Wenn es etwas gibt, was einem gebrochenen Mann den Willen zu kämpfen wiedergeben kann, dann ist es Hoffnung. The Evil Within 2 scheint genau das für Sebastian zu sein – Hoffnung darauf, einen Teil seines Leben wiederzubekommen.
Verlorenes lässt sich Wiederfinden
Detective Sebastian Castellanos dachte vor über 5 Jahren seine Tochter verloren zu haben – nachdem er auch noch seine Frau und durch die Erlebnisse in der Beacon-Nervenklinik seinen Job verloren hatte, versank er in einer tiefen Depression. Doch plötzlich tritt eine ihm bekannte Person in sein Leben. Juli Kidman, ehemalige Junior-Detective und in Sebastians Augen eine Verräterin erzählt ihm, dass seine Tochter noch am Leben sein soll. Doch um sie zu retten, muss er den Alptraum aus der Klinik noch einmal durchleben – also STEM noch einmal betreten.
Die geheime Organisation Mobius war in den letzten drei Jahren sehr aktiv und hat eine neue STEM-Maschine gebaut – nachdem wir aus Teil 1 wissen, was mit diesem Gehirnkoppelungsapperat möglich ist, ist es kaum verwunderlich, dass das Ganze nun wieder zusammenzubrechen droht. Dieses Mal ist es jedoch kein Psychopath wie Ruvik, der als Kern dient, sondern keine andere als Sebastians Tochter Lily. Da diese kein Signal mehr sendet, ist Mobius auf Sebastians Hilfe angewiesen, um sie zu finden. Mehr oder weniger freiwillig wagt sich der Protagonist noch einmal in die Welt vom STEM und landet dieses Mal in einer simulierten Kleinstadt namens Union. Dort erwarten ihn neben anderen Mobius-Agenten auch massenhaft Kreaturen, die ihm seine Mission nicht gerade erleichtern.
Willkommen in Union – schön, dass Sie hier sind!
Union ist eine Kleinstadt, die alles hat was man braucht: Ämter, Unterkünfte, Diner … und das alles können wir als Spieler auch erkunden. Neben den Hauptaufgaben, gibt es nämlich einige Nebenmission, die wir erfüllen können, um bestimmte Ereignisse freizuschalten oder nützliche Belohnungen zu erhalten. Generell ist das gesamte Gameplay sehr viel freier als im ersten Teil. Der Spieler selbst entscheidet, welchen Gegnern er sich stellt, wie gründlich er die Gegend absucht oder welche Aufgaben er erfüllt. Und selbst wenn man einmal scheitert – die Kontrollpunkte sind selbst auf höheren Schwierigkeitsgraden spielerfreundlich gesetzt.
Auch das Aufwertungssystem hat sich um einiges verändert. Während man im ersten Teil Waffen, Fähigkeiten usw. an dem berühmten Folterstuhl aufwertet, sind nun physische Fertigkeiten und materielle Komponenten getrennt. Für das Verbessern von Waffen stehen nun Waffenteile zur Verfügung und Sebastians Fähigkeiten verbessert man immer noch mit einer Menge grünem Gel.
Neben der Möglichkeit unseren Protagonisten aufzuleveln, als auch besser auszustatten, gibt es nun auch ein Crafting-System, um Munition und andere nützliche Gegenstände wie heilende Spritzen herzustellen. Diese Art von Baukasten erinnert sehr stark an die Herstellungsprozesse in Resident Evil Revelations 2. Allerdings wird hier immer eine Werkbank benötigt, um alles herzustellen. Unterwegs kostet das Craften nämlich manchmal die doppelte Menge an Materialien und das kann einem in einer Welt, in der es auf jede kleine Ressource ankommt, schnell zum Verhängnis werden. Anfangs können die ganzen Möglichkeiten etwas überladen wirken, doch im Laufe des Spiels gewöhnt man sich an die Gegebenheiten schnell.
Inhalt, der sogar gut aussieht
Besonders fallen im Vergleich zum ersten Teil die zahlreichen Dialoge auf. Die Charaktere sprechen viel mehr miteinander und auch Sebastian selbst wirkt viel authentischer und emotionaler. Eine gute Prise Humor lässt den ziemlich dramatischen Plot nicht langweilig werden, zieht ihn aber keinesfalls ins Lächerliche. Unser Protagonist kommentiert sogar noch öfter als zuvor die eigenen Handlungen, sodass man als Spieler nicht das Gefühl hat, eine seelenlose Puppe zu steuern. Hier trägt auch die hervorragende deutsche Synchronisation zum positiven Spielerlebnis bei.
