modus, der Unentschlossenen die Entscheidung abnimmt und die Modi nach dem Zufallsprinzip nach jedem Spiel durchwechselt.
Singlebrain
Dann gibt es da noch den erwähnten Singleplayer Modus. Neu sind die Questreihen, wobei sowohl die Pflanzen als auch die Zombies eine eigene Handlung spendiert bekommen haben. Cutscenes gibt es dabei nur selten und dann auch nur kurz. Hauptsächlich wird die Geschichte durch Textboxen bzw. Untertitel erzählt. Zwar muss ich deutlich sagen, dass sie keinen Tiefgang hat und letzendlich auf stumpfes “Wir müssen die Gegner vernichten!” hinausläuft. Die Nichtspieler-Charaktere, denen man dabei über den Weg läuft, sind allerdings liebevoll designt und konnten mich mit ihren permanenten Witzen und Kalauern nicht nur zum Augenrollen bewegen, sondern häufig auch gut amüsieren und mich zum Schmunzeln bringen. Für Kinder ist sicherlich Einiges an richtigen Schenkelklopfern dabei. Die Missionen selbst spielen sich meiner Meinung nach nicht sonderlich interessant, sondern sind letztendlich in Handlung gerahmte Wellenkarten und Ähnliches. Häufig hatte ich beim Spielen trotz optionaler KI Unterstützung den Eindruck, Karten alleine zu spielen, die eigentlich auf viele verschiedene Spieler ausgelegt sind. Zu guter Letzt lassen sich sämtliche Spielmodi und Maps des Multiplayer auch alleine mit (beziehungsweise gegen) KI Bots spielen.
Motivation oder Suchtgefahr?
Für anhaltende Motivation sollen optionale tägliche Herausforderungen sorgen. Was diese betrifft, bin ich zwiegespalten: einerseits machen sie Spaß, weil sie ein konkretes Ziel bieten oder zum Spielen eines bestimmten Charakters anregen können. Andererseits bergen sie ein gewisses Suchtpotenzial. Etappenweise schaltet man mit dem Erledigen dieser Ziele nämlich Erfahrungsboosts frei. Diese verfallen aber mit jedem Tag, an dem kein Quest absolviert wird, wieder. Und das in großen Schritten. Man muss also täglich mindestens 10 Minuten (kleine Quest) investieren, wenn man diesen Boost nicht verlieren möchte. Auch die Mircotransactions, also der Erwerb von Ingamewährung gegen Echtgeld, könnte insbesondere Eltern sauer aufstoßen. Das Freischalten neuer Charaktervariationen bringt aber wie gesagt keinen spielerischen Vorteil, zudem lassen sich diese recht schnell auch normal freispielen.
Zu Sound und Grafik kann ich schließlich nur sagen, dass ich vollkommen begeistert bin. Die großen Zombies stöhnen dröhnend, während die Imps hoch und irre kichern, die Zitrone flatscht bei jedem Schritt saftig, während die Schnellfeuerpatronen des Major Mais nicht nur auditiv an ploppendes Popcorn erinnern, sondern sich beim Aufprall tatsächlich auch optisch als solches entpoppen. Äh, entPUPPEN. Sowohl die Maps als auch die offene Hub-Welt und sämtliche Charaktere strotzen vor Details. Man mag von EA halten was man möchte, aber Popcap lieben ihr PvZ Universum, das merkt man jeder Pore dieser herrlich bekloppten Welt an. Das alles läuft butterweich in der Frostbite 3 Engine von DICE, in der auch Battlefront entwickelt wurde.
Empfehlung
Ich hatte, habe noch und werde auch noch lange viel Spaß mit Garden Warfare 2 haben, das ich auch mal mit meinen jüngeren Geschwistern spielen kann. Deswegen empfehle ich dieses Spiel Kindern ab 12 Jahren (USK Freigabe) und ihren Eltern, die gerne actionlastige Spiele spielen. Den brutaleren 16er und 18er Titeln steht GW2 definitiv in nichts, aber auch in gar nichts nach. Somit kann ich auch allen Shooterfans diesen besonderen Titel nur wärmstens ans Herz legen.
Infobox:
- Titel: Plants VS Zombies: Garden Warfare 2
- Publisher: EA
- Entwickler: PopCap Games
- Release: 25.02.2016
- Plattform: PC, PS4, Xbox One
- USK: 12
- Genre: 3rd Person Shooter
- Sprachausgabe: Audio / (nur Laute), Text Deutsch
- Multiplayer: Ja (Online oder lokal im Splitscreen)
- Besonderheiten: Online Zwang, Charakterimport aus Vorgänger (Plattformübergreifend)
Lars Baumgart
Bildquelle(n): EA