Die Tage werden kürzer, die Liste der wöchentlichen Kinostarts länger. Kunterbunt präsentiert sich das Programm dieser Woche mit seinen Künstlerporträts, Biopics und der Tierdoku „Die Reise der Pinguine 2“.
Bereits am 31. Oktober startete das Superhelden-Spektakel „Thor: Tag der Entscheidung“. Auf den Spuren einer anderen Comicfigur, nämlich Wonder Woman, wandelt „Professor Marston and the Wonder Women“, der sicherlich zu den besten Filmen dieser Woche zählt. Darin geht es um das aufregende Leben des Autors William Moulton Marston, der zwei Frauen liebte und von ihnen zu seiner Comic-Heldin inspiriert wurde. Doch es gibt noch weitere Filme, die sich mit Künstlern befassen, wie das Malerporträt „Gauguin“ oder die Tanzdoku „El septimo sentido – I am a dancer“. Lohnenswert dürfte der von der Kritik als frisch und energiegeladen gelobte, auf dem Sundance-Filmfestival präsentierte Spielfilm „Patti Cake$ – Queen of Rap“ sein.
Jahrzehntelang rätselte die Welt, wer der Mann war, der sich Deep Throat nannte und den Watergate-Skandal von 1972 aufklären half, indem er die Reporter der Washington Post mit Informationen versorgte. Erst 2005 gab er sich der Öffentlichkeit zu erkennen: Es war der stellvertretende FBI-Direktor Mark Felt. Das Drama „The Secret Man“ spürt den Motiven nach, die ihn zum geheimen Informanten werden ließen. Freunde des Naturfilms, speziell des Kinoerfolgs „Die Reise der Pinguine“ aus dem Jahr 2005, dürften gespannt sein auf den erneuten filmischen Antarktisbesuch des Regisseurs Luc Jacquet.
Professor Marston and the Wonder Women
Regie: Angela Robinson, Verleih: Sony Pictures
Der Psychologieprofessor William Moulton Marston (Luke Evans) und seine Frau Elizabeth (Rebecca Hall), die ebenfalls Wissenschaftlerin ist, entwickeln Ende der 1920er Jahre eine frühe Form des Lügendetektors. Doch sie fallen an der Uni in Ungnade, wegen einer Liebesbeziehung zur Studentin Olive Byrne (Bella Heathcote). Nicht nur Marston liebt Olive, sondern auch seine Frau. Die drei ziehen zusammen, bekommen Kinder, trennen sich wieder, weil die soziale Ächtung droht. Marston ist so fasziniert von den beiden Frauen in seinem Leben und davon, wie sie miteinander umgehen, dass er zu Anfang der 1940er eine weibliche Superheldin als Comicfigur erschafft. Anders als in späteren Comics ist diese Wonder Woman sexuellen Abenteuern und speziell SM-Praktiken gegenüber sehr aufgeschlossen. Denn das waren Marston, Elizabeth und Olive ebenfalls.
Dieser Spielfilm ist eine wunderbare Origin-Story, die erzählt, wer die Menschen waren, denen die Comic-Heldin Wonder Woman ihre Entstehung verdankt. Professor Marston und seine beiden Lebensgefährtinnen waren ihrer Zeit voraus, als aufgeschlossene, lebenslustige, experimentierfreudige Intellektuelle. Marston wird als ein Mann porträtiert, der Frauen neu entdeckt, nämlich in ihrer lesbischen Zuneigung füreinander. Er sieht Elizabeth und Olive ohne die Einschränkungen des patriarchalen Blicks und bekommt so eine frühe Ahnung von Feminismus. Die Lebens- und Liebesgeschichte dieses munteren Trios kann es an Faszination und Spannung mit den Abenteuern der Comicfigur Wonder Woman locker aufnehmen. Aber auch wer sich für Comics weniger interessiert, dürfte von diesem gelungenen, schillernden Period Piece aus einer repressiven Ära angetan sein.
The Secret Man
Regie: Peter Landesman, Verleih: Wild Bunch
Mark Felt (Liam Neeson) ist beim FBI des Jahres 1972 praktisch die rechte Hand des mächtigen Direktors J. Edgar Hoover. Doch als Hoover überraschend stirbt, wird Felt nicht wie erwartet zum neuen FBI-Direktor gekürt. Vielmehr setzt ihm das Weiße Haus einen eigenen Favoriten vor die Nase. Dieser L. Patrick Gray (Marton Csokas) lässt es zu, dass Präsident Nixons Regierungsmitarbeiter in der Behörde ein- und ausgehen. Sie wollen über alle Ermittlungen zum Einbruch in das demokratische Hauptquartier im Watergate-Gebäude in Washington informiert werden. Das kann Mark Felt nicht dulden.
Liam Neeson spielt Mark Felt als stolzen Mann. Er sieht es als seine Pflicht an, die von Hoover aufgebaute Macht und Unabhängigkeit der Bundesbehörde FBI zu wahren. Das FBI ist nicht dazu da, den Weisungen der Regierung zu folgen. So wird er zum natürlichen Gegner der machthungrigen Regierung Nixon. Um das FBI zu retten – und wohl auch, um sich für die Nichtbeförderung auf den Chefsessel zu rächen – , streut er brisante Informationen an die Presse. Der spannende Spielfilm zeichnet ein schillerndes Porträt eines Mannes, der sich die Vierte Gewalt zunutze macht. Letztlich hat Felt es dem Präsidenten gründlich heimgezahlt, dass er zu wenig Respekt vor dem FBI und seiner eigenen Lebensleistung hatte.
Die Reise der Pinguine 2
Regie: Luc Jacquet, Verleih: Wild Bunch
Wieder schaut sich der französische Dokumentarfilmer Luc Jacquet in der Antarktis um. Denn die Pinguine haben es ihm nun einmal besonders angetan. Diesmal folgt die Kamera den Tieren auch ins Wasser. Erneut wird erzählt, wie die Pinguine an Land gehen, um sich fortzupflanzen und die Jungtiere über den ersten Winter zu bringen. Aber dann begleitet der Film die Jungen auch auf ihrem Weg ans Meer, das sie noch nie gesehen haben.
Der oscargekrönte Dokumentarfilm „Die Reise der Pinguine“ bescherte dem Publikum 2005 Bilder aus einer Region, die die meisten Menschen niemals betreten werden. Unvergesslich war das Drama der Ei-Übergabe von der Pinguin-Mutter an den Pinguin-Vater, der es schnell unter seine Bauchfalte schieben musste. Nun liefert Jacquet noch mehr Filmmaterial über die Pinguine, die an Land und im Wasser praktisch ein Doppelleben führen. So ist erneut ein Film mit Seltenheitswert entstanden, der sich und sein Publikum für die Wunder der Natur begeistern kann.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Sony Pictures, Wild Bunch Germany (2)