Die Kinostarts dieser Woche enthüllen eine ungeahnte Gemeinsamkeit von Piraten und Internatsschülerinnen. Es ist der Publikumserfolg, der dafür sorgt, dass Captain Jack Sparrow ein fünftes und die Zwillingsschwestern Hanni und Nanni ein viertes Leinwandabenteuer bekommen.
In „Pirates of the Caribbean: Salazars Rache“ (siehe auch den separaten Beitrag zum Gewinnspiel) spielt natürlich wieder Johnny Depp die Hauptrolle. Aber in „Hanni & Nanni – Mehr als beste Freunde“ sind neue Hauptdarstellerinnen an Bord, weil den bisherigen die Kinderschuhe längst nicht mehr passen. So nutzten die Produzenten die Gelegenheit, die Fortsetzung in ein Reboot zu verwandeln und die Mädchen wieder auf die Startposition zu stellen. Nun kommen sie also neu ins Internat Lindenhof und alles beginnt irgendwie von vorne und ist doch auch ein wenig anders. So gibt es bei den Lehrern unbekannte Gesichter und neue Rollen, nur Katharina Thalbach ist ihrer Madame Bertoux treu geblieben.
Regisseur Terrence Malick bietet mit „Song to Song“ eine weitere Kostprobe seines poetisch-verträumten, bildgewaltigen Inszenierungsstils. Das Drama „Churchill“ porträtiert den britischen Premierminister als alten, dickköpfigen Mann, der 1944 kurz vor dem D-Day die militärische Strategie umschmeißen will. In „Rosemari“ geht es um eine Jugendliche, die ihre leiblichen Eltern sucht. Dramatisch, jedoch nicht ohne heitere Noten, geht es auch in „Die Reste meines Lebens“ zu. Dort muss sich der Hauptcharakter nach Schicksalsschlägen sein Leben neu aufbauen. Trockener Humor wiederum ist die Spezialität der Liebeskomödie „Der Effekt des Wassers“. Das Paar, das im Zentrum des Entführungsthrillers „Berlin Syndrom“ steht, bewegt sich hingegen gerade nicht auf der heiteren Seite des Lebens.
Der Effekt des Wassers
Regie: Sólveig Anspach, Verleih: Arsenal Filmverleih
Der Kranfahrer Samir (Samir Guesmi) kann zwar gut schwimmen, belegt aber trotzdem einen Anfängerkurs im Schwimmbad von Montreuil, einer Gemeinde im Großraum von Paris. Der Grund ist die Schwimmlehrerin Agathe (Florence Loiret Caille), in die er sich verliebt hat. Doch als Agathe entdeckt, dass Samir sie angeschwindelt hat, zeigt sie ihm die kalte Schulter. Sie entschwindet nach Reykjavik, wo sie am internationalen Bademeisterkongress teilnehmen soll. Samir aber kann nicht anders, er muss ihr folgen und sich beim Kongress als israelischer Delegierter ausgeben.
Der letzte Film der verstorbenen Regisseurin Sólveig Anspach ist eine ganz bezaubernde Romanze mit einer deutlich individuellen Handschrift. Solche Geschichten, die dem nüchternen Alltag mit schräger, naiver Verwegenheit zu Leibe rücken, gibt es im Kino leider nur selten zu sehen. Anspach verankert ihre Charaktere einerseits stark im Realismus, lässt aber andererseits erkennen, dass sie dringend einer Horizonterweiterung bedürfen. Mit skurrilen Wendungen und Verwicklungen wird diese Geschichte einer holprigen Annäherung zum lohnenden Kinovergnügen.
Berlin Syndrom
Regie: Cate Shortland, Verleih: MFA/Filmagentinnen
Die junge australische Rucksacktouristin Clare (Teresa Palmer) lernt in Berlin den Englischlehrer Andi (Max Riemelt) kennen. Sie verbringen eine Nacht zusammen in seiner Wohnung, die in einem leerstehenden Gebäude liegt. Am nächsten Tag findet sie keinen Schlüssel, um die verschlossene Tür zu öffnen und muss warten, bis Andi von der Arbeit zurückkehrt. Zuerst glaubt sie noch an einen Irrtum seinerseits, doch dann erkennt sie, dass Andi sie nicht mehr gehen lassen will.
Das Ungewöhnliche an diesem Entführungsthriller ist, dass er reißerische Töne komplett meidet. Im Mittelpunkt steht die Beziehung von Clare und Andi, die zumindest aus ihrer Sicht zärtlich beginnt. Diese Beziehung bleibt bestehen, auch während die von Teresa Palmer sehr gut gespielte Clare um ihr Leben fürchtet. Andi ist ein verschlossener Charakter. Er scheint ein Trauma mit sich herumzuschleppen, das wiederum mit der Geschichte der geteilten Stadt zu tun hat. Clare sortiert Indizien mit ihrem fotografisch geschulten Blick. Obwohl es durchaus blutig wird, vertraut dieser interessante Film die meiste Zeit eher auf die Suspensewirkung des wortkargen Dramas.
Bianka Piringer
Bildrechte: Arsenal Filmverleih, MFA