Yonder: The Cloud Catcher Chronicles schickt sich an, eine Mischung aus Open World-Adventure, Sammelorgie und „Harvest Moon“ zu sein. Doch gelingt dieser Versuch, oder machen zu viele Genreköche aus einer ambitionierten Idee nur Einheitsbrei?
Schiffbruch mit Folgen
Ihr schlüpft in die Rolle des Sprosses einer einst adligen Familie, die ihr Land aus einem unbekannten Grund verlassen musste. Nun macht ihr euch jedoch auf, eure einstige Heimat wiederzuerlangen. Ob ihr dabei ein junger Mann oder eine junge Frau seid, bleibt euch überlassen. Auch das Aussehen eures Charakters könnt ihr in einigen Aspekten anpassen.
Auf der Schiffsreise in eure alte Heimat geht jedoch etwas schief und ihr erleidet Schiffbruch. Als ihr erwacht, findet ihr euch auf der Insel Gemea wieder. Ob es sich dabei jedoch um eure Heimat oder einfach nur eine Insel auf der ihr zufällig gelandet seid handelt, wird leider nicht erwähnt.
Schnell müsst ihr feststellen, dass sich manche Gebiete der, sonst frei erkundbaren, Insel nicht bereisen lassen, da sie von einer Art purpurnen Nebel durchzogen werden. Dieser, Murk genannte, Nebel hat Gemea befallen und droht es vollends einzunehmen. Wie passend, dass ihr auf euren Reisen kleine, Sprites genannte, Feen findet, mit deren Hilfe ihr den Murk beseitigen könnt.
„Waas? Selber arbeiten? Das kann doch der Schiffbrüchige machen.“
So in etwa könnt ihr euch das Quest-System von Yonder: The Cloud Catcher Chronicles vorstellen. Ihr trefft an vielen Stellen der Welt auf freundlich gesinnte Einwohner, die allerhand Dinge haben, die ihr für sie erledigen könnt. Die Einwohner von Gemea scheinen dabei die faulsten Menschen aller Zeiten zu sein. Handelt es sich dabei doch um Menschen, die es nicht einmal schaffen mit einer Axt Bäume zu fällen oder mit einer Sichel Gras zu mähen. Nein, lieber geben sie euch die Werkzeuge und lassen euch die Arbeit machen.
Doch hat das auch einige Vorteile für euch. Ausgestattet mit allerlei Werkzeuge, könnt ihr somit Rohstoffe abbauen um eine ganze Menge Dinge herzustellen. Dazu zählen unter anderem Zäune, Tore, Koppeln und Fressnäpfe. Doch wofür braucht man das Zeug überhaupt, wenn man die Insel erkundet? Ganz einfach: Für eure Farm.
Erntemond auf fremdem Eiland?
Ihr habt richtig gelesen. Nicht nur sollt ihr eine Insel von merkwürdigem Nebelzeugs befreien, dafür Feen suchen und den extrem faulen Bewohnern der Insel bei ihren Arbeiten helfen. Nein, ihr müsst euch auch noch um eine Farm kümmern.
Doch keine Angst, die Ausmaße eines „Harvest Moon“ oder „Stardew Valley“ nimmt die Betreuung der Farm in Yonder: The Cloud Catcher Chronicles nicht an. Hauptsächlich sieht das Ganze so aus, dass ihr mit Früchten Tiere anlockt und diese dann auf eurer Farm unterbringt. Großartig um die Tiere kümmern müsst ihr euch nicht.
Eiland oder Ödland, das ist hier die Frage
Und genau hier kommt das Problem. Warum muss das Spiel diesen Farm-Aspekt beinhalten, wenn es daraus nichts macht? Natürlich könntet ihr euch nicht vollends um die Farm kümmern, wenn ihr damit Beschäftigt seid, die Aufgaben der Leute zu erledigen und Sprites zu suchen um den Nebel zu beseitigen. Doch hätte man die Farm dann nicht auch genauso gut weglassen können, anstatt das Ganze nur halbherzig einzubinden?
Allgemein überschüttet euch Yonder: The Cloud Catcher Chronicles geradezu mit Aufgaben. Und das obwohl ihr überhaupt nicht auf so viele Leute mit Quests trefft. Die Insel Gemea zeichnet sich nämlich größtenteils dadurch aus, dass sie zwar schön ist, aber extrem leer.
Ihr findet zwar ab und an Siedlungen oder Ansammlungen von Menschen, jedoch haben die meisten von ihnen euch nichts zu sagen und stehen einfach nur doof in der Weltgeschichte herum.
LOST…in beauty…and boredom
Wie bereits erwähnt ist Gemea schön. Doch das Wort schön ist eine Untertreibung. Yonder: The Cloud Catcher Chronicles ist ein wunderschönes Spiel. Die Lichtstimmung im Zusammenhang mit einem wirklich schönen, leicht comicartigen Grafikstil, sorgt dafür, dass man richtig Lust darauf bekommt dieses fremde Eiland zu erkunden und zu erforschen. Der Entdeckerinstinkt wird geweckt.
Doch anders als in einem ebenso wunderschönen „Zelda: Breath of the Wild“, dessen Welt ebenso rar mit freundlichen Lebewesen bevölkert ist, ist die Welt hier einfach nur leer und dadurch leider etwas uninteressant. Wo ein „Breath of the Wild“ damit lockt, hinter jedem Berg und in jedem Wald neue Gefahren zu entdecken und Schätze finden zu können, bietet Yonder: The Cloud Catcher Chronicles leider nur gähnende Leere.
Es erwarten euch keine Feinde, die bekämpft werden wollen, keine Schätze wollen gehoben werden. Lediglich die Welt will erkundet werden und Aufgaben für faule Einwohner wollen erledigt werden. Der Vergleich zum ebenso ambitionierten, aber ebenso ereignislosen „No Mans Sky“ bietet sich hier leider an.
Fazit: Yonder: The Cloud Catcher Chronicles
Yonder: The Cloud Catcher Chronicles ist schön. Nein, es ist für ein so kleines Spiel mit niedrigem Budget sogar wunderschön. Doch reicht gutes Aussehen, wie auch in der Realität, auch bei einem Videospiel nicht aus. Die ambitionierte Mischung aus gefühlt riesiger Open-World, Crafting-System, Quests und dem Führen einer Farm geht leider nicht so ganz auf.
Doch Moment. Gab es da nicht noch ein Spiel, das genau diese Mischung mit reduzierterer Grafik und kleinerer Welt wunderbar geschafft hat? Ach ja richtig. „Stardew Valley“ versucht quasi das Gleiche in abgewandelter Form und wurde nur von einem einzigen Entwickler geschaffen. Wo jedoch „Stardew Valley“ diese Mischung grandios geschafft hat und sicher noch eine ganze Weile ein Thema sein wird, ist Yonder: The Cloud Catcher Chronicles leider nicht mehr als relativ belangloser, ambitionierter und leider ziemlich langweiliger Einheitsbrei, der hauptsächlich gut aussieht…aber nicht viel mehr.
Bildquelle(n): Headup Games/Prideful Sloth