Wir alle kennen das. Man kauft sich eine neue Konsole, erwartet einen Haufen Spiele und dann, während man durch die Regale des Händlers seines Vertrauens stöbert, sieht man ein Wort wieder und wieder: „Remastered“. Gerade die aktuelle Gen wird von diesen Titeln mehr und mehr belagert. Manch einer mag dies für eine Methode halten, an schnelles Geld zu kommen, andere sind eher der Ansicht, sie könnten so Perlen der vorherigen Generation endlich nachholen. Im Falle der von Bluepoint Games portierten NATHAN DRAKE COLLECTION, die alle 3 bisher erschienenen Abenteuer des namensgebenden Helden beinhaltet, bin ich eher zweiterer Meinung. Denn ich kam nie dazu, die PS3-Originale ausführlich zu spielen. Bedenken wir zusätzlich, dass „Uncharted 4“ in den Startlöchern steht, ist dieser Schritt nur logisch und keineswegs verwerflich.
Was ist neu?
Besitzer der Originalspiele werden sich natürlich fragen, was denn für sie drin ist. Nun, zuallererst einmal keinerlei Multiplayer. Was mich persönlich kein Stück stört, da ich nie ein Freund davon war und vermutlich auch nicht werde. Wer sich aber auf Schlachten gegen Spieler aus aller Welt freut, sollte sich im Klaren sein, dass es sich bei der Collection um eine reine Soloerfahrung handelt, wenn man von den Bestenlisten mal absieht. Die Multiplayer-Modi aus „Uncharted 2“ und „Uncharted 3“ haben es nicht auf die PS4 geschafft. Dafür hat man ein gutes Stück an Grafik und Performance gewerkelt. Alle 3 Spiele laufen Sauber mit 60 Bildern pro Sekunde und nativer 1080p-Auflösung. Zudem wurden besonders die Licht- und Schatteneffekte noch mal ordentlich aufgehübscht. Ein gravierender Unterschied lässt sich ohne Direktvergleich aber nicht wirklich ausmachen, so bleibt für Veteranen am Ende wirklich nur die verbesserte Leistung und natürlich mehr Trophäen zum sammeln übrig. Ob sich das lohnt, müsst ihr letzten Endes dann doch selbst entscheiden.
Drei abenteuerliche Geschichten in Einem
Wie bereits erwähnt, besteht die Collection aus „Drakes Schicksal“, „Among Thieves“ und „Drake’s Deception“. 3 Spiele, mit denen ihr je nach Können und Schwierigkeitsgrad 30-40 Stunden verbringen werdet. In jedem der Titel jagt Schatzsucher und Tunichtgut Nathan Drake einen verlorenen Schatz und hat dabei mit reichlich Gegenwehr, Rätseln und teilweise schon leicht absurden Szenarios zu tun. Ganz im Stile klassischer Abenteuerfilme, mitsamt jedem möglichen Klischee von A-Z. Jeder, der schon einmal einen Film aus der Richtung gesehen hat, wird in der Lage sein, so manchen Twist zu durchschauen. Ob dies nun als eine clevere Hommage zu verstehen ist oder nicht, ist Geschmackssache. Die sehr gute Deutsche Synchronisierung unterstreicht das Geschehen enorm, Nathan und seine Freunde sind allesamt glaubhaft in Szene gesetzt und haben viel Charme.