Die Grafik hat sich ebenfalls um einiges verbessert. Gegner und Umgebungen sind viel detaillierter und obwohl wie im Vorgänger manchmal die Texturen nachladen müssen, wirken Orte und Figuren wesentlich realistischer. Kleine Details wie das eigene Spiegelbild oder frisch wirkendes Blut hauchen dem Spiel Leben ein. Auch die Animationen, vor allem bei der Gesichtsmimik, wurden deutlich ausgebessert, wenn auch einige Bewegungen der Charaktere manchmal ein wenig überzogen wirken. Die Visualisierung schwankt zwischen krassen Farben und ganz dumpfen, dunklen Tönen – je nach Umgebung und erzeugter Atmosphäre.
Immer noch Horror?
Also wer Horror erwartet, wird auch Horror bekommen. Generell muss man jedoch sagen, dass The Evil Within 2 atmosphärisch leider in den späteren Kapiteln etwas abbaut. Alles frei zu erkunden gepaart mit sich häufig wiederholenden Gegnertypen dämpfen den Gruselfaktor um einiges – es erinnert eher an Krimispiele wie Murdered: Soul Suspect. Allerdings hat The Evil Within 2 eine große Palette an unterschiedlichen Kulissen zu bieten, sodass – sollte einem die eine Location eventuell einmal nicht zusagen – man schnell Ersatz geboten bekommt.
Insgesamt hat das Spiel mit 17 Kapiteln sogar mehr zu bieten als der erste Teil – jedoch sind die Kapitel etwas kürzer und der Übergang ist viel fließender als noch im Vorgänger. Dadurch wird der Spielfluss zu keiner Zeit gestört und man kann sich voll und ganz auf die Story konzentrieren. Der Horroraspekt geht allerdings auch bei der Geschichte ein wenig unter, da es sich schlussendlich eigentlich um ein tragisches Familiendrama handelt. Dennoch trägt die Organisation Mobius mit ihrer Idee von einer kompletten Welt im STEM stets dazu bei, den kranken Aspekt der Story aufrecht zu erhalten.
Leider gibt es zwar immer mal wieder Andeutungen auf The Evil Within – offene Fragen werden jedoch so gut wie gar nicht beantwortet. Es mangelt auch sehr an bekannten Gesichtern. Als Fan der Reihe wird man in einigen Punkten deswegen leider enttäuscht. Das gleiche gilt auch nachdem man das Game erfolgreich abgeschlossen hat: Weder eine Modellansicht ist vorhanden, noch das Springen in die einzelnen Kapitel ist möglich. Doch selbstvertsändlich gibt es den vertrauten Neues Spiel+ Modus und auch einen weiteren Schwierigkeitsgrad. Insgesamt ist der Anforderungsgrad in diesem Teil jedoch um einiges niedriger als zuvor, was einigen Kritikern des ersten Teil zugute kommen dürfte.
The Evil Within 2 – Hannahs Fazit
Als großer Fan des ersten Teils hat mich The Evil Within 2 sehr gut unterhalten, aber nicht vollends überzeugt. Es wurde aus den Fehlern des Vorgängers gelernt und einiges verbessert und erneuert. Besonders das lebendigere Gameplay mit guten Dialogen und vielen Möglichkeiten hat mich begeistert. Allerdings blieben für meinen Geschmack zu viele alte Fragen ungeklärt und auch der gesunkene Gruselfaktor hat mich schließlich nicht komplett überzeugen können. Dennoch ist The Evil Within 2 mit seiner fesselnden Story und dem angenehmen Spielfluss ein würdiger Nachfolger. Eine Ploterweiterung in Form eines DLCs würden jedoch nicht schaden – Andeutungen und Möglichkeiten gibt es genug.
Bildquelle(n): Bethesda
Infobox
- Titel: The Evil Within 2
- Entwickler: Tango Gameworks
- Publisher: Bethesda Softworks
- Release: 13.10.2017
- Plattform: PS4, Xbox One, PC
- USK: 18
- Genre: Horror, Thriller
- Sprache: Deutsch, Englisch, etc.
- Multiplayer: Nein