Gewohnte moderne Action-Adventure Kost
Spielerisch gibt es hier nichts neues oder herausragendes, aber auch nichts schlechtes. Sagen wir einfach, Uncharted bleibt auf der sicheren Seite. Ihr erkundet meist lineare Abschnitte, in denen ihr ein paar Schätze für die obligatorische Sammlung und Munition finden könnt. Früher oder später stolpert ihr dann in ein offenes Areal mit viel hüfthoher Deckung, um euch mit einigen Wellen der zahlreichen Gegner zu messen. Diese bestehen meist aus bewaffneten Menschen, seien es nun Soldaten, Handlanger oder ein paar Verrückte, aber auch das ein- oder andere übernatürliche Element findet in der Trilogie ihren Platz. Per Tastendruck schlüpft Nate hinter die nächste Deckung, hinter der ihr hervorschauen und eure Kontrahenten mit einer der vielen Waffen aufs Korn nehmen dürft. Medipacks gibt es keine, Nathans Wunden heilen im Stile des Modernen Actionspiels von selbst, wenn ihr ein paar Sekunden lang keine Treffer einsteckt. Je nach Gegnertyp sind unterschiedliche Strategien nötig, um sie loszuwerden. Einen Handlanger mit einer Schrotflinte sollte man nicht unbedingt im Nahkampf angehen und die Kumpanen mit Gefechtsschilden muss man erst einmal aus ihrer Deckung locken. KI-technisch werden hier keine Meilensteine erreicht, meistens schauen Gegner immer aus der gleichen Ecke der Deckung heraus, man braucht nur mit dem Fadenkreuz dort zu warten. Schon fast komödiantisch sind dann die, die sich mit ihren eigenen Granaten erledigen, was auch nicht gerade selten vorkam. Höhepunkte der Intelligenz sind allerdings die wenigen, die euch von der Seite flankieren, während ihr damit beschäftigt seid, alles, was sich vor euch befindet, niederzumähen. Die fallen gelassenen Waffen der Gegner könnt ihr euch zu eigen machen und natürlich gegen sie verwenden, allerdings geht Uncharted hier den „realistischen“ Weg, mehr als eine Haupt- und eine Nebenwaffe auf einmal sind nicht drin. Das stört aber nicht, immerhin liegen genug davon herum.
Macken im Detail
Oftmals gilt es auch, Hindernisse kletternd zu überwinden. Größtenteils funktioniert die Kraxelei super, Nathan bewegt sich butterweich an steilen Klippen und Kanten entlang und in den meisten Fällen findet man so relativ schnell sein Ziel. Manchmal jedoch stellt sich die Kollisionsabfrage als ein wenig hakelig heraus. Unser Held verlangt nach einem Sprung, obwohl seine Hand die nächste Kante bereits berührt oder springt trotz korrekter Richtungsangabe in die Falsche Richtung und damit seinen Tod. An manchen Stellen ist der Weg durch das Areal auch nicht immer offensichtlich. Was zuerst als Ermunterung zum selbst erkunden erscheint, endet schnell in ein paar Bildschirmtoden. Oftmals versucht man herauszufinden, welche Ecken und Kanten Nathan denn jetzt nun greifen kann, vergebens. Auch im Kampf kann so manche Fehlinterpretation dazu führen, dass Nate sich an die falsche Deckung hängt oder anstatt zu rollen und so den Schüssen der Kontrahenten zu entgehen einen nahegelegenen Gegner greift. Wirklich frustig wird es aber nur selten bis gar nicht. Neben erkunden, klettern und haufenweise böse Jungs umnieten habt ihr es auch hier und da mit einigen Rätseln zu tun. Uncharted erfordert hier selten wirkliches Denkvermögen, die meisten Aufgaben löst ihr mit einer von zwei gängigen Methoden: Entweder ihr geht nach dem Ausschlussverfahren vor oder ihr werft einen Blick in Nates kleines Tagebuch, welches euch die Lösung verrät. Nur in wenigen Fällen wird tatsächlich etwas Hirnschmalz gefordert, dafür sind die antiken Mechanismen aber hübsch in Szene gesetzt.
Wenn das nun alles so klingt, als sei Uncharted im Kern ein eher durchschnittliches Spiel, dann habt ihr recht, allerdings gibt es da noch die allumfassende, bombastische Präsentation. Die Schauplätze sind abwechslungs- und detailreich und eine unmögliche Szene jagt die nächste. Im Ewigen Eis einen von der Klippe herabhängenden Zug emporklettern, der unter einem zusammenbricht? Klar. Aus einem sinkenden Luxuskreuzfahrtschiff entkommen? Logo. Aus einem Flugzeug springen und den Sturz überleben? Kleinigkeit. Spielerisch mag die Collection vielleicht nicht unbedingt Bäume ausreißen, Unterhaltungswert hat das Gesamtbild dieses Werkes aber allemal, und das nicht zu wenig. Nicht zu vergessen, dass vor allem der zweite und dritte Teil mit den sogenannten „scripted events“ maßgeblich die heutige Spielewelt beeinflusst haben. Wenn ihr bereits die PS3-Versionen gespielt habt, überlegt euch, ob ihr euch noch einmal ins Abenteuer stürzen möchtet. Diejenigen, die „Uncharted“ noch gar nicht gespielt haben, sollten auf jeden Fall einen Blick riskieren.
Stefan Scholz
Bildquelle(n): ©2015 Sony Computer Entertainment Europe